Paleochora: Wie das Dorf zu seinem Namen kam.

Gute Quelle: Das Buch „Paleochora (Ein Rückblick in die Vergangenheit)“, von Nikolaos Pyrovolakis.

Seit der venezianischen Epoche hieß das Gebiet des heutigen Paleochoras „Selino Kastelli“ – und zwar aufgrund des venezianischen Kastells, das sich oberhalb des heutigen Hafens befindet. Die Bezeichnung dieses Kastells gab dem ganzen Bezirk, der zuvor „Orima“ (= „in den Bergen liegend“) hieß, den Namen Selino.

PB Buch
Ein schönes Buch. Gibt es nur in Paleochora.

1834 besichtigte der englische Reisende Robert Pashley* die venezianische Festung und berichtete, dass er um diese herum nur auf Ruinen gestoßen und der Ort vollkommen unbewohnt gewesen sei. Es gab nur ein Gebäude (Lager), in dem man Getreide aufbewahrte, das hauptsächlich aus Chania kam. Dieses Getreide diente der Versorgung der Bewohner von Selino und Sfakia. Während seines Besuches im heutigen Paleochora 1834 weist er auf die Überreste einer alten Stadt hin und wird wörtlich wie folgt zitiert: „Nachdem wir um Viertel nach Neun von Selino Kastelli weggegangen waren, überquerten wir den Fluss, der eine halbe Meile östlich liegt. Der Boden rundum ist von Tonscherben bedeckt. Das einzige Material, das auf die Existenz einer antiken Stadt hindeutet.“

Es gibt auch verschiedene Hinweise darauf, dass alte Bewohner Paleochoras an dieser Stelle beim Pflügen auf verschiedene Münzen gestoßen sind. Der Reisende Paul Faure* geht ganz klar davon aus, dass die Ortschaft wahrscheinlich auf den Trümmern der antiken Stadt „Kalamidi“ erbaut worden ist.  Da also Paleochora in der Nähe einer antiken, zerfallenen Stadt wiedererbaut wurde, wurde ihm dieser Ortsname gegeben. Es stellt sich jetzt die Frage, welche von den 40 Städten, die Plinius niedergeschrieben hat, es ist.

Über dieses Thema gibt es verschiedene Auslegungen:

1.) In den „Stationen“, dem Buch eines unbekannten Kretareisenden wird versichert, dass di antike Stadt Kalamidi westlich von Lissos und 30 Stadioen (1 Stadion = 185,2 m) entfernt von der Vorderansicht von „Krio (Felsenzunge am Ende des heutigen Koundouras) und der Flussmündung des Flusses Strato, dem heutigen Fluss von Vlithias, entfernt lag. 

Pashley wird deutlicher und schreibt wörtlich: „Wenn wir also davon ausgehen, dass hier eine antike Stelle ist, dann könnten wir annehmen, dass Kalamidi diese Fläche einnahm“.

2.) Die Scherben der Tongefäße, die Münzen und ganz allgemein alle Funde, die nordöstlich des heutigen Paleochoras in einer Entfernung von etwa 500m gemacht wurden, könnten auch zu den Überbleibseln einer venezianischen „Borgo“ gehört haben (= eine kleine Stadt des Dorfes), der außerhalb der Burgmauern lag. 

Wenn man die lokale Geschichte studiert, erweist es sich, dass die genaue Lage der antiken Stadt Kalamidi Zweifel offen lässt. Von manchen wird sie nördlich des Dorfes Agia Trianda, in „Furnika“ geglaubt, wo man in Felsen gehauene Gräber und, etwa 300 Schritte davon entfernt, alte Mauern sichergestellt hat.  Wenn man jedoch das umliegende Gebiet im Details betrachtet, stellt man fest, dass die Bodenbeschaffenheit, das zum Anbau zu kleine und zu unfruchtbare Gebiet und der Wassermangel nicht gerade für die Existenz einer blühenden Stadt sprechen.

Ein betagter Einwohner dieser Umgebung behauptet, dass hier schon seit jeher Wasserarmut herrschte und er beim Pflügen auf die Überreste eines sehr alten Wasserleitungssystems gestoßen sei, das viel weiter unterhalb lag. 

Das zeigt uns, dass die damaligen Menschen versucht haben, Wasser in´s Dorf zu leiten, in dem die Überreste der Stadt stehen. Im Gegensatz dazu gilt die Meinung von Historikern und fremden Reisenden wie Faure Paul und Pashley, als vorherrschend, dass sich die Stadt Kalamidi in der Nähe des Meeres befand und, wie zuvor erwähnt, nordöstlich von Paleochora und in der Nähe einer flachen Flusslandschaft lag.

Genau wie Sougia ein Hafen von Eliros war („Sougia, kleine Stadt Kretas, Hafen von Eliros“ – Stefanos Wysantios), so nimmt man an, dass die Stadt Kalamidi als Hafen des antiken Kandanos fungierte. All das bezeugt uns, dass die Stadt Selino Kastelli keine antike Stadt war. Vielmehr erhielt Paleochora erst viel später seinen Namen von denen, die sich später hier ansiedelten, weil sich ganz in der Nähe ein antiker Ort (palia chora – altes Land) befand.

Das Buch von Nikos gibt es nur in der Buchhandlung in Paleochora. Also nichts wie hin.

* Paul Faure (Archäologe)

Paul Faure (* 1916 in Paris; † 13. Juli 2007) war ein französischer Archäologe bzw. Altertumsforscher. Er war Professeur émérite de langues et civilisations helléniques an der Blaise-Pascal-Universität in Clermont-Ferrand sowie Ehrendoktor an der Universität Athen in Griechenland.

Er widmete sich jahrzehntelang Forschungen über Kreta, vor allem dessen minoischer Zeit. Veröffentlicht hat er auch zu griechischen Themen, sowie Biographien von Alexander dem Großen und dem Archäologen Heinrich Schliemann verfasst.

* Robert Pashley

(4. September 1805 – 29. Mai 1859) war ein englischer Reisender und ein Wirtschaftswissenschaftler des 19. Jahrhunderts.

Pashley wurde in York geboren und studierte am Trinity College in Cambridge. In Mathematik und Klassik ausgezeichnet, wurde er 1830 bei seiner ersten Sitzung zum Fellow of Trinity gewählt. 1832 machte er seinen MA-Abschluss und unternahm als Reisender eine Reise nach Italien, Griechenland, Kleinasien und Kreta, von der er seine zweibändigen Reisen auf Kreta veröffentlichte.

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