Vom heutigen „General“-Streik in Ierápetra haben wir ja bereits berichtet. Viele werden sich sicherlich aber fragen, wofür oder wogegen eigentlich gestreikt wurde und wie es zu der überwältigenden Akzeptanz und Solidarität kam.
Radio Kreta hat die Hintergründe:
Es geht um die Schließung des Krankenhauses von Ierápetra.
In der Präfektur Lassithi gibt es derzeit 4 Krankenhäuser: Agios Nikolaos, Sitia, Neapoli und Ierápetra. Da diese 4 Krankenhäuser weniger als 50 km voneinander entfernt liegen und noch dazu nur eines davon profitabel arbeitet, nämlich Neapoli, wurde beschlossen, mindestens eines von den vieren zu schließen und die Patienten an Agios Nikolaos zu Gunsten besserer Auslastung zu „übergeben“. And the „winner“ was: Ierápetra.
Ob für das Krankenhaus Sitía das gleiche entschieden wurde, entzieht sich unserer Kenntnis.
Jedenfalls wollen Stadt und Kreis Ierápetra ihr Krankenhaus behalten, und nicht nur eine Notfallambulanz hier haben, die akut kranke Patienten eben mal „nur“ lebensrettend verarztet und für einen Transport nach Agios Nikoloaos vorbereitet – immerhin mindestens eine halbe Stunde Fahrtzeit von hier, aus den Bergdörfern der Umgebung bedeutend länger.
Sicher ist den Leuten bewußt, dass gewisse Einsparungen und Änderungen nötig wären, um das Krankenhaus aus den roten Zahlen zu bekommen; sie wären auch bestimmt gesprächsbereit, denn es kann natürlich auch nicht sein, dass ein Krankenhaus, an dem im Schnitt 1 OP/Tag durchgeführt wird, 4 Anästhesisten beschäftigt.
Aber Schließung? Das geht den „Ierápetranern“ dann doch zu weit.
Und deswegen erfolgte vor gut einer Woche der Aufruf zum „Generalstreik“. Alle Geschäfte wurden aufgefordert, an diesem Tag zu schließen, Eltern wurden gebeten, ihre Kinder nicht zur Schule zu schicken, damit alle geschlossen protestieren konnten.
Die Hauptkundgebung sollte heute um 10h auf der zentralen Platía Elefthería stattfinden und alle – wirklich alle – waren da, zum jetzigen Stand der Dinge weit über 1000 Leute – die Schulen blieben geschlossen.
Auch die Geistlichkeit war vertreten, vom Bischof bis zum „normalen“ Popen. Kreta – das ist da, wo die Kirche sich in Politik und die „weltlichen“ Belange ihrer Schäfchen einmischt.
Chapeau! Ganz große Klasse!
Erwähnenswert finden wir auch, dass auch viele Restaurants und Cafés geschlossen blieben; sogar das direkt an besagter Platía liegende „Veterano“ hat einen seiner potentiell umsatzstärksten Tage „sausen“ lassen und pünktlich um 10h seine Pforten geschlossen.
Das hat Charakter!
Radio Kreta musste sich leider frühzeitig verabschieden, um unsere Praktikanten in Empfang zu nehmen, wir nahmen aber einen überwältigten Eindruck von Solidarität und Zusammenhalt dieser kleinen Stadt mit.
Anschließend an die Kundgebung in Ierápetra wurden Busse zur Verfügung gestellt, die alle streikwilligen nach Heraklion brachten, um dort dem neuen Gouverneur der Insel in der zentralen Verwaltung Kretas ihr Anliegen zu unterbreiten; auch hier waren der Bürgermeister und der Bischof von der Partie.
Auch diese Aktion fand überwältigende Resonanz – jeder der irgendwie konnte, fuhr mit.
Wir halten Euch über die Entwicklung in Sachen Krankenhaus Ierápetra auf dem Laufenden.
Radio Kreta – wir lieben Menschen mit Charakter!