Von Martin aus Maroulas.
Oft wird darüber berichtet, dass es einen Kreta-Virus geben soll. Es heißt, wer von ihm befallen ist, wird ihn nie wieder los! Was ist das nun für ein Virus?
Komischerweise befällt er nur Besucher oder Auswanderer, die unsere schöne Insel betreten. Ausgelöst wird er beim Zusammentreffen mit dem gemeinen Kreter, dem ”Humanos Kritikos”. Aber davor liegt meistens ein ausgeprägter Leidensweg!…
In Deutschland verläuft das Leben aber zunächst in relativ geordneten Bahnen. Man wird geboren, lässt sich vom Kindergeld mit Milupa vollstopfen und bekommt von Oma eine Ausbildungsversicherung für eine völlig überflüssige Beamtenausbildung in die Pampers gesteckt. Mit drei Jahren wird man dann in die Kita gesteckt um angepasst das gemeinsame “Töpfchensitzen” zu erlernen. Früh Abends zwischen “Tele-Tubbies” und “Bernd das Brot” liegt man dann in seinem durch das vom Team “Einsatz in vier Wänden” gestylten Kinderhochbett, saugt an seinem Aldi-Schnuller und freut sich auf das erste Handy mit dem Logo des “verrückten Frosches”.
Nachdem die RTL-Supernannys den Zwergen den aufrechten, schreilosen Gang zur Schule beigebracht haben, heißt es dann sinnlose X-Rechnungen zu erlernen, um in der Pisastudie Bestplätze zu erreichen. Eh man sich versieht und die wichtigsten Wörter der Deutschen Sprache erlernt hat, wie z.B. “Ey boah echt geil” ist die Schulzeit vorbei, vorausgesetzt, man hat das eine oder andere Schulmassaker überlebt.
Trotz Ausbildungspakt findet man nur eine Ausbildung zum Eventmanager in Wanne-Eickel oder als Call-Center-Agent bei Müllermilch. Da heißt es dann zum Überleben die Ausbildungsversicherung auszahlen lassen! Nach Beendigung der Ausbildung wird man mit einer hohen Abfindung in den Kreis der Hartz IV Geschädigten entlassen, wo die Abfindung selbstverständlich angerechnet wird.
Um es kurz zu machen, Heirat mit 19, Kind durch einen bei Vera am Mittag nachgewiesen Vaterschaftstest, Enkelkinder mit 40, denen dann selbstverständlich die angesparte Ausbildungsversicherung überreicht wird und mit 65, vor erreichen des Rentenalters ab in die Kiste! Aber es gibt Ausnahmen vom wohl behütetem deutschen Way of Life. Besonders auf diese hat es der Virus abgesehen!
Kurz bevor man die Ausbildungsversicherung an die Enkel überreicht, setzt kurzfristig der Verstand ein und man beschließt die Kohle lieber für einen “Ey Boah echt geilen” Urlaub zu verbraten! Reisebüro faselt was von “Wiege der Kultur” und “Sonnengarantie” und schon spuckt einen der Flieger am Katzanzakis-Airport aus.
Und dann passiert es!
Mit schmerzverzerrtem Gesicht sucht man die völlig überflutete Toilette in der Ankunftshalle auf, wo ein Kreter des Untertypes “Humanos Kritikos Ankunfthalle” seinen Naseninhalt geschickt mit zwei Fingern auf den Fußboden schleudert. Beim Rausgehen wischt er in Anbetracht der nicht funktionierenden, weil nicht vorhandenen Wasserhähne seine Hände am Türdrücker der Eingangstür ab!
Und nun passiert die Übertragung des Kreta-Virus! Ahnungslos betätigt der Urlauber den Türdrücker und freut sich noch über die seiner Meinung nach gerade feucht gereinigten Türklinken. Die Inkubationszeit beträgt nur wenige Minuten und der Virus befällt das Gehirn im Ordnungszentrum. Nichts wird mehr so sein, wie es früher war!
Das Wort Chaos kommt nicht von ungefähr aus dem Griechischen. Im Anfangsverlauf versucht das Gehirn noch, deutsche Ordnungsmuster mit kretischer Logik abzugleichen, was aber schon nach wenigen Tagen zum psychischen Zusammenbruch führt. Der Virus erschüttert das Ordnungszentrum nun in 10 verschiedenen Phasen.
- Phase 1 : Das bunte Treiben vor dem Flughafen wird genossen, da der Virus einem vortäuscht, dass das Geschehen organisiert ist.
- Phase 2: Der Virus befällt nun das Hörzentrum, denn plötzlich hören Sie, dass der Polizist mit der Trillerpfeife, der Ihnen befiehlt, den Koffer sofort von der gelben Parkplatzmarkierung zu nehmen “Georgios” gerufen wird. Der Reiseleiter heißt ebenfalls “Georgios”, der Busfahrer stellt sich auch als “Georgios” vor. Der Mann an der Rezeption heißt auch “Georgios”, ebenso der Barman, der Strandwächter und der Haustechniker der gerade Ihr Zimmer neu streicht! Gott sei Dank heißt das Zimmermädchen “Georgia”, das bringt Abwechslung, ist aber vom Virus geschickt gewollt, denn am nächsten Tag gaukelt er Ihnen vor, dass der Taxifahrer Niko heißt, ebenso der Bäcker, der Andenkenverkäufer, der Autovermieter und die Taverne gegenüber von Ihrem Hotel!
- Phase 3: Sie fahren mit dem Mietwagen auf der Schnellstraße, schön auf der rechten Spur, als Ihnen der Virus Trugbilder vermittelt! Plötzlich überholt Sie rechts auf dem Standstreifen, laut hupend, ein Pick-Up mit 8 Schafen auf der Ladefläche, während Sie links von einem Zementlaster überholt werden! Den Zementlaster überholt dazu noch ein junger Kreter mit einem Motorrad der Marke “Ninja” mit 250 Sachen und einem 12 jährigen Mädchen in Badeanzug auf der Rückbank, beide ohne Helm !
Phase 4: Der Virus vermittelt Ihnen, überall völlig neue unbekannte Freunde zu haben, was sich dadurch bemerkbar macht, das Sie am alten Hafen von Rethymnon von jedem der 15 Gastwirte mit “Hallo Freund, wie gehts heute, auch mal wieder da?” angesprochen werden.
- Phase 5: Der Virus befällt ihr Geschmackszentrum. Es braucht Nahrung zur Fortpflanzung und suggeriert Ihnen, das Raki gut schmeckt! Nach 10 Gläsern und dem Aufwachen um 13:00 am nächsten Morgen spüren Sie starkes Hirnreißen, was ein Beweis für die rapide Vermehrung des Virus ist!
- Phase 6: Sehr entscheidende Phase im Krankheitsverlauf! Der Virus befällt Ihr Widerspruchszentrum! “Georgios” von der Rezeption teilt Ihnen mit, dass die Malerarbeiten in Ihrem Zimmer voraussichtlich dieses Jahr nicht fertig werden und das Sie außerdem wegen Überbuchung auch die nächsten Tage im Zelt am Strand schlafen müssen. Ohne Widerspruch, begleitet von einem “Ola Kala?” bahnen Sie sich einen Weg durch grasende Ziegen und freuen sich darauf, dass auch diese Nacht eine Meeresschildkröte ein tiefes Loch in Ihrem Zelt gräbt! Sie wägen nun zum ersten mal ab. Es könnte ja auch schlimmer kommen! Ihre Ehefrau ist bereits weiter fortgeschritten und liegt in einer tiefen Ohnmacht!
Kalimera, ich finde Mikis Theodorakis bringt es am besten auf den Punkt „Von dem Moment an, in dem man Kretischen Boden betritt, fühlt man sich frei!“
wünsche ein schönes Wochenende, kv
ich habe mich damals (vor 35jahren)in der grün gestrichenen halle am airport infiziert ,seit dem komme ich meistens 2mal nach Kreta zur terapie aber es wird immer schlimmer.
Danke für die Rückinfo, habe nun auch den Rest.
Den Schreiber würde ich gerne mit meinen Erfahrungen konfrontieren. Wird bestimmt eine schöne Geschichte.
War einfach nicht Platz genug im Internetz, doch nun ist es vollständig. Es darf weitergelacht werden.
Wo finde ich den Rest? Ich kann nur bis Phase 7 abrufen.
Selten habe ich so herzhaft gelacht.
Nein dieser Virus habe es mit Tabletten versucht aber eigentlich nicht richtig weil der Virus auch unsere Willenskraft lahm legt. Na ja dann leben wir einfach mit Ihm und werden hier in Germany noch ein paar Leute, die uns gefallen anstecken Grins
Also von diesem Virus möchte ich eigentlich niiiie geheilt werden !!!!!
Oh wie passend beschrieben… ja so ist es und obwohl es jetzt raus ist wie der Virus arbeitet, es wird kein passendes Mittel dagegen geben… Jassu/Jamas und KaliNachti 🙂
Der Link zu „Jassou Malaka“: http://www.myvideo.de/watch/2232409/Jassu_Malaka
Na gut, das mit dem Raki kann ich so nicht nachvollziehen … da hätte ich ne ganz andere Geschicht.
Aber der Rest … Wir haben uns schlappgelacht, und ich hab geheult …
Geheult, weil ich dieses Jahr wahrscheinlich wieder gar nicht Zeit habe, die deutsche Ordnung zu verlassen außer während meiner Kreta-Virus-Fieber-Träume, die mich allnächtlich plagen.
Nun ist ja das Ding von einem Mann geschrieben – unverkennbar! Und ein solcher bin ich nicht – auch unverkennbar ….
Wenn bei mir demnächst der Virus einen Schub auslöst, dann nehme ich mir mit kretabusfahrzitternder Hand einen Stift und schreibe auf das von lybischenmeersalzigen Tränen durchfeuchtete Papier meine eigenen Symptome nieder.
Dabei gaukelt mir mein infiziertes Hirn vor, ich säße in der Taverna „To nisaki“ bei Vollmond ganz nah am Strand … man tanzt und singt zu den Bouzoukiklängen von Nikos und Georgos, je später es wird, desto wilder und ursprünglicher die Klänge, desto kälter das Wildgemüse,desto wärmer der Wein, desto größer der Mond, desto schöner die Kellnerin Despinia, desto süßer der Frapé von Pavlos ….
Es hilft alles nichts … auch der Eleniko sketo (bitte nicht mit skato verwechseln, das heißt dann Sch..grieche) weckt mich nicht aus dem Traum von Sand in allen Ritzen, Saharawind um meinen Kopf, tropfenden Dächern überall und laut tönenden Zikkaden, deren Klänge meine Ohren für alles andere taub machen …
… erwischt! Da wäre ich schon mittendrin. Es ist ansteckend, und es reizt mich, das Geschriebene zu ergänzen. Und noch mehr bekomme ich Heimweh nach Kreta, denn ich sitze am Fenster und sehe Schnee, Eis, Schnee, Eis … ο Θεό μου. Είμαι καλα. Όλος είναι εύκολος. παγώνω, φωνάζω τα πικρά δάκρυα, όνειρα του ήλιου και του νησιού μου.
Und hier etwas für den einfachen Homo sapiens travellis pauschalis: Jassou Malaka