Maria erzählt…. „Neulich in Griechenland“.

So oder so ähnlich erging es vielen…..

Anfang der 80iger reiste ich das erste Mal nach Griechenland. Im Rucksack viel Neugier und die unsagbare Sucht nach Freiheit. Matala, Mykonos, Santorini schwirrten mir im Kopf umher. Ein genaues Ziel hatte ich eigentlich nicht, es sollte einfach nur eine griechische Insel sein irgendwo in der Ägäis. Blaues Meer, weiße Häuser, das ganze Klischeeprogramm. Tropfende Wasserhähne und lauwarmes Essen natürlich inbegriffen.

Vier Wochen ohne genaues Ziel, keine Pläne, keine Hotelzimmervorbestellungen. Bloß keine zeitlichen Fesseln, einfach nur leben. Meine erste Unterkunft befand sich im ersten Stock einer kleinen, familiär geführten Pension ohne Klimaanlage, die mir ins Auge fiel durch das kleine Schildchen „Wir sprechen etwas deutsch“.

Eleni, die etwas rundliche Besitzerin mit ihren schwarzen Locken und den dazugehörigen schwarzen Augen wie Kalamata-Oliven begrüßte mich herzlich, als würden wir uns schon seit Jahren kennen. Der Duft nach frischer Tomatensoße stieg mir in die Nase, als sie mich fragte: „Aus Deutschland?“ „Ja, aus Köln,“ gab ich zur Antwort.

Das erste Mal in Griechenland

„Wir waren fünf Jahre in Düsseldorf, schöne Stadt, sehr schöne Stadt. Wie lange möchtest du bleiben? Wie ist dein Name?“
„Michael….ich weiß es noch nicht.“ Sie lächelte mich an und zeigte mir mein Zimmer in der oberen Etage. Bett, Tisch, Stuhl,  kitschige Bilder an den Wänden vom Schwarzwald und Plastikblumen in einer Blumenvase mit antiken Motiven. Sie deutete auf den kleinen Kleiderschrank, in dem sich eine Wolldecke befand, falls mir nachts kalt werden würde. „Fühl dich wie zuhause, mein Junge. Bist du das erste Mal in Griechenland?“

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Das Ägäische Meer

„Danke, ja. Ich habe mein Abitur gemacht und wollte unbedingt auf eine griechische Insel. Meine Eltern haben mir die Reise spendiert.“ „Du hast großzügige Eltern, Michalis. Da vorne ist das Bad und rechts neben dem Bett ist der Balkon mit dem Blick zum Meer. Wenn du sonst etwas brauchst, bin ich unten. Mein Mann Vasili und meine Söhne Thoma und Janni helfen auch in der Pension.“

Die Ägäis

Eleni verließ das Zimmer und ich zog umgehend die Vorhänge zur Seite, um das Meer zu sehen. Das griechische Meer. Die Ägäis. Ein umwerfender Blick auf tiefblaues Meer, links und rechts mit kahlen Bergen umgeben. Ein kleiner Hafen mit noch kleineren Fischerbooten und griechische Klänge, die aus einer der Tavernen zu hören waren. Welch eine Idylle, welch eine Ruhe. Und dann diese freundliche ältere Dame, die mich aufnahm wie ihren dritten Sohn, der von einer langen Reise heimkehrte.

Der Blick ins Bad war das genaue Gegenteil. Eine Dusche wie aus den 70igern und ohne Vorhang. In der Mitte der Abfluss. Nach drei Tagen hatte ich mich daran gewöhnt, das ganze Bad beim Duschen unter Wasser zu setzen. Sich an das lauwarme Wasser zu gewöhnen, dauerte allerdings ein paar Tage länger. Unterbrochen von Tagen, an denen die Solaranlage irgendwie nicht funktionierte, und das Wasser eiskalt war. Egal.

Der Blick vom Balkon zum Meer war der Ausgleich. Nachdem ich etwas geschlafen hatte, wollte ich hinunter zum Ort und etwas essen. Ich hatte keine Vorstellung, was man in Griechenland neben Bauernsalat und Gyros mit Pommes auf der Speisekarte finden würde. Es war die Zeit, in der man als Tourist gar nicht nach Speisekarte bestellte, da man diese nicht lesen konnte oder das ausgewählte Gericht gab es an diesem Tag nicht.

Das griechische Essen

Also schlenderte man in die Küche, während der Koch die Deckel hob und suchte sich etwas aus. Auch wenn ich oft gar nicht wusste, was es für Speisen waren, so wählte ich meistens nach dem Duft. Der Bauernsalat mit seinem frischen Olivenöl, dessen Geruch ich bis heute in der Nase habe und dieser unsagbare Geschmack der frischen Tomaten und Gurken waren kein Vergleich zu unserem Greek Salat in Deutschland mit Treibhausgemüse aus Holland.

Dafür war der Gyros mit Pommes bei Stavros in Köln bedeutend besser. Denn hier gab es gar keinen Gyros, weit und breit nicht. In diesen vier Wochen lernte ich viele Einheimische kennen. Alle neugierig, alle wahnsinnig interessiert, wo ich denn überhaupt herkam. Von jedem kannte ich die Lebensgeschichte nach diesem Urlaub und natürlich haben die meisten selbst in Deutschland ein paar Jahre gearbeitet oder haben Verwandte und sei es des vierten Grades in irgendeiner Fabrik in Deutschland arbeiten.

Eleni bekochte jeden Tag ihre Familie mit einheimischen Leckereien. Sehr oft war ich mittags, wenn die Geschäfte und Tavernen während der Mittagshitze geschlossen hatten, Gast an ihrem Tisch unter der großen Platane im Garten. Man rückte zusammen, stellte einen weiteren Stuhl an den großen Tisch und erzählte mir von der Zeit als Onkel Stavros bei Mercedes arbeitete oder Opa Dimi Opel.

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Die Farben Griechenlands

Ich kenne diese Geschichten bis heute auswendig, so oft habe ich sie gehört und immer wieder herzlich darüber gelacht. Bis heute habe ich den Duft der frischen Tomatensoße von Eleni in der Nase, die sie besonders gern zu ihren Keftedakia gemacht hat. Oft habe ich sie nachgekocht nach ihrem Rezept, ich bekam sie nie so hin. In all den Jahren bin ich zum Familienmitglied geworden. Zu Hochzeiten und Taufen bin ich angereist. Habe bei diesen Festen meine ersten Tanzschritte gelernt und habe den Tsiporo lieben gelernt.

Die griechische Seele

Bei jeder meiner Heimreise bekam ich zwei Flaschen Tsiporo von Opa Dimi für den Winter, Honig von Oma Stavroula und zwei Gläser Tomatensoße von Eleni . Seit nunmehr über 30 Jahren habe ich dieses Zimmer im ersten Stock, in dem ich beim Duschen immer noch alles unter Wasser setze. Doch der Blick vom Balkon, der fasziniert mich immer noch und schickt meine Seele auf die Reise in diesem Ort, der sich kaum verändert hat bis auf den Internetanschluss und die permanent bimmelnden Handys.

Im letzten Jahr durfte ich das Kind, die kleine Melina, das erste Ururenkelkind von Eleni taufen. Eine große Ehre, auf die ich sehr stolz bin. Ich werde, egal was um uns herum passiert, auch weiter zu meiner „Familie“ fahren auf meine keine Insel, mit dem Bad ohne Duschvorhang. Was mich nur ein wenig traurig stimmt, ist die Tatsache, dass meine Freunde hier in Deutschland vermutlich nicht so herzlich empfangen werden würden, wie sie mich damals empfangen haben.

Maria L-K


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