Kreta – Himmel und Hölle
Ich hatte mich endlich aus meinem deutschen Leben wieder für ein paar Monate „freigeschwommen“ und konnte wieder für ein paar Sommermonate „heim!“ – heim nach Kreta!
Da ich allerdings nicht der Typ bin, der sich in den Sommermonaten dem „dolce far niente“ – dem süssen Nichtstun – hingibt, sondern auch in meiner Heimat das Leben in Originalversion erfahren möchte, habe ich mich mal wieder nach ein paar Sommerjobs umgeschaut. Denn ein paar davon braucht man, will man hier halbwegs gut leben (was ich bei meiner Familie ja ohnehin tue – aber man will ja auch was zum Leben beitragen…!).
Das „normale“ Arbeitsleben hier
Nun gut, also alte Kontakte reaktiviert, 2 Hotels, 3 Tavernen und eine Autovermietung waren darunter. Und Chaka – ich hab die 3 Jobs! (Arbeit gibt es genug. Wieso gibt es dann so viele Arbeitslose?)
Vormittags in der Autovermietung, im Hotel bin ich in der eher ruhigen „Mesimeri“-Zeit an der Rezeption (nun gut, mitunter putz ich auch ein paar Zimmer….), und 3 Mal die Woche schiebe ich die 19 bis 23h-Schicht in meiner Lieblingstaverne. Und Sonntags hab ich frei von allem!
Aber wer nun denkt, damit wäre mein Leben für den Sommer in Ordnung, der irrt leider… Denn vor das fröhliche Schaffen hat Zeus ja noch die Bürokratie gesetzt. Diesmal in Form der IKA (griechische Krankenkasse), bei der ich von allen drei Arbeitgebern ordnungsgemäß für den Sommer angemeldet wurde. Dumm nur, dass ich da auch noch persönlich antanzen musste.
Meine Papiere (Steuernummer, AMKA, Personalausweis, mein Bankbüchlein etc.etc.) hatte ich schon alle beisammen, vorsichtshalber im Original und mehrfacher Kopie. Angemeldet war ich seit Mitte Mai – das geht heutzutage schon mit gefühlten 823 Telefonaten, ein paar Mails, gestempelten und gescannten Originalen per Mail und ähnlichem.
Die Bürokratie auf Kreta
Nur sollte ich da natürlich auch noch persönlich antanzen, was ich – Halbgriechin, die ich bin – über einige Zeit erfolgreich herausgezögert hatte. Denn mein freier Tag ist am Sonntag – wo auch alle Amter geschlossen sind.
Und extra auf einen Tag Verdienst verzichten, um mir das Bürokratengedöhns anzutun? Hmmmm, nicht, wenn’s nicht unbedingt sein muss, denn die für mich zuständige IKA ist in Chania – und Chania ist weit weg…
So ging ein knapper Monat in’s Land bis der Anruf meiner Chefin kam: Anna, du musst spätestens am 11. Juni bei der IKA angetreten sein, sonst müssen wir am 12.6. zusammen 1.600 Euro Strafe zahlen!!! Urgs! 1.600 Euro? Das ist mein Nettoverdienst aus 3 Jobs in 2 Monaten (mit Trinkgeld….)!
Okay, wenn dir das Leben eine Zitrone gibt, bestell dir Salz und Tequila dazu… Ich war also zu allem bereit – dachte ich….
Und morgens um 5h in Chania
Als mir meine Chefin dann aber eröffnete, dass ich trotz der Öffnungszeit um 8h morgens dort bitte schon um 5h vorstellig werden sollte, damit mich jemand in’s goldene „Wartenummernanwärterschaftsbuch“ einträgt und dann bei Öffnung um 8h einteilt, wer welche Wartenummer ziehen darf – da wurde mir schon schwummerig. Denn „5h morgens bei der IKA in Chania“ bedeutet „um 3h45 losfahren. Urgs – GAR nicht meine Zeit!
Aber was tun? Das war alternativlos. Da half alles nix, ich musste da durch.
Also bin ich am besagten Tag bzw. in besagter Nacht um kurz vor 4h losgebrummt – immerhin war es eine sternenklare Nacht und erfrischend wenig Verkehr. Eigentlich ganz schön, wenn man’s mag….
Ich war pünktlich um 5h bei der IKA – mutterseelenalleine. Kein Wartenummeranwärtschaftsbucheintrager, kein „Konkurrent“ um besagte Wartenummer. Nur ich! Aber immerhin viel Platz zum Parken… Ich habe dann, halb dösend, halb wach vor der Eingangstur gewartet, nach und nach trudelten auch um die 60 „Wartenummermitanwärter“ ein, denen ich aber klipp und klar machte, dass ich die Erste vor Ort war. Bis sich dann schließlich und endlich um 7h was hinter der Eingangstür bewegte.
Ein Mensch! Ohne Buch, aber mit autoritärem Blick. Auf seine Frage hin, wer denn der/die Erste sei, der sich durch stundenlanges Warten um eine Wartenummer verdient gemacht hätte, rief ich vorlaut „ICH!“. Und die anderen nickten sogar bedroppelt – die daraufhin entfachte Prügelei um die nächstfolgenden Wartenummern hab ich nur noch aus den Augenwinkeln mitbekommen.
Ich hatte meine Nummer – die Nummer 1 für diesen Tag! – sicher und war auch bereit, sie mit meinem Leben zu verteidigen. So weit kam es allerdings gar nicht, denn während sich die anderen noch untereinander prügelten und mich unbehelligt ließen, wurde es 8h und die IKA öffnete Ihre Türen offiziell für den Publikumsverkehr.
Und dann ging alles ganz flott. Die Nummer 1 auf den Tresen geknallt, die gesammelten Dokumente im Original und Kopie hinterher, kurz gesagt, worum es ging und – zack – jede Menge Palaver, Stempel und Unterschriften und schon hatte ich meinen heißersehnten Zettel, der besagt, dass ich nun zu den angegebenen Zeiten ganz offiziell bei den diversen Etablissements arbeiten darf. Uff!
Als ich um 8h20 das Gebäude verliess, war über den Wartenummerausgabeschlitz der Wartenummerausgabemaschine ein DIN-A-4-Blatt geklebt, das besagte: „Für heute keine Nummern mehr verfügbar!“. (Bürokratie ist ja irgendwie wie Politik. Da werden Probleme nicht gelöst, nur zeitlich verschoben).
Hat sich was mit der „Morgenstund“….
Jetzt schaue ich der Saison gelassen entgegen, die 1.600 Euro Strafe sind vom Tisch und der nächste Bürokratiemarathon steht im November an – da geht es dann wieder zur OAED (Neulich auf dem Arbeitsamt). Aber die Geschichte kennt Ihr ja schon von Su….
Eure Anna
Wie bewältigen denn die „Einheimischen“ dies alles!!!???? Anna Chronisti? Ta leme rainer