Ein Urlaubsbericht von Kreta

Von Maria aus Trier

Hallo Jörg, ich war ja letzte Woche noch auf Kreta. Da gings noch so mit der Stimmung. Obwohl man merkt, dass die Menschen ganz schön hektisch und nervös sind. Kein Wunder. Aber wie empfindest Du denn nun die Stimmung, nach dem Wahldebakel?

Ich weiß, wie die Stimmung dort ist. Als wir von Mitte bis Ende April da waren, haben wir es gesehen. Mir tut das sehr leid. Aber die Medien leisten das. Diese Falschmeldungen und gegenseitigen Beschuldigungen, Halbwahrheiten und auch Lügen, die verbreitet werden. Ich mußte mir von Kollegen anhören: Was? Nach Griechenland fährst Du? Dann brauchste ja nix mehr zahlen, ist alles schon bezahlt. Ja, so doof sind sie hier in D. Kein Wunder, es wird ja nix richtig dargestellt. Oder die Hälfte weg gelassen. Und die meisten lesen nun mal Bild und setzen ihr eigenes Hirn nicht ein, um sich mal richtig zu informieren, ist ja auch so anstrengend und könnte unangenehm werden. Lieber nen Bier noch kippen und die Scheiße weiter labern. Sorry, aber da platzt mir die Hutschnur

Ich habe so viele liebe Leute in Maza, bei Georgioupolis kennen gelernt.
Alte, Junge. Alle haben irgendwie mit uns gesprochen. Einer, 45 Jahre alt, leicht gehbehindert, hat 25 Jahre bei Anekline gearbeitet. Nun hat man ihn gekündigt und das Geld, was er die ganzen Jahre auf sein Sparbuch gemacht hat, wurde ihm zur Hälfte vom Staat weg genommen.

Eine junge Mutter, 3 Kinder erzählte mir, dass sie so arm sind wie damals nach dem Krieg. Nur gibts jetzt keine Hoffnung. Diese Frau war sehr verzweifelt. Mir standen die Tränen in den Augen. Ich konnte nichts mehr sagen. Auch sie hat ein behindertes Kind, autistisch.

Weißt Du, es ist eine zwiespältige Gefühlswelt in einem: einerseits will man hin, damit man ein bißchen zeigen kann, wir stehen zu Euch, andererseits schämt man sich, wenn einem die Menschen solche Dinge erzählen.
Es war ein seltsamer Aufenthalt dieses Mal dort.

7 Kommentare

  1. Hallo Ihr Lieben
    wir werden natürlich einen Bericht bringen wenn wir zurück sind. Wir haben gehört, daß Bauern gerne ein Grundstück verkaufen würden, damit sie eine Photovoltaik Anlage bauen können um von den hohen Stromkosten loszukommen.
    Wir waren im November 3 Wochen in Roussospiti, bei einer total netten Familie. Zwei Söhne hatten eine Baufirma und damals schon seit 8 Monaten keine Aufträge, so lebt die ganze Familie von der Vermietung. Die Eltern haben eine Landwirtschaft. Die haben uns mit Wein, Raki, Gemüse, Eier und sogar selbst gebackenen Kuchen versorgt. Als wir dann vor unserer Abreise ein wenig Trinkgeld geben wollten, wollten sie kein Geld nehmen, bis wir gesagt haben, daß ist ja nur ein bißchen Trinkgeld für die Reinigung. Von unserem Freund Marco haben wir 60 l Olivenöl gekauft und von einem Bekannten bringen lassen, der etwas nach Deutschland transportieren mußte. Mein Mann hat Bousoukiunterricht genommen. So haben wir die Leute auf Kreta ein bißchen unterstützt so gut es eben geht. Wir buchen jetzt immer privat bei Griechen, so kommt das ganze Geld hin wo es dringend benötigt wird. Flüge buchen wir schon ein halbes Jahr im Voraus günstig bei Aegean.
    Diesmal sind wir in der Nähe von Adele, näher am Meer, ich denke auch hier wird es nett.
    Jetzt hoffen wir, daß es bald eine vernünftige Regierung gibt und nicht nochmal gewählt werden muß, und wieder eine Menge Geld für den Wahlkampf verschleudert wird. Die Parteien sollten diese Geld lieber der Bevölkerung zukommen lassen. Ich frage mich, wenn die Politiker der Großparteien beim Wahlkampf in die Bevölkerung rausgehen, stehen denen nicht die Tränen in den Augen, wenn sie sehen was sie aus Ihrem Land gemacht haben?
    Liebe Grüße an alle
    Maria

  2. Haben gerade 3 Wochen Kefalonia und Ithaka gebucht ( privat ) und freuen uns darauf , wenigstens als Touristen mit starker Affinität zu Griechenland und der Lebensfreude seit über 20 Jahren durch unser „Jetzt erst recht “ oder „Trotzdem“ wenigstens etwas für die Leute zu tun . Es schmerzt , wenn man sieht , was dort geschah / geschiet ….
    Daß wir unter Kollegen mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben , wie sie oben bereits beschrieben wurden , könnt Ihr Euch denken , ab und zu platzt mir da auch schon mal der Kragen und ich werfe mal ein paar Zahlen in den Raum . Dann ist erstmal Ruhe bei den Blind-Blatt-Lesern …..
    Gruß
    Jürgen

  3. Hallo, auch Maria,

    ja, gerne kannst Du meinen Text(e) dem ORF weiter reichen. Kein Problem. 🙂

    Fahrt hin, denn sie sind weiterhin lieb, freundlich und genauso gastfreundlich wie man das von den Griechen kennt. Natürlich wird man mal aufgezogen, z. B.: Na, ella Maria, pou is Frau Merkel? Heißt, wo ist Frau Merkel. Dann sagt man einen witzigen Satz, u. alle lachen. Ich sagte zum Beispiel: Keine Ahnung, sie kann nicht kommen, sie hat kein Geld.
    Wenn man ein bißchen griechisch versteht, gehts meistens um blirosso, usw. um zahlen, um Pasok, usw. Natürlich gibts auch welche, die Dich nicht grüßen, wenn sie wissen dass Du Deutscher bist. Das war aber schon immer so, nicht erst seit der Krise.
    Fahrt hin, Ihr werdet es nicht bereuen. Wir waren im Nov. auch einen ganzen Monat da, u. jetzt im April auch wieder 16 Tage. Wir haben u. werden es nicht bereuen.
    Von dort kommt unsere westliche Demokrati, u. viel Kultur, Wissen, Geschichte usw. Und ich werde zu Griechenland immer stehen. Griechenland ist Mythos, ist wunderschön, ist geheimnisvoll und auch paradiesisch. Natürlich hats, wie alles, auch seine Schattenseiten, die mit alten Traditionen, und so, zu tun haben, die uns als Ausländer aber nicht tangieren. Denn es hat mit uns nichts zu tun.
    Ich hoffe nur, dass durch die momentane politische Situation, nicht doch das Land zahlungsunfähig wird. Denn dann gehts aber mit rasenden Schritten bergab.
    Dann kommt man noch nicht einmal mehr dorthin. Denn dann gibts keinen Strom, weil kein Öl mehr geliefert wird (wird ja schon seit einigen Monaten kein Öl mehr vom Iran geliefert) Ab Juni will die europäische Union auch 50% weniger Öl vom Iran importieren (Sanktionen, wg. dem angeblichen Atombombenbau). Das werden die Griechen auch wieder zu spüren bekommen.
    Der Strom wird hauptsächlich von Öl-Heizkraftwerken produziert.
    Fahrt hin, hört zu, kommt so oft wie möglich mit Griechen zusammen, geht in Tavernen, esst Fisch, trinkt mit den Griechen, feiert. Das können sie gott sei Dank immer noch. Denn sie können es, den Moment genießen, u. was morgen ist, das sieht man eben morgen. Denn sie haben die Gabe, auch mal zu vergessen, u. morgen, sieht man weiter, „sa sume“, das heißt schaun wir mal:)
    Sprecht mit den Griechen, hört Euch ihre Situation an, gebt es in die Öffentlichkeit, damit die Lügenmärchen über Griechenland und ihre Einwohner aufhören.
    Denn nicht die Menschen haben dieses Chaos angerichtet, sondern die Staatsoberhäupter und die korrupten Banken, die ihr Maul aufreißen, wie Haifische, die kein Konzept haben u. 200 Milliarden außer Landes gebracht haben, Geld, dass dem Land heute fehlt. 370 Milliarden € fehlen dem Land, u. wären diese 200 noch da, dann könnte man über den kleinen Betrag von 170 Milliarden lächeln.
    Na, hoffentlich kommt es zu Neuwahlen, denn dann kommen die, die dieses Mal aus Wut und Resignation nicht zur Wahl gegangen sind, auch noch aus ihren Ecken, u. wählen.
    Aber ich habe nicht so die Übersicht, welche Partei nun gut wäre für Griechenland. Pasok, u. die Neo Demokratia haben sich ja mit ihren Onkels, Neffen u. Cousins abgewechselt, erscheint mir aussichtslos, wenn von denen schon wieder einer an die Macht käme. Dann ändert sich überhaupt nix, u. Griechneland dümpelt so vor sich hin.
    Links hört sich erst mal gut an, aber ich kanns wirklich nicht sagen. Soviel Ahnung habe ich nicht, bzw. habe ich mich nie damit beschäftigt, bis auf die letzten MOnate.
    Natürlich werden hier in den Medien die Linken als „radikal“ betitelt. Aber ich befürchte, dass das schon wieder ne Beeinflussung ist. Was heißt das „radikal“ links? Ich bin links, od. nicht. Es gibt ja auch nicht ein bißchen schwanger.

    So, ich erhoffe ausführlichen Bericht von Euch, genießt es, haltet die Augen offen, um die Stimmungen einzufangen, u. erzählt später:)
    Schönen, interessanten Urlaub wünsche ich. Das ist BIldungsurlaub im Moment:)

    Liebe Grüße, Maria

  4. Kalispera,

    ich war auch letzte Woche auf Kreta, wo ich auch mitlerweile viele Freunde habe und kann das oben gesagte nur bestätigen. Ich bin mit mehr Sorgen nach Hause gekommen als ich vorher hatte und fühle mich einfach nur total hilflos. Das einzige, was ich machen kan, ist mit den oben genannten „Bildzeitungslesern“ reden und versuchen, Verständnis auf menschlicher Ebene zu schaffen. Besserwisser gibt es in Griechenland nämlich auch so schon genug.

    Liebe Grüße aus Hamburg
    Claudi

  5. Liebe Maria, lieber Jörg,
    dieser Reisebericht stimmt sehr nachdenklich und auch etwas traurig. ich habe auch einige Freunde in ganz Griechenland, mit denen ich öfter kommuniziere, die berichten mir ähnliches. Ich bin seit 25 Jahren immer auf meiner Lieblingsinsel Mykonos und selbst da habe ich schon letztes Jahr erste Veränderungen bei den Menschen, die dort immer leben bemerkt. Ich mache Urlaub dort, immer mindestens 3 Wochen im September, dieses Jahr 4 Wochen(1 Woche im Juni),aber nicht um Party zu machen, wie viele vielleicht denken. Ich besuche Freunde, bin öfters im ruhigen Norden dort und abends in netten Tavernen und Bars. Außerdem sitze ich gerne nachts bei meinem lieben Freund Manuel Roussos, einem sehr berühmten Bildhauer, der auf Mykonos lebt. Wir sitzen bei einem guten Glassl Wein unter den Sternen der Ägis und philosphieren über Gott und die Welt. Manuel berichtete mir, dass die Griechen als Käufer ausbleiben, weil sie nichts mehr auf Pump kaufen können. Er sagt, so traurig die Krise ist, sie macht ihn auch unglaublich wütend, so ist es doch auch eine Chance, die Dinge die falsch gelaufen sind, zu korrigieren und eine ehrlicheren Neuanfang zu starten. Doch die Krise trifft die Ärmsten der Armen. Ich besuche auch immer die Nachbarinseln. Letztes Jahr war ich auf der schönen Nachbarinsel Tinos. Dort habe ich die Armut schon stärker miterlebt und dies wird sich nun noch verschlimmert haben. Auch ich kenne hier diese blöden Sprüche über Griechenland, die mich sehr wütend machen, doch ich werde nicht müde, mit Fakten und Erlebnisberichten aufzuklären und dagegen Position zu beziehen. Ich liebe Griechenland und werde es immer verteidigen, obwohl ich auch weiß, dass auch dort viele Fehler gemacht wurden. Doch wer ist schon frei von Fehlern? Deshalb rufe ich alle Menschen zu, die auch schon in der Vergangenheit ihren Urlaub in Greece gemacht haben: Macht Euren Urlaub in Greece (kein Flaterate-Hollidays), denn das Land ist wunderschön und die Menschen dort, die Euch immer den Urlaub verschönert haben und auch zu Freunden geworden sind, sind immer noch die selben, sie haben sich nicht geändert, es sind deren Bedingungen die sich geändert haben. Gerade jetzt haben sie unsere Solidarität und aufrichtige Freundschaft verdient. ihr belohnt Euch selbst damit. Ich gehe mit gutem Beispiel voran und wenn ich könnte, würde ich am liebsten für immer dort bleiben, egal ob Mykonos, Peleponnes, Naxos, Kreta…..Ich wünsche Euch einen wunderbaren Urlaub und meinen griechischen Freunden die Kraft, dies alles möglichst unbeschadet an Leib und Seele zu überstehen. Herzlichst Euer (DJ) Tom de Belfore

  6. Hallo Maria

    Kannst gerne machen. Wir wünschen schöne Ferien und freuen uns, Euch bald mal wieder zu sehen.

    Welcome home on Crete

  7. Hallo Maria
    darf ich Deinen Bericht auf die ORF (österreichischer Rundfunk)Seite stellen, den bei uns geht natürlich wieder alles gegen die faulen Griechen. Es ist so schrecklich. Hier gibts eine Debatte, „wird das Chaos in Griechenland noch schlimmer“.
    Wir kommen jetzt für fast 4 Wochen nach Kreta und auch iwir werden gefragt wie man den in Griechenland Urlaub machen kann. Das sind dann meist sehr ausführliche Diskusionen.
    Liebe Grüße aus Österreich
    Maria

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