Buchtipp: Middlesex – von Jeffrey Eugenidis

Kurzbeschreibung

In einem kleinasiatischen Bergdorf fängt alles an. Ein junger Mann und eine junge Frau, Bruder und Schwester, fliehen vor den Türken nach Smyrna und, als die Stadt brennt, nach Amerika. Es ist das Jahr 1922. Auf dem Schiff heiraten sie und lassen sich später in der Autostadt Detroit nieder. Niemand ahnt das Geheimnis dieses Paares, doch nach Jahrzehnten hat der Tabubruch der beiden ungeahnte Folgen.

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Wie machen die das bloß? Kaum hat man Die Korrekturen einigermaßen verdaut, legt mit Jeffrey Eugenides ein weiterer Amerikaner um einen Roman von epischer Wucht vor — und gewinnt völlig zu Recht den Pulitzer-Preis.

Ähnlich wie bei Franzen geht es um Familienbande, Generationenkonflikte, um amerikanische Träume und Albträume. Außerdem ist Middlesex ein Roman über ethnische Identität und kulturelle Prägungen, weil Callies „kriminell verknallte Großeltern“ vor Jahrzehnten aus dem damals griechischen Izmir in die USA geflüchtet sind. Desdemona und Lefty nutzen die Auswanderung, „um sich neu zu erfinden“. Das hat für Callie dramatische Konsequenzen, denn „was die Menschen vergessen, bewahren die Zellen“.

Zunächst jedoch deutet nichts darauf hin, dass es das Mädchen als „genetischer Kaspar Hauser“ zu leidvoller Berühmtheit bringen wird. Nachdem die Familie sich im Detroit der Nachkriegszeit schlecht und recht durchgeschlagen hat, gerät sie ausgerechnet durch den „Krieg in meiner Heimatstadt“ — die blutigen Rassenunruhen Ende der 1960er-Jahre — über Nacht auf die Sonnenseite.

Das ist einer der eleganteren Kurzschlüsse zwischen globaler Geschichte und persönlichen Geschichten, während das Türkei-Kapitel zuweilen zum historischen Bilderbogen verkommt. Und manch hübsche Ironie wird dadurch getrübt, dass man uns wie begriffsstutzige Schüler mit der Nase darauf stößt. Aber dank dieser kleinen Schnitzer ahnen wir die genialische Kraftanstrengung, mit der Eugenides seine Saga komponiert hat.

Alles in allem wirken die Odysseen vom bäuerlich-frommen Kleinasien ins hippie-hedonistische San Francisco, vom multikulturellen Handelsplatz Smyrna in die Industriemetropole Detroit wie Desdemonas Seidenfäden — von zarter Hand gesponnen, schwerelos, doch reißfest. Das Spiel mit geschichtsmächtigen Mythen erinnert an Salman Rushdies Mitternachtskinder, die verschlungene, detailfreudige Familienchronik (mit teils hanebüchenen Zufällen) liest sich — famos übersetzt — ebenso glatt wie die eines John Irving. Gebannt begleitet man die „zutiefst historische Großmutter“ auf ihren Abenteuern im modernen Amerika, verfolgt Callies Romanze („Sandkastensex“) mit einer Schulkameradin.

Das Buch stimuliert Herz und Hirn gleichermaßen: eine Zeitreise aus der mythischen Landschaft Homers in die schöne neue Welt der Genetik; eine anrührende Schilderung pubertärer Irrungen und Wirrungen; eine Studie über Menschen zwischen den Kulturen und eine zwischen den Geschlechtern. Sagenhaft!

Pressestimmen

  • Ein spannender, origineller und sehr witziger Roman. (Der Spiegel)
  • Eugenides ist ein Erzähler, der seine Leser schamlos in seinen Bann zu schlagen versteht. Und sein Buch ein Geschenk an die literarische Welt. (Frankfurter Allgemeine Zeitung)
  • Der nächste große Wurf der neuen US-Literatur. (Die Welt)
  • Ein wunderbares Buch, reich an Geschichte und Geschichten, an Liebe, Glück Leid, Trauer und Tiefsinn, an Witz und an Fabulier- und Erinnerungslust. (Bernhard Schlink)
  • Ein hinreißend reicher, kühner Roman – zu Recht ein großer Erfolg. (Salman Rushdie)
  • [Middlesex] ist ein unerhörter, wundervoller Roman. (Jonathan Franzen)