Buchtipp: „Der Duft von Oliven“.

Unser Buchtipp.

„Lebe deinen Traum, bevor es zu spät ist!“

Wie oft wird einem dieses Motto, verpackt in esoterische Sprüche oder den immer wieder bedienten lateinischen Spruch „Carpe diem“ (Nutze den Tag!) verpackt, entgegengeschmettert?

Allerdings dummerweise meist von den Menschen, die selbst nicht den Mut haben, ihren eigenen Ratschlägen zu folgen – die zu feige sind, das umzusetzen, was sie anderen raten…..

Nun, in dem knapp 500 Seiten starken Buch „Der Duft von Oliven“ von Sigrid Wohlgemuth geht es um eine Frau, die genau das getan hat. Sie hat sich getraut! Erst mit Mut zur Übersiedelung auf die Insel Kreta, dann auf dem griechischen Standesamt und schließlich sogar vor´m griechisch-orthodoxen Altar.

Und sie hat ihr selbstgewähltes Leben gemeistert, das – wäre es nach den Plänen ihres Vaters verlaufen, ein ganz wunderbares, abgesichertes, mit allem Komfort und jederzeit fließend warmem Wasser ausgestattetes gewesen wäre – ganz anders hätte laufen können.

Das wollte sie aber nicht!

So zog die Kölnerin Anna in den 80er-Jahren zu ihrer großen Liebe, dem Ziegenhirten Ilías, in ein kretisches Bergdorf und trifft dort auf Ilías‘ Vater, der schwer unter der deutschen Besatzung Kretas im Zweiten Weltkrieg leiden musste, seine Eltern und zahlreiche weitere Familienangehörige, sowie Freunde verlor.

Das Leben in dem kleinen Bergdorf ist hart – Anna muss sich sowohl bei der Arbeit im Olivenhain, im heimischen Garten, am Herd, als Ziegenhirtin und später auch als Mutter ständig auf´s Neue beweisen, denn ihr Schwiegervater beharrt eigensinnig darauf, dass ein Stadtmensch – noch dazu eine Deutsche!!! – auf der Insel nichts zu suchen hat.

Als Anna deutsche Weihnachtsbräuche einführen möchte, beisst sie bei so ziemlich allen – allen voran natürlich der Schwiegervater – auf Granit. Ihre eher milde Schwiegermutter verstirbt leider früh und somit befindet sie sich mit ihrem (Anm.d.Red: manchmal selbst für eine leidenschaftliche Weihnachtsmarktgängerin überzogenen) Weihnachts“wahn“ allein auf weiter Flur. Und fühlt sich auch oft entsprechend einsam, vor allem nun mal zur Weihnachtszeit.

Die Beziehung zu ihrer Familie in Deutschland ist auch eher ambivalent. Verstehen die Mutter und Geschwister Anna doch auch nach dem ersten Besuch auf der Insel noch halbwegs (oder respektieren zumindest die Entscheidung, der Liebe wegen so „primitiv“ in diesem kretischen Bergdorf zu leben), um so rabiater sind die direkten verbalen und auch manchmal unterschwelligen Attacken ihres Vaters, der es einfach nicht akzeptieren kann und will, seine studierte, polyglotte Tochter nun als kretische Bäuerin zu sehen. Die rundum glückliche Frau, die lediglich unter dem Missmut ihres Vaters leidet, sieht er leider dabei nicht.

Parallel dazu entspinnt sich in der direkten Nachbarschaft ein ganz persönliches, aber gut verborgenes Drama um Anna´s beste Freundin Thalia, die an ihrem unerfüllten Kinderwunsch fast zu zerbrechen droht, ohne sich ihrer Freundin zu offenbaren. Ihre Ehe steht auf dem Spiel – Thalia ist wie besessen davon, endlich schwanger zu werden, und wird ausserdem von Schuldgefühlen aus Jugendzeiten geplagt. Geradezu unerträglich wird die Situation für Thalia, als sie erfährt, dass Anna schwanger ist.

In „Der Duft von Oliven“ beschreibt Sigrid Wohlgemuth, wie sich zwei Frauen ihren Schicksalen stellen, sich mit ihrer Identität, Herkunft, Heimat und der Gesellschaft auf Kreta auseinandersetzen.

Auch wenn die immer und immer wiederkehrenden Heimweh-Passagen nach der Kölner Weihnacht irgendwann redundant werden, spiegelt Sigrid Wohlgemuth in diesem Buch sehr liebevoll und treffend die „Zerissenheit“ und das Gefühl wider, mit seiner Vergangenheit (ungewollt!!) ein für alle mal gebrochen zu haben, die sicher den einen oder die andere Auswanderer/Auswanderin schon mal erwischt hat.

Radio Kreta empfiehlt: Einfach lesen!

streamplus.de

Auch schön – und lecker: „Drei Stühle – Köstliche kretische Geschichten“ , ebenfalls von Sigrid Wohlgemuth