Alle Jahre wieder….. muss ich zum Arbeitsamt. Vielleicht habt Ihr ja meine und Suse´s Odyseen durch die griechische Bürokratie zur Erlangung des saisonalen Winterarbeitslosengeldes in den letzten Jahren schon mitverfolgt und seid gespannt, wie das wohl dieses Jahr gelaufen ist. Wenn nicht, findet Ihr die relevanten Links zur Historie einer alljährlichen „Odysee“ am Ende des Artikels.
Nun dachte ich, ich hätte aufgrund meiner Erfahrungen der letzten Jahre so langsam den Überblick gewonnen und die diesjährige Erlangung von Datum und Uhrzeit für meine Vorstelligwerdung bei der OAED wäre ein reiner Spaziergang – alte Häsin, als die ich mich wähnte. Aber, und das hatte meine griechische Hälfte irgendwie komplett verdrängt, gibt es für einen Griechen ja kaum etwas langweiligeres als Routine, Berechenbarkeit und „Normalität“. Von planvollem Vorgehen mal ganz abgesehen….
„Same procedure as every year“? – Weit gefehlt!
Wir erinnern uns: nach dem Chaos im ersten Jahr (Suse berichtete), war man im Jahr darauf dazu übergegangen, Nummern für Datum und Uhrzeit zu vergeben. Das bedeutete, dass man nach offiziellem Ende des Beschäftigungsverhältnisses nach Chania zum Jobcenter“ (Ergatikó Kéntro – Εργατικό κέντρο) in der Straße „Markou Botsari“ (Όδος Μάρκου Μποτσάρι), direkt neben der Privatklinik Gavrilakis (Κλινική Γαβριλάκης) gehen, sich dort in den ersten Stock schleppen und eine Nummer für „Saisonarbeiter im Büro“ abholen musste, um sich so einen Termin für das „Rendevouz“ auf dem Arbeitsamt zu sichern.
Ich musste sowieso „zeitnah“ nach Chania, weswegen ich einfach den kurzen Einkehrschwung (von der „Kissamou“ kommend an der 3. Ampel rechts seid Ihr schon in der betreffenden Strasse, dann nach ca. 300-400 m links ist besagtes Jobcenter) mit in mein Programm einbaute und wohlgemut in 2. Reihe parkend (wird ja nicht lange dauern und ich lass die Warnblinker an….) aus dem Auto hüpfte. Da war es knapp halb elf Uhr morgens und irgendwie hatte sich schon während der Fahrt die Erinnerung bei mir breitgemacht, dass man dort zwischen 8-10 Uhr morgens vorstellig werden sollte… Also schon mal zu spät – aber das war, wie sich schnell herausstellte, eh schon egal.
Denn kaum aus dem Auto herausgehüpft, traf ich Billy, einen mit meinem Lieblingskollegen gut befreundeten und ebenfalls in Paleochora ansässigen Albaner, der gerade aus besagtem Jobcenter herauskam. Und was er mir erzählte, war wenig erheiternd und noch weniger Mut machend. Denn auf meine Bemerkung, dass ich wohl etwas spät dran sei, meinte er nur, dass das gar nix ausmachen würde, da seit halb 7h morgens eine Menschenschlange von ca. 300 Leuten bis um die nächste Ecke stand, um sich die jeweilige „Date“-Nummer zu ziehen und dass das Jobcenter ob dieses täglichen Zulaufs nun beschlossen hätte, den Laden zuzumachen und alles weitere erstmal telefonisch ablaufen zu lassen…. Na prima – mach mir Mut, Billy!
Neue Nummer, neues Glück?
Egal, ich stapfte trotzdem todesmutig in den ersten Stock und bekam – keine wirkliche Überraschung – genau die selbe Information. Plus der Telefonnummer, die man dieses Jahr zwecks Erlangung eines Datums und einer Uhrzeit für den Termin bei der „Arbeitsagentur“ anrufen sollte. Aha! Wir waren zu diesem Zeitpunkt zu Viert in besagtem Büro – drei Antragsteller (2 plus ich) und 1 armer Wicht, der diesen Spruch bestimmt täglich mindestens 400 Mal aufsagen musste… Letzterer versicherte uns aber im Brustton der Überzeugung, dass das ab dem nächsten Jahr alles vollelektronisch über´s Internet laufen würde, ganz sicher!!! Ein Schenkelklopfer – habe selten mit mir vollkommen fremden Leuten so sehr gelacht!!!
Na gut, am selben Nachmittag noch die 28210-71902 angerufen und – nix. Nur morgens besetzt…. Na gut, am nächsten Vormittag mein Glück nochmal probiert und – chaka – es nahm jemand ab. Eine recht umgängliche Dame, die mir auch gleich den 6. Dezember als Termin auf´s Auge drücken wollte. Da man aber nach offizieller Beendigung des Saisonsarbeitsverhältnisses genau 60 Kalendertage Zeit hat, um seinen Antrag einzureichen, wäre das bei mir verdammt knapp, wenn nicht gar unmöglich geworden. Also bat ich die Dame um einen früheren Termin und sie versprach mir, dass sie alles machbare für mich täte und…. – sie riefe mich zurück. „Jaja – neeee, is klaaar!“ dachte ich mir aus schlechter Erfahrung heraus – „und die Erde ist ´ne Scheibe….“!
Aber es geschehen noch Zeichen und Wunder im Land der Hellenen! Tatsächlich hatte ich mittags gegen 14h30 einen Rückruf dieser Dame, die mir einen Termin für den 30.11. um 11h15 offerierte. Bingo – Deal! Genommen und happy! Davor lag allerdings ein nochmaliger Weg zum Jobcenter in der Markou Botsari-Straße, denn da sei ab sofort (also ab dem auf unser Telefonat folgenden Morgen) ein Umschlag für mich deponiert, in dem mein „Date-Zettel“ verschlossen auf mich warten würde. Den müsste ich dann vor dem 30.11. dort abholen und zu meinem Termin beim Arbeitsamt nebst allen anderen Unterlagen mitbringen…. Also nochmal hin…. aaaaaaaaarrrrrrrrrrgh!!!!!!!!
Na gut, einige andere Termine verschoben, andere vorgezogen und das alles mit einem neuerlichen Besuch in Chania verbunden. In´s Jobcenter rein, Umschlag mit Rendevouz-Reservierung abgeholt und weiter….
Das Schlimmste ist überstanden. Was kommt nun?
Und dann war es vergangene Woche soweit: es war der 30.11., ich hatte alle alle alle Unterlagen beisammen (ich trage zu solchen Behördengängen generell alle Dokumente von Geburtsurkunde über Abiturzeugnis, Kaufmannsgehilfenbrief, FH-Diplom, Heiratsurkunde, Personalausweis, Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung, Mietvertrag, Steuererklärungen der letzten Jahre, Bankkonten-Büchlein, Strom-, Wasser- und Telefonrechnungen incl. Zahlungsnachweisen, IKA- und AMKA-Unterlagen, Röntgenbilder meiner letzten Knochenbrüche sowie Ergebnisse der letzten Blut- und Urintests bei mir!) und stiefelte guter Dinge – allerdings eine dreiviertel Stunde zu früh – in´s Arbeitsamt.
Mein Zettelchen sagte, dass ich am 30.11. um 11h15 dort vorstellig werden sollte und die Nummer 119 hätte. Deswegen hatte ich mich schon auf eine etwas längere Wartezeit eingestellt (300 Seiten Buch reichen im Allgemeinen, aber Internet haben die da auch. Netzwerk: OAED, Passwort ist die kreative Nummernfolge 12345678!), da nahm ich wahr, dass bereits die Nummer 113 aufgerufen war. Um 10h30! Leicht belustigt flog mein Blick über die diversen, erfreulich gut besetzten „Kundenservicepoints“ und blieb an einem Schild hängen, das besagte: „Respektieren Sie bitte die Uhrzeit, die auf Ihrem Zettelchen angegeben ist. NICHT FRÜHER!!“ Nun, jetzt war ich schon mal da und auch 10 Minuten später ob der aufgerufenen Nr. 119 dran – ich will mir gar nicht vorstellen, was für ein Chaos über mich hereingebrochen wäre, wäre ich Punkt 11h15 mit meiner 119 dort aufgetaucht und hätte Nummer 130 oder höher erst mal in die Schranken verweisen müssen…. – urgs….
Nun gut, ich war dran, alle relevanten Unterlagen – diesmal nur die von meinen Arbeitgebern ausgestellten, gestempelten und unterschriebenen Dokumente, mein Ausweis, AFM, Steuererklärung und die Kopie der ersten Seite meines Bankbüchleins der griechischen Nationalbank (Ethniki Trápeza) – denn nur dahin überweist das Arbeitsamt Geld, wenn überhaupt… – eingereicht und gut war´s.
Und jetzt fangen wiederum – alle Jahre wieder – biblische 40 Tage an, bis sich u.U. ein Blick auf´s Konto lohnt. Denn ob ich überhaupt „Wintergeld“ bekomme – und wenn ja wieviel – steht mal wieder in den Sternen.
Radio Kreta – gute Informationen aus erster Hand.
Und hier geht es zu den vorjährigen OAED-Odyseen….