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Wer sich ernsthaft für Poker interessiert, verlässt früher oder später die gewohnte Online-Plattform und setzt sich an einen echten Tisch. Nichts ersetzt das Klacken der Chips, das Zögern beim Call oder die vielsagende Mimik der Gegenspieler. Doch in welchen Regionen Deutschlands lohnt sich der Ausflug an den Filz wirklich und wie groß ist die Szene abseits der Livestreams großer Events in Las Vegas oder Prag? Die Antwort überrascht, denn obwohl Poker nicht überall vertreten ist, existiert vielerorts eine lebendige Szene.
So ist die Live-Pokerszene in Deutschland aufgebaut
Die Heimat des Live-Pokers liegt in den staatlich konzessionierten Spielbanken. Diese sind teils glamourös, mitunter etwas angestaubt, doch meist gut organisiert und professionell geführt. Insgesamt gibt es rund 70 solcher Einrichtungen in Deutschland, allerdings nur ein Teil davon bietet regelmäßige Pokerturniere an. Wer auf tägliche Events hofft, wird in kleineren Städten oft enttäuscht. Stattdessen gilt es, gezielt zu planen und die Unterschiede der Regionen zu verstehen.
Im Fokus stehen zwei Grundformen des Angebots. Turniere mit festen Startzeiten sowie Cash Games mit flexiblem Einstieg. Gespielt wird fast überall No Limit Texas Hold’em, die mit Abstand beliebteste Variante. Andere Formate wie Pot Limit Omaha oder 7 Card Stud sind nur in Einzelfällen vertreten und meist Teil spezieller Events. Für die beste Vorbereitung wählen viele Spieler Casinos ohne Einzahlungslimit im Internet und trainieren dort für die Turniere vor Ort.
Turniere treten in unterschiedlichster Form auf. Das klassische Freeze-out kennt nur eine Möglichkeit zum Mitspielen. Wer ausscheidet, ist raus. Daneben existieren Rebuy-Turniere, bei denen in der Anfangsphase beliebig viele neue Chips gekauft werden können. Add-on-Turniere ermöglichen einen einmaligen Chipnachschub am Ende der Rebuy-Zeit. Bounty-Formate wiederum belohnen das Ausschalten anderer Teilnehmer direkt mit Preisgeld. Deepstack-Turniere starten mit mehr Chips und laufen langsamer, wodurch sich mehr Strategie entfalten kann. Bei Turbo-Turnieren hingegen steigt der Blind-Level rasch an und schnelle Entscheidungen sind gefragt.
Je nach Region unterscheidet sich das Angebot deutlich. In Ballungsräumen ist die Auswahl größer, auf dem Land gibt es hingegen oft nur vereinzelte Spieltage.
Die Spielbanken Bayern Pokermeisterschaft – Struktur, Turniertage und Punktejagd
In Bayern hat man ein eigenes System etabliert. Statt nur gelegentlich ein Sit & Go auszurichten, verbindet man neun Spielbanken durch ein gemeinsames Turnierkonzept. Die Spielbanken Bayern Pokermeisterschaft, bekannt als SBPM, sorgt für Regelmäßigkeit, Abwechslung und Motivation. Bei der Veranstaltung im letzten Jahr gewann der Sieger knapp 50.000 Euro.
Die Idee hinter dem Konzept ist einfach. Teilnehmer sammeln Punkte durch Platzierungen. Wer regelmäßig erfolgreich spielt, darf sich auf die Qualifikation für das große Jahresfinale freuen, ein Event mit stolzem Preispool, professioneller Struktur und familiärer Atmosphäre. Der Einstieg ist unkompliziert, da keine vorherige Anmeldung in einer Serie notwendig ist. Jeder, der sich registriert und das Buy-in zahlt, ist dabei.
Von Freeze-out bis Ruby Tuesday – Pokerangebote in Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg gibt es zwar keine landesweite Meisterschaft, dafür glänzen die drei aktiven Spielbanken mit Vielfalt und Konstanz. Stuttgart, Konstanz und Baden-Baden gestalten jede Woche aufs Neue ein Programm, das Gelegenheitsspieler ebenso abholt wie Fortgeschrittene.
In Baden-Baden wird an drei Tagen Turnierpoker gespielt. Am Sonntag und Montag stehen Freeze-outs auf dem Programm, mal mit 60 €, mal mit 215 € Buy-in. Der Mittwoch gehört besonderen Formaten, etwa Mixed Games oder alternativen Varianten mit 60 oder 110 €. Als Highlight wird einmal im Jahr im November ein großes Einzelturnier veranstaltet, das als Baden-Württembergische Pokermeisterschaft firmiert.
Konstanz verfolgt einen anderen Ansatz und setzt auf Dichte. An vier Tagen pro Woche finden dort Turniere statt, von klassischen Freeze-outs über das Herkules-Turnier mit 200 + 20 € bis hin zum monatlichen Bounty-Turnier mit gestaffeltem Preismodell. Die Mischung sorgt für Abwechslung und macht das Casino zu einem der aktivsten Turnierstandorte im Süden.
In Stuttgart ist der Wochenplan klar strukturiert. Montag und Donnerstag stehen kleinere Freeze-outs mit 50 + 5 € an, sonntags wird’s mit 100 + 10 € etwas ernster. Hinzu kommen Sit & Go-Turniere an Freitagen und Samstagen. Und an jedem ersten Dienstag heißt es „Ruby Tuesday“ mit einem Buy-in von 200 + 10 + 10 € richtet sich dieses Turnier an erfahrene Spieler, die Struktur und Tiefe schätzen.
Was kosten Pokerturniere und welches Format passt zu wem?
Die Einstiegspreise schwanken je nach Format und Standort. Die günstigsten Events starten bei etwa 25 €, die teuersten liegen bei rund 215 €. Besonders häufig finden sich Turniere im Bereich zwischen 50 und 100 €, eine Summe, die vielen Hobbyspielern entgegenkommt.
Wer neu dabei ist, sollte mit klassischen Freeze-outs beginnen. Dort gibt es keine Überraschungen beim Budget und das Spiel verläuft klar strukturiert. Bounty-Turniere bringen zusätzliche Dynamik, da jede Eliminierung bares Geld einbringt. Rebuy-Formate können spannend sein, setzen jedoch ein gutes Maß an Disziplin voraus. Wer sich schnell neu einkauft, investiert mehr als gedacht.
Poker zwischen Nordsee, Förde und Altstadt – Schleswig-Holstein als Pokerreise
Ganz im Norden wartet ein Bundesland mit einer überraschend dichten Pokerszene. Schenefeld, nur einen Steinwurf von Hamburg entfernt, bietet an sieben Tagen in der Woche Turniere an. Formate und Buy-ins wechseln regelmäßig. Mit Deepstack, Mixed Games, Turbo, Bounty oder Satellites ist der Spielplan prall gefüllt und zieht auch Gäste aus anderen Bundesländern an.
In Kiel geht es am Freitag mit dem Friday Night Classic los, samstags folgt ein Rebuy-Turnier. Monatlich wird das Förde Deepstack gespielt, ein Event mit längerer Struktur und einem Startgeld von 150 €. Lübeck und Flensburg runden das Angebot mit kleineren, aber regelmäßigen Events ab. Und sogar auf Sylt lässt sich pokern. Westerland bietet wöchentliche Formate und gelegentliche Sonderturniere, kombiniert mit frischer Meeresbrise.
Was Schleswig-Holstein auszeichnet, ist die Möglichkeit, Urlaub und Poker zu verbinden. Ohne den Druck einer Rangliste kann hier entspannt gespielt werden. Die Atmosphäre ist locker, das Spielniveau bunt gemischt und die Organisation in der Regel sehr solide.
Profi-Turniere, hohe Buy-ins und exklusive Events – nichts für jedermann
Die schlechten Nachrichten zeigen leider, dass Turniere der großen Serien wie der European Poker Tour oder der World Series of Poker Europe nur selten in Deutschland Halt machen. Wer dabei sein will, braucht entweder ein sattes Bankroll oder den Umweg über Online-
Qualifikation. Die Buy-ins liegen meist bei mehreren Tausend Euro, eine Eintrittskarte, die nur wenige lösen.Hinzu kommen Zugangsbeschränkungen und teils lange Wartelisten. Für Gelegenheitsspieler des weltweit beliebten Spiels ist das eher ein Zuschauererlebnis als eine ernsthafte Option. Glücklicherweise gibt es in den regionalen Spielbanken ausreichend Turniere, die offen, erschwinglich und professionell organisiert sind.