Nikos erzählt…. Geschichten aus Griechenland
Unsere Planung für den Kurztrip nach Thessaloniki war bedingt durch die kurze Zeitspanne sehr eng.
Wir landeten am 30. Dezember um 21:30 Uhr und erreichten unser inzwischen lieb gewonnenes Art-Hotel Andromeda knappe 45 Minuten später. Die Fahrt in die Innenstadt war kurzweilig, weil unser Taxifahrer Mitsos lautstark einen griechischen Rap-Radiosender eingeschaltet hatte. Hier sollte erwähnt werden, dass er nach seinen Worten nächsten Monat siebzig wird. Sehr gespannt waren wir, welche Art von Zimmer wir dieses Mal erhalten. Im Andromeda Hotel ist jedes Zimmer ein Unikat und hat sein eigenes Flair. Wir waren zufrieden. Koffer aufs Bett und sofort ins „Foul tou Meze“, ein Szene-Restaurant. Und all die, die das alte Flair von Ladadika erleben wollen, sind dort gut aufgehoben.
Ausgezeichnetes Ambiente, wunderbare Atmosphäre, schmackhaftes Essen, rundherum ein herzliches Willkommen in Thessaloniki. Der nächste Tag, der letzte des Jahres, begann damit, dass ich als erstes einen CD-Laden aufsuchte um die neusten CD´s meiner Lieblingsinterpreten, die seit dem Herbst auf den Markt gekommen sind, zu erwerben, um danach wieder in Ladadika Mittag zu essen.
Das ist Griechenland pur
Zuvor hatten wir die Markthallen erreicht, und was da geboten wurde lässt sich nicht beschreiben. Die Straßen und Gassen waren voller Menschen, an jeder Ecke Musikanten und alle zehn Meter ein Holzkohlegrill, auf dem Souvlaki und Bifteki brutzelten. Die Leute tanzten und riefen sich ein Xronia polla zu. Da die Autos nicht weiter fahren konnten, saßen die Fahrer darin und lasen Zeitung oder stiegen aus, aßen und tanzten mit. Retsinaflaschen wurden gereicht, von überall erfüllte Oreganogeruch die Luft und wir kamen aus dem Staunen nicht heraus. Das ist Griechenland pur. Das ist Lebensfreude, wie sie im Buche steht, nicht gekünstelt, nichts inszeniert. Das ist Kefi und Herz.
Ursprünglich war vorgesehen, dass wir in Thessaloniki ein musikalisches Theaterstück besuchen. Thema: Tsitsanis und die Frauen. Als Hauptsänger war Dimitris Mpasis angekündet. Durch puren Zufall lass ich auf einer Künstlerseite, dass eben dieser Dimitris Mpasis am Silvesterabend in Heraklion singt. Bekanntlich ist das Klonen in Griechenland nicht erlaubt, also griff ich zum Telefonhörer und rief das Theater an. Die nette Dame entschuldigte sich und meinte, sie hätten meine Telefonnummer verlegt, aber am 31.12 findet definitiv keine Theatervorstellung statt.
Der große Jiannis Parios
Ok, man ist ja nicht von gestern und so fand ich dank Internet und dem Begriff Musikszene Thessaloniki heraus, dass der „Große“ Jiannis Parios in einem Club in Thessaloniki singt. Sofort den Hörer in die Hand, mich vorgestellt, dass ich aus Deutschland anrufe und dass ich einen Zweier- Tisch für den Silvesterabend benötige. Zum Abschluss des Gesprächs bat mich die nette Dame, ich solle wieder fünf Tage vorher anrufen damit sie mir die Uhrzeit sagt, wann die Veranstaltung beginnt.
Das ist Griechenland pur. Stelle sich mal vor bei uns ist ein Konzert von Elton John und fünf Tage vorher wissen die Besucher nicht, wann das Konzert beginnt.
Die Veranstaltung begann dann um Null Uhr Dreißig. Wir waren pünktlich da, aber der Club war fast leer. Inzwischen erfahrene Besucher griechischer Veranstaltungen waren wir dann nicht wirklich überrascht, dass das Konzert um 1 Uhr 35 begann. Wie auf der ganzen Welt üblich kommt vor dem Star eine kleinere Größe. Es war eine junge Dame, die wenn laut gleichzeitig schön bedeutet, sehr schön gesungen hat. Fast nahtlos fünfzehn Minuten nach zwei erschien Jiannis Parios und der Unmut über die letzte halbe Stunde mit dem Sirenengeheul verflog rasch. Die Show war grandios und stimmungsvoll. Parios war voll in seinem Element, unsere Augen brannten, bekanntlich rauchen in Griechenland von den anwesenden knapp sechshundert Leuten circa siebenhundert und somit wussten wir auch den Grund dafür.
Als wir nach vier Uhr den Club verließen hieß es, jetzt schnell in die Heia, da um 12:00 Uhr das Hotelzimmer verlassen werden musste und die Maschine nach Hause um 21:00 Uhr startet.
Immer positiv denken
Die Nacht war kurz und während wir uns fürs Schlafengehen fertig machten, erinnerte mich meine Frau an die Enge im Nachtclub und ob ich mich noch an das Gesicht der Nachbarin erinnern konnte, die so emotionsgeladen ihren Ellenbogen immer in unserem Eiswürfelbecher hinein stellte, ohne das kalte Nass zu bemerken beziehungsweise es nicht bemerken wollte. Oder an den etwas zu heiß gebadeten Fotografen, der uns für zwanzig Euro pro Aufnahme posieren ließ, wie wenn wir eine Mischung von Rosa von Praunheim und Guido Westerwelle wären. Wir ließen ihn gewähren, da wir wussten, dass wir den Club verlassen, bevor er die Bilder fertig hatte. Die Nacht war wirklich kurz und die Vorfreude auf den Rückflug ließ uns den ekelhaft kalten Wind, der vom Meer kam, vergessen. Was soll’s, vor uns der weiße Turm, vor uns ein frisches, neues Jahr. Wie sagt mein Freund Jörg aus Paleochora: „ Immer positiv denken!“
Um doch etwas Schleichwerbung zu machen: wer in Thessaloniki ist, darf es nicht versäumen, das kretische Lokal „Athiboli“ zu besuchen. Ihr werdet an mich denken, spätestens nach der dritten Karaffe Raki. Ironie des Schicksals war, dass unser Taxifahrer von der Stadt zum Flughafen auch Mitsos hieß, noch sehr jung war, jedoch wunderbare alte Lieder, gesungen von Chrisoula Stafanaki, hörte.
Es war Neujahr und so ist das Trinkgeld etwas großzügiger ausgefallen und Mitsos wünschte uns einen guten Rückflug und ein gesundes und glückliches neues Jahr. Noch von Thessaloniki aus rief ich Kosta an bat ihn, für uns zu beten dass der Rückflug nicht so chaotisch sein sollte. Er meinte lapidar: „Lieber Gott, wir haben doch nur ein Leben, danke dass ich es als Grieche leben darf.“
Fortsetzung folgt.
Euer Niko
Auch schön: „Mit dem Billigflieger nach Hellas“.