Von Edit Engelmann
„Die griechische Literatur kämpft ums Überleben“ – titelt gestern die Süddeutsche Zeitung und führt dann als Beispiele an, dass viele Buchläden in Athen auf Grund der Krise schliessen mussten.
Soweit, so gut und so richtig. In der Tat haben viele Läden inzwischen geschlossen, verkleinert oder ganz aufgegeben. Von Schriftstellern ist zu hören, dass sie zeitweise ziemlich lange auf ihre Tantiemen warten – denn den Verlagen ginge es nicht minder gut als den Schreibern. Es geht eben ums Überleben – überall.
Das jetzt in Bezug auf Griechenland darauf zu schieben, dass die eingesandten Manuskripte dilettantisch sind und beim Verleger keine gute Literatur mehr eingeht, klingt ein wenig heuchlerisch. Zumal, wenn gleichzeitig behauptet wird, dass die Verleger sich auf die Kundenwünsche einspielen und eben mehr Sachbücher über die Krise drucken – also genau die, die angeblich von Debütanten geschrieben sind. Sofort danach wird festgestellt, dass nur Qualität darauf hoffen könne, die Krise zu überleben.
Die jungen Schriftsteller hätten Angst, sich mit den Problemen der Griechen auseinanderzusetzen? Ja – was wollen wir denn jetzt? Gute Literatur oder Krisen-Bestseller?
Mit keinem Wort wird erwähnt, dass auch der griechische Buchhandel in der Zwischenzeit mit dem Phänomen der elektronische Medien genauso zu kämpfen haben wird wie andere Verleger in anderen Ländern auch. Selbstpublisher erobern sich ihr Publikum, Book on Demand hat Hochkonjunktur. Ähnlich wie der Bürgerjournalismus im Zeitungswesen Einlass gefunden hat und mit den gelernten Journalisten konkurriert, haben sich die schreibbegeisterten Hobbyautoren ihren Markt erobert. Wer will behaupten, dass nur studierte Schriftsteller jemals gute Schriftsteller wären. Bürgerschriftsteller und Hochliteraten haben schon immer auf dem Büchermarkt gleichermassen ihre Gassenhauer gelandet. Und ein bekannter Schriftsteller war oftmals mehr Garant für den Umsatz als für die Qualität.
Vielleicht ist es ganz einfach an der Zeit, dass sich Buchhandel und Verlagswesen auf die Tatsache einstimmen, dass sie nicht mehr marktbestimmend sind. Dass es nicht mehr ihr Geschmack ist, der zählt. Dass sie dem Volk nicht mehr vorkauen können, was Literatur ist und was nicht. Seit dem Einzug des gemeinen Bürgers in die hohe Kunst des Schreibens hat das elektronische Medium Internet dafür gesorgt, dass die Karten neu gemischt werden. Verlag und der Buchhandel bestimmen immer weniger, was gefällt und gekauft wird. Diese Auswahl fällt mehr und mehr dem Leser zu.
Dass es in Griechenland ein reges Interesse an Literatur jeder Art gibt sieht man am 1. Deutsch-Griechischen Lesefestival Kreta, das Ende September erstmals in Paleochora ausgerichtet wird. Griechische und deutsche Schriftsteller jeglicher Genre – sowohl klassische Verlagsautoren als auch sogenannte Indies – tummeln sich, reichen ihre Werke ein und stellen sich vor. Und das zuhörende Publikum? – Wird zahlreich sein, wenn man der ersten Resonanz vertrauen darf.