Von Simon Frost, Tagesspiegel.de
Griechenlands Agrar-Exporte legen wieder enorm zu. Das weckt Hoffnungen auf ein Ende der Rezession.
Die Landwirtschaft allein wird Griechenland nicht retten. Das weiß auch Athanasios Tsaftaris. Aber die jüngsten Zahlen machen dem griechischen Agrarminister Hoffnung. Innerhalb eines Jahres sind die Exporte von Olivenöl und Wein nach Deutschland enorm gestiegen. „In den vergangenen zwölf Monaten bis November 2012 lag das Plus für Wein bei 24 Prozent, bei Olivenöl bei 28 Prozent“, sagte Tsaftaris dem Tagesspiegel am Sonntag. Er sei „optimistisch“, dass Griechenland im laufenden Jahr den Weg aus der Rezession finden werde.
Er bestätigte damit die Einschätzung seines Kabinettskollegen Giannis Stournaras. Der Finanzminister hatte im „Handelsblatt“ gesagt, sein Land werde 2013 die Talsohle durchschreiten und Ende des Jahres „zum Wachstum zurückkehren“.
Griechenlands Wirtschaft schrumpft bereits im sechsten Jahr in Folge. Auch für das laufende Jahr erwarten Experten unter dem Strich ein Minus. Dennoch bescheinigt beispielsweise der Internationale Währungsfonds (IWF) als einer der größten Geldgeber dem überschuldeten Land „bewundernswerte“ Sparanstrengungen. Kürzlich mahnte IWF-Chefin Christine Lagarde weitere Strukturreformen an, um Wettbewerbshürden abzubauen. Das könne die Produktivität steigern und die Preise senken.
Agrarminister Tsaftaris weiß, wovon Lagarde redet. „Wir versuchen auf der einen Seite die Qualität unserer landwirtschaftlichen Produkte zu verbessern und auf der anderen Seite die Bauern von bestehender Bürokratie zu befreien.“ In Pilotprogrammen für einzelne Erzeugnisse wie Olivenöl werde zunächst analysiert, wo die bürokratischen Hürden sind – beispielsweise Lizenzen oder Genehmigungen, für die bislang viele Behördengänge nötig sind. Als eine mögliche Lösung in einem solchen Fall habe sich eine „Single Window“-Option bewährt, also ein zentraler Ansprechpartner für alle Fragen.
Die Landwirtschaft trägt zwar lediglich vier Prozent zum griechischen Bruttoinlandsprodukt bei. Damit liegt der Anteil aber doppelt so hoch wie im europäischen Durchschnitt. Um aus der Krise zu kommen, muss das Land, das viel mehr Waren einführt als ausführt, sein Handelsdefizit verkleinern. Der Anteil von landwirtschaftlichen Produkten am Export liegt bei gut 20 Prozent. Mit mehr als 430 000 Tonnen jährlich und einem Weltmarktanteil von 16 Prozent ist Griechenland drittgrößter Hersteller von Olivenöl. Deutschland ist mit 12,9 Prozent (2011) der zweitgrößte Abnehmer griechischer Agrarprodukte.
Ein Teil des aktuellen Exportanstiegs geht nach Tsaftaris’ Einschätzung auf Bürokratieabbau zurück. Noch wichtiger sei jedoch die verbesserte Qualität der Produkte und die richtige Vermarktung. So bekommen Landwirte etwa Schulungen im ökologischen Landbau, um ihre Produkte in höheren Preissegmenten ansiedeln zu können. Weil sie sich nicht an EU-Normen und Erntehöchstmengen hielten, konnten beispielsweise viele Winzer ihre Rebsäfte lange Zeit nur als „Tischwein“ auf den Markt bringen. Das ist die niedrigste Qualitätsstufe in der EU.
Den neuen guten Ruf griechischer Weine, Öle, Früchte und anderer Erzeugnisse sollen vor allem Touristen in ihre Heimatländer tragen. Hotels sollten verstärkt regionale Produkte verwenden oder in ihren Shops anbieten, fordert Tsaftaris. Unabhängig vom Erfolg dieses Marketings kostet es zumindest kaum Geld – in der derzeitigen Wirtschaftslage ein wichtiger Aspekt.
Geld gibt die Regierung in Athen hingegen aus, um die Landbevölkerung zu stärken. Zu Zehntausenden hat die tiefe Wirtschaftskrise die Menschen aus den Städten getrieben. Gut jeder vierte Grieche ist arbeitslos, bei den unter 25-Jährigen ist es sogar jeder Zweite. Etwa 10 000 von ihnen habe der Staat inzwischen gefördert, etwa indem er ihnen verbilligte Kredite für einen Neustart in der Landwirtschaft ermöglicht habe, sagt der Minister. Zusätzlich locke man junge Akademiker, damit sie mit ihren Fähigkeiten die Agrarwirtschaft nach vorne bringen. Ohne die nötige Infrastruktur werden aber auch sie Missstände, die sich über Jahrzehnte entwickelt haben, nur schwer beheben können. Dass ein großer Teil des griechischen Olivenöls bislang nach Italien geht und von dort im Verschnitt mit italienischem Öl zum Beispiel nach Deutschland exportiert wird, liegt laut Experten nicht an der schlechten Qualität. Sondern an nicht vorhandenen oder veralteten Abfüllanlagen.
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Das ist doch schön. Etwas weniger Politik und Bürokratie und schon läuft es.