Von Anna Kauber Birkelbach, Marie Boms und Marie Busold. Praktikantinnen bei Radio Kreta.
Tinyhäuser haben in den letzten Jahren an Popularität gewonnen. Der deutsche Unternehmer Peter L. Pedersen hat diesen Trend nach Kreta gebracht. Mit seiner Firma „Rolling Tiny House“ wirbt er mit einem Konzept, das dazu motivieren soll, Tinyhäuser gewerblich auf der griechischen Insel zu nutzen. Doch während das Modell auf den ersten Blick verlockend erscheint, wirft es auch kritische Fragen auf – sowohl in Bezug auf die ethische Vertretbarkeit als auch auf die langfristigen Auswirkungen auf Kreta.
Der Begriff „Tinyhaus“ ist oft mit der Vorstellung eines kleinen, kostengünstigen Häuschens verbunden, das aufgrund seiner Mobilität überall aufgestellt werden kann. Diese Vorstellung ist jedoch nicht nur naiv, sondern auch rechtlich problematisch. Ein Tinyhaus, das tatsächlich als Wohnraum genutzt werden soll, unterliegt strengen baurechtlichen und straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, die es häufig deutlich teurer machen, als es auf den ersten Blick erscheint. Wer denkt, er könne einfach ein Tinyhaus kaufen und es auf einem beliebigen Grundstück abstellen, ohne sich vorher mit den entsprechenden Genehmigungen zu befassen, liegt falsch.
Pedersens Geschäftsmodell zielt darauf ab, deutschen Kunden die Möglichkeit zu bieten, durch die Anmeldung einer Selbstständigkeit ein Tinyhaus gewerblich zu erwerben und auf Kreta zu vermieten. Die Idee dahinter: Als bewegliches Wirtschaftsgut unterliegt ein Tinyhaus anderen steuerlichen Bedingungen als eine Immobilie, was in der Praxis bedeutet, dass erhebliche Steuervorteile genutzt werden können. Da das Tinyhaus durch den gewerblichen Kauf jedoch nicht als Wohnraum von den Käufern genutzt werden darf, richtet sich das Modell vor allem an wohlhabende Deutsche, die nach einer neuen Anlagemöglichkeit suchen – nicht nach einem Eigenheim.
Doch ist es ethisch vertretbar, dass die deutsche „Oberschicht“ in den kretischen Tourismusmarkt eingreift, um Steuervorteile auszunutzen? Oder könnte eben dieses Geschäftsmodell den lokalen Markt verzerren und die Preise in die Höhe treiben? Auf der anderen Seite: Könnten nicht eben diese Tinyhäuser dem Wohnungsmangel auf Kreta entgegenwirken?
Betrachtet man die Kosten eines Tinyhauses, wird schnell klar, dass diese deutlich höher sind, als es die Fläche vermuten lässt. Ein straßenzugelassenes Tinyhaus beginnt bei etwa 80.000 bis 90.000 Euro, während größere Modelle bis zu 120.000 Euro kosten können. Dazu kommen noch die Kosten für das Grundstück, Anschlüsse für Strom, Wasser und Abwasser sowie kleinere Fundamente, die schnell weitere 30.000 Euro verschlingen können. Fest steht, dass die Preise der Tinyhäuser für die Einheimischen auf Kreta schlicht unerschwinglich sind. Stattdessen werden die Tinyhäuser vorwiegend an Touristen vermietet – eine Entwicklung, die den durch Einheimische betriebenen Tourismus unter Druck setzen könnte.
Pedersen sieht in Kreta den perfekten Ort, um die in Deutschland produzieren Tinyhäuser ins Ausland zu bringen. Für ihn „passt alles zusammen“: die rechtlichen Rahmenbedingungen, seine Kontakte zur Insel und die steigende Nachfrage nach alternativen Unterkünften im Tourismus.
Doch was ist mit den vielen Ruinen auf Kreta, die seit Jahren ungenutzt verfallen? Wäre es nicht sinnvoller, diese zu renovieren und so das kulturelle Erbe der Insel zu bewahren, anstatt neue, fremdartige Strukturen in die Landschaft zu setzen? Sowohl Kostengründe als auch Nachhaltigkeitsaspekte sprechen dafür – nur würde dadurch niemand profitieren.
Die Praktikanten im Gespräch mit Peter Pedersen.
Während Peter L. Pedersens „Rolling Tiny House“ vom Spitzensteuersatz genervten Deutschen eine attraktive Möglichkeit bietet, auf Kreta Fuß zu fassen, bleibt die Frage, ob dieses Geschäftsmodell tatsächlich mit den Bedürfnissen der einheimischen Bevölkerung vereinbar ist.