Deborah Jeromin erzählt die Geschichte der Fallschirmseide – von der NS-Seidenraupenzucht in Gartenvereinen über die Luftlandeschlacht auf Kreta bis hin zur dortigen Wiederverwendung der Fallschirme als Taschentücher und Kleider. Ende der 1930er Jahre wurde in einem Leipziger Kleingartenverein Maulbeeren angepflanzt, um Seidenraupen für die Produktion von Fallschirmen zu züchten, da Maulbeerblätter das einzige Futter der Seidenraupen sind.

Ein Interview mit Deborah.
Wenn du nur 5 Worte hast, um dich selbst zu beschreiben. Was würdest du sagen?
Kreativ, authentisch, eigensinnig, feinfühlig, durch und durch.
Wann, warum und wie hast du Kreta für dich/Euch entdeckt?
Ich war vor ca. 10 Jahren das erste Mal auf Kreta, um eine Freundin zu besuchen. Sie hat mir die Augen geöffnet bzw. mich so gut beherbergt und eingeführt, dass ich sehr beeindruckt war. Auf Kreta habe ich dann mehr über die Geschichte der deutschen Besatzung und die Luftlandeschlacht gelernt und meine sechsjährige Recherche über die Geschichte der Fallschirmseide hat ihren Lauf genommen.
Was schätzt du am Meisten am Urlaub hier?
Manchmal nehme ich mir ein paar Tage frei, um Ausflüge zu machen. Das schätze ich sehr: Innerhalb von kurzer Fahrtzeit kann man richtig raus – ans Meer, auf Wanderwege usw. Außerdem bin ich leidenschaftliche Schwimmerin, sodass ich versuche mehrmals in der Woche zu schwimmen. Diese Nähe zum Meer macht mich froh.
Was vermisst du am Meisten im Vergleich zum Leben in Deutschland/Österreich/der Schweiz oder anderswo (wenn überhaupt…)?
Ich würde gerne sagen, dass ich nichts vermisse und oft fühle ich mich auch so, aber ich muss sagen, dass ich oft genug verbindliche Absprachen vermisse.
Wie nimmst du als „Xenos“ – als Fremder und Gast – die Menschen hier wahr?
Alle sind unterschiedlich. Da erlaube ich mir kein Urteil. Was ich über die Dörfer in der Messara sagen kann, ist, dass ich den Eindruck habe, dass es Parallel-Gemeinschaften gibt, die wirklich aneinander vorbei leben. Einerseits ist da die große Anzahl von nordeuropäischen Senior*innen, die kein Griechisch sprechen und manchmal auch kein besonderes Interesse daran haben, was vor Ort passiert. Andererseits ist da die Landbevölkerung, die ganz andere Interessen verfolgt. Was fehlt sind junge Menschen ab 20. Die Preisentwicklung für Immobilien trägt dazu bei, dass lokale, jüngere Menschen sich nicht mehr leisten können vor Ort zu wohnen. Die „Xenoi“ haben langsam den Markt in der Hand. Ich finde die Menschen vor Ort sind trotzdem sehr zuvorkommend.
Womit sind deine Tage hier ausgefüllt, was treibt dich um?
Ich arbeite als selbstständige Künstlerin und mache meine Recherche und künstlerische Arbeit, wie überall. Natürlich muss ich diszipliniert sein und meinen Alltag gut organisieren, weil die Umgebung sehr zu ausgedehnten Spaziergängen und zu langem Schwimmen einlädt. Außerdem habe ich eine Gruppe kennengelernt, die sich nach und nach das traditionelle Weben und andere textile Handarbeiten aneignet. Dort darf ich mitlernen und die Gemeinschaftlichkeit der textilen Handarbeit erfahren.
Welches ist dein Lieblingsstrand und deine Lieblingstaverne hier in der Gegend – und warum?
Ich finde viele Orte richtig schön. Eine Lieblingstaverne habe ich noch nicht gefunden. Während der Pandemie war ich selten aus und in den letzten Monaten habe ich nichts besonders Leckeres gefunden. Ich freu mich, wenn ich auf dem Markt Mizithra kaufen kann und über das frische Frühlingsgemüse, wie dicke Bohnen und Artischocken.
Wovon möchtest du, dass es sich auf Kreta nie ändert?
Ich würde mir wünschen, dass die Hügel natürlich belassen werden und nicht mit Luxenvillen oder einfach großen Häusern bebaut werden. Mit anderen Worten ich würde mir wünschen, dass die Dorfstruktur erhalten bleibt und die Umgebung nicht zersiedelt wird, damit der Charakter der Landschaft erhalten bleibt.
Und was sollte sich hier unbedingt ändern?
Der Sexismus.
Was wünschst du dir für die Zukunft Griechenlands im Allgemeinen und für Kreta im Besonderen?
Ich wünsche mir ein Ende der Krise und ein Abbau von Bürokratie und Hierarchien. Ich wünsche mir aktiven Umweltschutz und strengere Gesetze dafür, die nicht mit Geld umgangen werden können.
Was hat dich zum Schreiben des Buches veranlasst?
Ich wollte meine Recherche auf beiden Sprachen zugänglich machen und war begeistert von dem vielfältigen Material, das ich nach und nach finden konnte. Ich hatte das Bedürfnis diese Kombination verschiedener Aspekte festzuhalten und etwas zur Geschichtsschreibung beizutragen.