Griechenland – „Hört auf, uns zu retten“

GRIECHENLAND

vonNEWS
Freitag, 24. Februar 2012

„Hört auf, uns zu retten!“

  • Report aus dem „Land der Tränen“: Wie die Bevölkerung durch das Sparpaket verarmt.

Europa rettet den griechischen Staat mit 130 Milliarden Euro vor dem Bankrott. Doch die Bevölkerung verarmt dabei.

„Bitte hört auf, uns zu retten. Wir können nicht mehr!“ Evagelia Karageanalel, 65, steht auf dem Syntagma-Platz in Athen und bläst in ihre Trillerpfeife. Drinnen im Parlament wird das neueste Sparpaket in Gesetze gegossen – die Bedingung dafür, dass jene 130 Milliarden aus Europa fließen, die das Land vor dem Bankrott retten sollen. Draußen wogt eine Demonstration, zurückgehalten von einer Phalanx von Polizisten in Gasmasken und Helmen: Denn hier fühlt sich niemand gerettet. „Ich habe seit 1974 als Schneiderin gearbeitet und immer meine Steuern bezahlt. Jetzt wurde meine Pension von 700 auf 500 Euro gekürzt. Ich soll zahlen, damit diese Diebe da drinnen ihre korrupten Geschäfte vertuschen und die Banken bedienen“, sagt Evagelia. Die Pensionistin spricht aus, was die Mehrheit der Griechen denkt: Es reicht. „Ihr rettet uns zu Tode“, steht auf einem Plakat.


Seit Monaten ohne Gehalt

Eine Erfahrung, die auch Moisis Litsis machen muss. Seit 1997 ist er Finanzredakteur für die zweitgrößte Tageszeitung des Landes, „Eletherotypia“. Doch seit Dezember erscheint die Zeitung nicht mehr: Die Büros hinter der blauen Glasfassade sind leer, nur vereinzelt sieht man Journalisten an mitgebrachten Laptops. „Alle 800 Angestellten, darunter über 200 Journalisten, haben seit August kein Gehalt bekommen. Wegen der Krise wurde dem Verlag ein Kredit nicht ausbezahlt“, erklärt Litsis. Seine Kinder kann er nur mehr mithilfe von Verwandten versorgen. Im Versammlungsraum im obersten Stock des Redaktionsgebäudes werden für die Bedürftigsten nun Lebensmittelspenden gesammelt.

Doch die Belegschaft der „Eletherotypia“ ist auch ein Beispiel für die Griechen, die ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen: die Suppenküchen gründen, in Gruppen aufs Land ziehen – oder selbst eine Zeitung drucken. Vergangenen Mittwoch brachten die unbezahlten Redakteure zum ersten Mal eine eigene Ausgabe heraus. Sie verkaufte mehr als das Doppelte der normalen Auflage. „Der Hunger nach unabhängigen Nachrichten ist riesig“, sagt Litsis. „Denn wir sind nicht unschuldig an der Situation Griechenlands: Es gibt eine enge Allianz zwischen den großen Unternehmen, der Politik und den Medien. Seit zwei Jahren heißt es, es gebe keine Alternative zu den Rettungs- und Sparpaketen. Wir haben abweichende Meinungen nie gedruckt. Nun bricht das Land zusammen, und es ist offensichtlich, dass dieser Weg falsch war.“

Quelle und für den, der mehr wissen will: News.at

2 Kommentare

  1. Ja, Europa ist mit dem Euro nicht zum goldenen Käfig geworden. Die Gitterstäbe sind vielleicht mit Goldbronze angepinselt. Darunter ist derselbe Rost wie vorher. Europa als ein Vielvölkergefängnis hat keinerlei Aussicht auf Erfolg.

    Die Griechen sind gerade im Folterkeller Versuchsobjekte des Inquisitors. Die Portugiesen sind schon auf die Streckbank gespannt. Die Spanier und Italiener dürfen die Werkzeuge begutachten. Die Deutschen und Franzosen sitzen auf glühenden Kohlen. Alle hübsch mit dem Euro gefesselt.

    So, wie der Teuro jetzt funktioniert, kann er nur zum Spaltpilz zwischen den Völkern werden. Da ist „Rettung“ durch die Eisene Jungfrau keine Lösung.

  2. ….ich habe ähnliches bereits vor Monaten von einem Griechen gehört:

    „Lasst uns endlich sterben, damit wir leben können“

    Nur dies wäre die Chance auf einen Neuanfang. Was würde es denn bedeuten, wenn Griechenland „Pleite“ ginge?

    Grob gesagt, Griechenland wäre ohne Schulden und all diejenigen, die mit Griechenland spekulierten und viel Geld verdienten, schauen in die Röhre!
    Nur so gelingt ein Neuanfang. Was die EU macht (um sich angeblich selbst zu schützen), insbesondere unsere Funzelkanzlerin ist nichts anderes als eine Insolvenzverschleppung, für die jeder in der freien Wirtschaft in den Knast müsste….

    Thomas

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