Nikos erzählt……. Heraklion-Chania, Teil 1
Leser dieser Kolumne kennen inzwischen unsere 92jährige Tante Filareti und die Abenteuer, die sie mit ihrem Arschlochsohn erlebt. Er, inzwischen auch im 64sten Lebensjahr, hat das Kleinhirn eines neugeborenen Spatzes. Da er die meiste Zeit als Tagedieb und Taugenichts verbrachte, hatte er nicht sehr viel in die Rentenkasse einbezahlt und wird Anfang 2017 sicherlich eine karge Pension erhalten. Einige Beispiele seines kriminellen Hirns werde ich im zweiten Teil dieser Geschichte näher schildern.
Rivalitäten
Zunächst jedoch will ich von der Rivalität zwischen den Einwohnern von Heraklion und denen von Chania berichten. Zwischen diesen zwei größten Städten auf Kreta gab es immer schon eine gesunde Feindschaft. Tante Filareti erzählt immer wieder die Geschichte, wie ihr Vater, also mein Großvater Kostas, vor siebzig Jahren in Chania ein Zweitgeschäft seines Pelzladens, den er in Heraklion hatte, eröffnete. Das Geschäft war gerade mal eine Woche geöffnet und noch kein einziger Bürger von Chania hatte den Laden betreten.
Ungefähr zehn Tagen nach der Eröffnung erhielt mein Großvater Drohbriefe, dass man sein Pelzgeschäft samt der Ware anzünden würde, wenn er nicht innerhalb von drei Tagen die Stadt verlässt. Das tat er auch. Weiter konnte Tante Filareti von ihrer Nachbarin Vangelio erzählen, derer Sohn in Chania studiert. In Chania gäbe es nur eine Sorte stilles Wasser und zwar das aus der Quelle, die in Chania sprudelt. Keiner würde ein anderes Wasser kaufen und somit würden die Leute ihre eigene Wirtschaft unterstützen.
In Heraklion jedoch gäbe es weit über dreißig Sorten Wasser. Daran würde man sehen, dass die Chanioten viel klüger wären. Und wenn mal jemand aus Chania nach Heraklion reisen würde, hätte derjenige dann immer seine Wasserflasche dabei, die er in Chania gekauft hat. Weiterhin kann sie berichten, dass man den jungen Frauen von Chania nicht trauen dürfe. Die Nachbarin, Frau Anna von schräg gegenüber, kann so eine Story erzählen.
Verliebt in Chania
Ihr Sohn Antonis hat sich mal in eine aus Chania verliebt. So fuhren Antonis, seine Mutter Anna und weitere zehn Verwandte nach Chania, um Verlobung zu feiern. Kurz bevor jedoch die Rechnung vom Kellner gebracht wurde, haben alle Chanioten das Lokal verlassen, auch die Eltern der Braut, und Anna musste die ganze Zeche alleine bezahlen. Am nächsten Tag wurde Kaliopi, so hieß die zukünftige Braut, sogar gesehen, wie sie mit einem anderen Mann in aller Öffentlichkeit knutschte.
Anna sammelte die Verwandten und ihren Sohn ein, um sofort diese sündige Stadt zu verlassen. Nein, man kann niemandem trauen, der aus Chania kommt.
Aber da kommt der Faktor des lieben Geldes ins Spiel und das Kleinkriminellenhirn des Arschlochsohns. Wie man sich nun doch vom Chania- Hasser zu einem Chania-Sympathisanten entwickelt, erfahren wir in der Fortsetzung dieser Geschichte……
Kostas, mit dem ich diese Themen diskutierte, trank genüsslich seine geliebte heiße Schokolade und meinte: „Lieber Gott, wir haben doch nur ein Leben, danke dass ich es als Grieche leben darf.“
Euer Niko