Abenteuer Griechenland: Jasmin Zoll arbeitet ein Jahr lang für die Naturschutzorganisation WWF

Jasmin

Quelle: Haller Tageblatt

Seit Oktober lebt Jasmin Zoll (19) in Griechenland. Die Hallerin arbeitet für die Naturschutzorganisation WWF. Hier berichtet sie über ihren Freiwilligendienst, ihre Ausflüge und das Leben in Südosteuropa.

Autor: JASMIN ZOLL | 27.05.2013

Europäische Zusammenarbeit, das Kennenlernen fremder Kulturen, ehrenamtliches Engagement und jede Menge Abenteuer – dafür steht das Programm des Europäischen Freiwilligendienstes (EFD). Auch ich freute mich auf viele neue Erfahrungen, als ich im Oktober letzten Jahres vom Südwesten Deutschlands in den Nordosten Griechenlands flog, um dort ein Jahr für den WWF (World Wide Fund For Nature) zu arbeiten. Ich hatte mir ein Projekt mit dem Schwerpunkt Umweltschutz in Dadia ausgesucht, einem idyllischen Gebiet, das auch Vogelparadies genannt wird. Im Nationalpark um das 800-Einwohner-Dorf herum, sowie im Delta des Evros, einem Grenzfluss zur Türkei, kommen zahlreiche seltene und exotische Vogelarten wie Flamingos, Pelikane, Adler und Geier vor.

Unterkunft

Ruinen des Zeustempels in Olympia

Mit fünf weiteren Freiwilligen aus ganz Europa wohne ich in einer Wohnung, die wir liebevoll „das Nest“ nennen. Anders als der Name vermuten lässt, ist es dort allerdings nicht sonderlich gemütlich. Im Winter herrschte aufgrund schlechter Isolierung frostige Kälte und auf die alten Ölöfen war nicht immer Verlass. Für unser Badezimmer wurde uns erst zu Ende des Winters ein Gasofen zur Verfügung gestellt. Probleme wie schlechte Isolierung, Kälte und Schimmelbefall treten in vielen griechischen Häusern auf. Sie sind die Folge einer typisch griechischen Herangehensweise: Beim Bau wird nicht langfristig geplant, nicht gewissenhaft gearbeitet und die Hauptsache ist, dass es wenig kostet. Andere Freiwillige

Interessante Leute aus ganz Europa habe ich zum einen während Seminaren in Athen kennengelernt; sie begegnen mir aber auch in meinem unmittelbaren Umfeld. Die meiste Zeit habe ich mit zwei Spaniern, einer Französin, einem Italiener, sowie einem weiteren deutschen Freiwilligen aus dem Norden der Republik zusammengewohnt und -gearbeitet. Zu einigen von ihnen pflege ich inzwischen eine enge Freundschaft. Da die Freiwilligen jedoch nach und nach durch Neuankömmlinge ersetzt werden, musste ich im März bereits von zwei Freunden Abschied nehmen. Dafür wird eine Schottin bald dafür sorgen, dass frischer Wind in unserem Nest weht. Es ist üblich, dass sich die Freiwilligen gegenseitig besuchen und so die Gelegenheit nutzen, unterschiedliche Regionen des Landes zu erkunden. So werde ich bald in den Süden Griechenlands reisen und dabei den Franzosen Dorian sowie den Deutschen Andreas besuchen.

Lebensart und Kultur

Das Dorf Dadia ist stark konservativ-orthodox geprägt. Dieser Eindruck spiegelt die griechische Kultur gut wider. Griechenland hat nur elf Milllionen Einwohner, die vor allem auf dem Land leben und ganze 98 Prozent der Bevölkerung sind orthodox. Der Großteil der Griechen ist offen und gastfreundlich – wenn es auch als ungewöhnlich angesehen wird, wenn eine junge Deutsche dort auftaucht, wo Männer ihre bis zu drei Stunden dauernde Kaffee-Zigarette-und-Brettspiel-Zeremonie abzuhalten pflegen.

Während der Feste und Feiertage erlebt man das Volk singend, zu traditioneller Musik tanzend und trotz Krisenzeiten heiter und lebensfroh. Wenn Griechen feiern, geschieht das meist in den Tavernen, für die nicht nur reichlich Fleisch, Feta und Wein kennzeichnend sind, sondern auch Serviettenregen oder das Tanzen auf Tischen.

Mentalität

Viele Griechen nehmen die Dinge nicht so ernst und vermeiden Stress. „Gehen wir es langsam an“, ist ihr Lebensmotto. Dass auf Versprechen und Pflichtbewusstsein der anderen Verlass ist, erwarten viele gar nicht erst. Sie sind Lebenskünstler, stets improvisierend. „Warum sollte ich mir die Mühe machen, einen Gegenstand von seinem Platz zu entfernen, nur weil ich der Meinung bin, er könnte an eine andere Stelle besser passen? Jeder Ort ist ebenso gut wie ein anderer“, erklärte mir der Ehemann einer WWF-Mitarbeiterin.

Poseidon-Tempel

Kontakt zu den Einheimischen

Im Rahmen meines Freiwilligendienstes nehme ich Unterricht in griechischer Sprache. Zwei Stunden pro Woche lerne ich Grammatik und Vokabeln. Nach einigen Monaten konnte ich mich im Alltag verständigen. Um mit den Griechen ins Gespräch zu kommen, ist das Beherrschen ihrer Muttersprache jedoch nicht unbedingt notwendig. Zahlreiche Griechen haben nicht nur Verwandte und Bekannte in Deutschland, sondern sprechen auch recht gut Deutsch, weil sie einige Zeit in Deutschland verbracht haben, um dort Geld zu verdienen. Mit unserem Gemüsehändler, Polizisten oder wildfremden Menschen, denen ich im Bus begegne, kann ich mich so auf Deutsch unterhalten.

Seit Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise ist der Gedanke, im Ausland eine neue Existenz aufzubauen, unter Griechen weit verbreitet. Deutsch ist in der Schule beliebter als Englisch und viele Griechen planen, eines Tages in das wohlhabende Deutschland auszuwandern. Frustration, Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit haben ihr Heimatland im Griff. In ihrer Verzweiflung lassen sich viele zu antieuropäischen Einstellungen, Anarchismus oder gar Rassismus hinreißen. Nicht selten werden Deutsche und Franzosen als diktatorische Imperialisten Europas angesehen, die für den schlechten Zustand des Landes verantwortlich seien und deren Einfluss man unterbinden müsse. Selbst meine Mentorin Rodoula, eine 29-jährige Griechin, befürwortet einen Austritt Griechenlands aus der EU. Und das, obwohl der EFD und damit auch ihre Arbeit von der europäischen Kommission finanziert wird.

Freizeit und Urlaub

Neben den alltäglichen Abenteuern im Nationalpark, wie dem Durchqueren von Piniendickicht, Flussläufen oder felsigen Landschaften, nutze ich die Gelegenheit zu reisen und neben der Region Evros weitere einzigartige Orte zu erkunden. Die Stadt Thessaloniki, die ich der Hauptstadt Athen wegen ihrer Architektur, Kultur, Infrastruktur und der Lage am Thermaischen Golf vorziehe, habe ich mehrmals besucht. Da ich sehr nahe an der griechisch-türkischen Grenze lebe, habe ich eine Städtereise nach Istanbul, in die orientalisch geprägte Stadt zwischen zwei Kontinenten, unternommen.

Im April habe ich während eines Ausflugs auf den Peloponnes den Süden des Landes erkundet: Bei Kalamata, wo die Temperaturen schon den Besuch am Strand und eine Erfrischung im Meer ermöglichen, habe ich aufregende Tage mit rund 20 weiteren Freiwilligen erlebt. Die faszinierende Welt des antiken Messini und des antiken Olympia und die an Olivenhainen und exotischen Pflanzen reiche Landschaft haben mich verstehen lassen, warum der Peloponnes nicht nur von seinen Bewohnern das „Paradies auf Erden“ genannt wird.

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