Zwei Bremerinnen suchen ihre Grenzen – 15.09.2013
Von Corinna Tonner, Weser-Kurier
Bremen. Die 24-jährige Maria Steier und ihre ein Jahr ältere Freundin Saskia Hinz haben sich ein Abenteuer der besonderen Art vorgenommen: Die beiden Frauen wollen den Westen der griechischen Insel Kreta schnorchelnd im Wasser umrunden. Geplant ist, ab dem 9. Oktober eine Strecke von 300 Kilometern in 18 Tagen zurückzulegen.
An Grenzen gehen, den inneren Schweinehund überwinden – das haben sich die Sportlerinnen Maria Steier und Saskia Hinz vorgenommen. Sie wollen nicht im Wettkampf gegen andere gewinnen, sondern ein ambitioniertes Ziel aus innerer Überzeugung erreichen. Während andere auf Berggipfel klettern oder mit dem Fallschirm aus einem Flugzeug springen, suchen die beiden Bremerinnen ihre Herausforderung im Mittelmeer: beim Schnorcheln rund um die Küste Kretas.
Proviant im Boot
An 18 Tagen wollen Steier und Hinz jeden Tag bis zu sechs Stunden im Wasser sein und dabei jeweils fünfzehn Kilometer und mehr zurücklegen. Ihre Durchschnittsgeschwindigkeit soll drei bis vier Kilometer pro Stunde betragen. „Wir werden schnorcheln, nicht tauchen“, betont Maria Steier. „Es ist eher eine Art Ausdauerschwimmen mit Anzug, Flossen und Brille.“ Und mit einem aufblasbaren Boot, in dem sie ihren Proviant und die Ausrüstung hinter sich herziehen wollen.
Am 9. Oktober soll es losgehen in Chania, einem Ort an der Nordwestküste der größten griechischen Insel, dann um die westliche Spitze herum und an der Südküste entlang bis nach Agia Galini. Die Idee dazu hatten die beiden im vergangenen Oktober, als Tauchfreunde ihnen vom Urlaub am Mittelmeer vorschwärmten. „Da hat uns das Fernweh gepackt“, erzählt Maria Steier.
Ein Tauchurlaub wird es definitiv nicht, denn im Herbst weht es im Mittelmeer oft kräftig. Bei Rückenwind wäre das ein Vorteil, bei Gegenwind könnten die beiden stundenlang mit den Flossen schlagen, ohne voran zu kommen. Mehr als sechstausend Kalorien braucht der Körper am Tag, um die durch stundenlangen Sport verlorene Energie auszugleichen. Würden Steier und Hinz in kurzer Zeit viel Gewicht verlieren, könnte das Immunsystem angegriffen werden, und dann drohen Infektionen. Mit Blessuren ist ohnehin zu rechnen, zum Beispiel, wenn der Tauchanzug die durchweichte Haut aufscheuert.
Der Tauchlehrer der beiden, der gelernte Berufstaucher Pit Clausen, weist zudem auf die Gefahr der Auskühlung hin. Im Oktober betrage die Wassertemperatur vor Kreta etwa 22 Grad, liege also deutlich unter der Körpertemperatur: „Das ist eine große Herausforderung für den Körper. Dauerhafte Unterkühlung untergräbt die Motivation massiv“, sagt Clausen.
Doch Steier ist zuversichtlich: „Wir haben uns mit allen denkbaren Problemen auseinandergesetzt und sind vorbereitet.“ Zur Ausrüstung der Frauen gehört neben Medikamenten und konzentrierter Nahrung ein Funkgerät; es wird am Gürtel befestigt und kann im Notfall ein Signal an Schiffe in der Nähe senden. Pfefferspray hat die 24-Jährige auch besorgt, für alle Fälle. Die Ausrüstung wurde von Tauchsportfirmen gesponsert, Seekarten und Flugtickets haben die beiden Frauen selber bezahlt.
Warum dieses Abenteuer? Steier sucht die Gründe in ihrem Beruf. Als Ergotherapeutin hat sie sich auf Neurologie spezialisiert und ein Jahr lang in einer Reha-Station für Patienten im Wachkoma gearbeitet. „Das hat mir gezeigt, dass das Leben sehr kurz sein kann. Ich habe immer viel gearbeitet, jetzt möchte ich in meinem Leben auch andere Dinge erleben.“
Ihre Freundin Saskia Hinz ist derzeit als Tauchlehrerin in Kroatien beschäftigt, erst drei Tage vor dem gemeinsamen Flug nach Kreta wird sie an die Weser zurückkehren. Die beiden Frauen wollen ihre Erlebnisse mit einem Film und einem Blog auf der Website eines Tauch-Magazins dokumentieren.
Entscheidend für das Gelingen der Schnorcheltour ist, wie die Freundinnen mit Wind, Wetter, Meeresströmungen, körperlichen Strapazen und Rückschlägen umgehen. Maria Steier: „Alles hängt von unserer Motivation ab.“ Das planmäßige Ende der teilweisen Kreta-Umrundung ist für den 26. Oktober vorgesehen. Tauchlehrer Pit Clausen drückt seinen Schülerinnen die Daumen: „Wenn sie das schaffen, dann sage ich: Hut ab.“
Ganze 17 Tage lang an Kretas Küste zu schnorcheln fände ich für mich selbst auch Klasse! Aber das Ganze strikt auf Leistung? Wo bleibt da der Spaß, das Erlebnis?