Glücksspielstaatsvertrag: Was muss man 2023 erwarten?

Die Regulierung des Glücksspiels in Deutschland glich lange Zeit einem einzigen Chaos. Der ursprüngliche Staatsvertrag lief bereits vor Jahren aus und lange Zeit passierte nichts. Da die Zuständigkeit der Glücksspielregulierung den Bundesländern überlassen wird, mussten sich alle 16 Landesregierungen gemeinsam auf eine Neufassung einigen. Viele Köche verderben bekanntlich den Brei und wie das in der Praxis aussieht, konnten wir am Beispiel des Glücksspielstaatsvertrages live erleben. Spieler und Veranstalter befanden sich jahrelang in einer rechtlichen Grauzone und zahlreiche Streitereien beider Parteien endeten in so manchem Rechtsstreit. Diese mussten am Ende häufig sogar vor Gericht entschieden werden. 

Das Drama ging sogar so weit, dass mit Schleswig-Holstein ein Bundesland die Nase voll hatte und einen eigenen Weg ging. Das Bundesland Schleswig-Holstein vergab eigene Glücksspiellizenzen, welche theoretisch lediglich den in diesem Bundesland ansässigen Spielern Rechtssicherheit gaben, wenn sie etwa mit einem 20 Euro Bonus ohne Einzahlung Casino spielten. Am Ende konnte man sich jedoch letztendlich auf eine gemeinsame Linie verständigen. Im Jahre 2019 gaben alle 16 Ministerpräsidenten gemeinsam bekannt, dass ab dem 01. Juli 2021 ein neuer und für ganz Deutschland geltender Glücksspielstaatsvertrag in Kraft treten würde. Nach und nach sickerten Details durch und 2023 wird eine weitere Phase dieses neuen Gesetzes umgesetzt. Was genau auf Sie zukommt, erfahren Sie in diesem Artikel von uns.

Zur Erinnerung: Neuer Glücksspielstaatsvertrag, was wurde beschlossen?

Dieser neue Staatsvertrag kommt mit einigen umfassenden Änderungen. Spieler wie auch Anbieter müssen sich auf zahlreiche zum Teil tiefgreifende Anforderungen einstellen, wenn sie legal spielen möchten. Wer eine dieser neuen deutschen Glücksspiellizenzen haben möchte, der muss einen der strengsten Anforderungskataloge weltweit erfüllen. Die wichtigsten Änderungen des Vertragswerks sagen vor, dass:

  1. Ein Spieler nur einen bestimmten Betrag pro Monat einzahlen darf

Um zu verhindern, dass Spielsuchtgefährdete das sprichwörtliche Haus sowie den Hof verspielen, hat unser Staat ein monatliches maximales Einzahlungslimit in Höhe von 1.000 Euro festgelegt. Dieses gilt wohlgemerkt pro Spieler und nicht pro Casino. Damit ein Spieler sich nicht einfach mehrere Konten bei unterschiedlichen Casinos anlegt, hat man eine Parallelspiel-Verhinderungdatei sowie eine Limitdatei eingeführt, in der alle Zahlungen eines Spielers überwacht werden.

  1. Nur noch Slots online gespielt werden dürfen

Das Spieleangebot wird ebenfalls gehörig durcheinandergewirbelt, denn das sogenannte große Game wird man nun nur noch in den staatlichen Spielbanken vorfinden. Sämtliche Tischspiele, worunter auch Live Casinospiele, Rubbellose usw. fallen, dürfen nicht mehr angeboten werden. 

  1. Die Spielautomaten gemäß den neuen Anforderungen angepasst werden müssen

Diese Anpassungen werden die Spielautomaten massiv verändern. Es wird etwa vorgeschrieben, dass eine Drehung mindestens 5 Sekunden lang sein muss. Das bedeutet gleichzeitig, dass Schnelldrehungen nicht mehr vorhanden sein werden. Aber auch die Autoplay-Funktion ist nun nicht mehr erlaubt. Jackpots dürfen ebenfalls nicht mehr Teil eines Spielautomaten sein. Die weitreichendste Vorgabe betrifft jedoch die Einsätze, denn es darf nur noch maximal 1 Euro pro Drehung gesetzt werden.

Die Übergangsphase kurz vor dem Ende

Gleichwohl war den verantwortlichen Regierungsstellen bewusst, dass derart tiefgreifende Reformen, wie sie der neue Glücksspielstaatsvertrag mit sich bringt, Zeit zur Umsetzung benötigen. Es wurde nämlich im Zuge des neuen Vertragswerkes gleichzeitig beschlossen, dass mit der Lizenzierung sowie Überwachung aller neuen Lizenzvorgaben eine neu zu errichtende Behörde beauftragt wird. Diese Glücksspielbehörde der Länder wird in Halle an der Saale beheimatet sein und gänzlich neu aufgestellt. 

Man hat für die Glücksspielbehörde der Länder 120 Dienstposten geschaffen, die allesamt neu besetzt werden mussten. Dazu kam die räumliche Frage, denn auch das Regierungsgebäude musste erst noch gefunden werden. Deshalb hat sich der Staat eine Übergangsphase erlaubt, die am 01. Juli 2021 mit Inkrafttreten des neuen Vertrages begann und welche am 31. Dezember 2022 endet. Bis Ende Dezember wurden im Zuge dieser Übergangsphase bestimmte Befugnisse ausgelagert. Für Online Poker und Slots war bis dahin etwa das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt zuständig, für Sportwetten das Regierungspräsidium Darmstadt usw..

Die neu gegründete Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder nimmt die Arbeit auf

Insgesamt wurden alle Befugnisse sowie Zuständigkeitsbereiche auf sechs Regierungsstellen aufgeteilt. Da diese Übergangsphase jedoch am 31. Dezember 2022 endet und nicht verlängert wurde, werden sie ab dem 01. Januar 2023 in der neu gegründeten Glücksspielbehörde der Länder gebündelt. Es ist hingegen nicht bekannt, ob diese Behörde ab dem 01. Januar tatsächlich personell aus dem Vollen schöpfen kann. Es ist daher durchaus möglich, dass es aufgrund von Engpässen noch zu Verzögerungen, etwa bei der Lizenzierung kommen kann.

Zum Verantwortungsbereich der Behörde gehören demnach:

  • Klassenlotterien
  • Soziallotterien
  • Online Pferdewetten
  • Sportwetten
  • Online Poker und Automatenspiele

Dazu kommt, dass die Limitdatei sowie die Datei zur Verhinderung parallelen Spiels hier geführt und kontrolliert werden. Auch die Werbung sowie die Einhaltung der Zeiträume des Werbeverbots werden von ihr überwacht. Natürlich wurde nicht vergessen, das Amt mit den entsprechenden Befugnissen zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels auszustatten. 

Wie geht die Behörde ab dem 01.01.2023 vor?

Es bleibt also noch abzuwarten, wie rigoros die Gemeinsame Glückspielbehörde der Länder gegen Verstöße vorgehen wird. Auch über die technischen Möglichkeiten der Überwachung ist noch nicht viel bekannt. Die Vorsitzende des Verwaltungsrates, Anne Poggemann, unterstrich, dass man sich zunächst der Beobachtung der Entwicklung des Marktes widmen werde. 

Dies geschehe etwa, indem das Ministerium bzw. dessen Mitarbeiter sich selbst bei den Casinos als Spieler anmelden und überprüfen, ob alle Vorgaben eingehalten werden. Dabei könne von den Betreibern nicht unterschieden werden, ob es sich bei diesen Tests um reguläre Kunden oder Tester der Behörde handelt. Außerdem sei die Behörde technisch dazu in der Lage, Werbung oder ganze Webseiten zu blockieren oder gar Zahlungen von Banken, Kreditkarteninstituten oder elektronischen Zahlungsanbietern zu untersagen.

Werden die Kritiker das letzte Wort haben?

Das letzte Wort scheint jedoch noch lange nicht gesprochen, denn vor allem die automatische Aufnahme eines Spielers in die Sperrdatei OASIS sorgt bei vielen Datenschützern für blankes Entsetzen. Die bundeseigene Datenschutzkonferenz kam sogar zur Feststellung, dass allein durch die Daten dieser beiden Dateien konkrete Spieler-Persönlichkeitsprofile abgeleitet werden können und die informelle Selbstbestimmung eines Spielers gefährdet wird.Von einer Art Marktmanipulationsstrategien könne man sogar sprechen, denn der Staat erhalte Kundendaten, von denen soziale Medien und Online Händler nur träumen können. Sobald der erste Spieler gegen diese ohne sein Einverständnis vorgenommene Totalüberwachung vor ein Gericht zieht, stehen die Chancen sogar sehr gut, dass zu seinem Gunsten entschieden wird und die Befugnisse der Behörde massiv eingeschränkt werden müssen.