Aus dem Kochstudio: Griechischer Wein.

Jeder Weinkenner sieht die Qualität vor allem durch das Maß bestimmt, wieviele Sonnentage die Reben in ihrer Lebensdauer aufzunehmen vermochten. Die ungeschriebene Regel „Du stirbst nur einmal“ scheint aber nicht immer Anwendung zu finden.

Manchmal werden die Trauben nach ihrem biologischen Tod auf wundersame Art und Weise, durch labortechnische Kniffe und Beachtung chemikalischer Vorgänge, wiederbelebt und bei Auslese-Produkten mitunter sogar natürliche Prozesse, wie der Vorgang der Fäulnis, miteinbezogen.

Für Kenner lebt und „atmet“ der für Griechenland typische schwere Wein in edlen Gefäßen ohnehin ein zweites Mal weiter und wird als Stück lebendiger Kultur vom genusssüchtigen Menschen unabhängig von evtl. vorhandenem Fachwissen und manchmal nur zu dem Zweck, das Gewissen zu betäuben, verinnerlicht und lebt in ihm erneut wankend weiter – oft unter den nüchternen Rahmenbedingungen, die seine finanziellen, beruflichen oder familiären Verhältnisse vorgeben, wobei sein Durst immer das letzte Wort behält:

eine Art Rückmetamorphose vom strahlenden Schein zum armen Schwein – in letzter Konsequenz. In Griechenland sind allerdings keine Probleme mit Alkoholismus bekannt.

So stellt man sich den klassischen Griechen vor:

Tierisch behaart, selbstherrlich, aber weltoffen. Das Geheimnis Roussos hoher Stimme ist bisher genauso wenig wie sein Tischtuch gelüftet worden – man vermutet griechische Krabben – eine verzwickte Frage…

Der klassische Grieche kann nämlich auch ohne Spaß Alkohol haben, treibt sich mit abgetragenen Klamotten an Busparkplätzen herum, um schanghaiten Urlaubern überteuerte Wohnungen zu vermieten, um schließlich das noch nicht verdiente Geld gleich wieder am Tresen der Taverna gegenrechnen zu lassen. Im Zweifel wird diskutiert und so lange getrunken, bis man den Grund der Auseinandersetzung vergessen hat.

Er kennt kein Übergewicht, keine Eheprobleme und keine Leberzirrhose; vielleicht auch nur, weil die Lebenserwartung gar nicht dazu ausreicht, um daran zu leiden geschweige denn sterben zu können.

Die Palette der edlen Weinsorten ist in diesem sonnenverwöhnten Land riesengroß. Man kennt das schon vom Griechen „um die Ecke“, der allein auf der Abdeckplatte seines Kühlschranks offene Weine in großer Vielfalt von 1,50 € je Glas bis zu 2,50 € je Flasche feilbietet.

Feta passt gut zu Wein.

Schon vor 2500 Jahren war es in Griechenland neben dem Anbau von Oliven die lohnenswerteste Investition, sich irgendwo ein Grundstück zu kaufen, Wein anzubauen und einfach zu warten.

Dabei wird in dem Zuschauer halbdokumentarischer Streifen das Bild griechischer Weinproduktion generiert, dass angelernte Knaben, einander die Hände haltend, im Dunst aufsteigenden Alkohols in düsteren Kellern die Reben mit ihren nackten Füßen zertreten, um Most herzustellen. Im Zuge einer von Romantik verklärten Vorstellungskraft geht man natürlich allzu gern davon aus, dass sich bis heute daran nichts geändert hat.

Doch die Wirklichkeit sieht bei den griechischen Weinbauern im EU-Wettbewerb ganz anders aus: die Knaben kennen ihre Rechte mittlerweile sehr genau und pochen auf die von der Union vorgegebenen Mindestlöhne, Arbeitszeiten und ergonomische Vorgaben, wie auch die Einhaltung von Unfallverhütungsvorschriften. Oft ist dies alles nicht mehr durch eine nach wie vor leidenschaftlich betriebene Familienproduktion wirtschaftlich abzufedern.

Daher wird hier oft um die nackte Existenz gekämpft und vielleicht nur das Prädikat „Südhang Akropolishügel“, „Athener Mädchentraube“ oder „Attische Spätlese“ vermögen durch den Markencharakter im Export noch das nötige Scherflein Gewinn einzubringen. Die Hoffnung bleibt. So kann man die Knaben vielleicht auch noch in den nächsten Jahren in den Berg schicken, um sie danach mit bestem Gewissen richtig zu entlohnen.

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