Mezedakia – Ein Kochbuch

Von Raphaela Horvath. Wir haben ein eigenes Kochbuch! Hier mehr:

The making of … Mezedakia

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Ein schönes Buch von Raphaela und Dietmar

Schon lange hatte ich die Idee, Mezedakia – besondere Vorspeisen vom Nordwesten von Kreta mit den Originalrezepten von meinen Nachbarinnen und Freundinnen aufzuschreiben. Meine liebe Freundin Kati, die begnadete Hände für Kunsthandwerk und wunderschöne Bilder hat fragte mich, ob sie die Illustrationen für das kleine Kochbuch gestalten soll. Sie kennt Kreta und vor allem die Farben von Kreta. Die Idee brachte noch mehr Schwung in die Verwirklichung und so war es in diesem Sommer soweit: ich machte mich ans Werk, stellte die Idee meinen Freundinnen, Nachbarinnen und Bekannten vor und fragte, ob sie Lust hätten und mitgestalten möchten.

Gemeinsam ein Kochbuch gestalten, aus der Region Kolympari/Chania – die Resonanz war überwältigend!!!

In unseren Plänen hätten wir ein dickes Buch gestalten können, Rezepte sind reichhaltig vorhanden. Wir wollten jedoch erst einmal mit 40 Vorspeisen beginnen. Es gab wunderschöne, kulinarisch köstliche Begegnungen und vor allem haben wir viel und herzhaft gelacht.

Eine Begebenheit will ich hier erzählen:

der griechische Informationsaustausch am Telefon hat Ähnlichkeit mit einem Telegramm – hauptsächlich werden Substantive ausgetauscht. So klingelte an einem heißen Nachmittag im Juli mein Telefon und dran war Maria (welche Maria? – ich kenne locker 10 Marias): „Maria, Deine Nachbarin“ (da sind immer noch 4 Marias zur Auswahl) an ihrer schönen dunklen Stimme erkannte ich dann doch schnell die „richtige“ Maria, die fragte „hast Du schon Gemista in Deinem Kochbuch, Nein? dann morgen mit Deinem Fotoapparat – wieviel Uhr?“

Wir einigten uns auf späten Vormittag, 11 Uhr und gesagt, getan. Am anderen Tag schob ich mich in der Sommerhitze, bewaffnet mit meiner Kamera den Hang hoch, erreichte den Eingang durch die Küche und erblickte Ausnahmezustand – die Küche sah aus nach Großeinsatz: alles war zurechtgelegt – alles Unnötige aus der Küche verbannt! Eine große Glasplatte (für die Hygiene) auf dem Küchentisch mit wunderschöner Blumentischdecke (für die Schönheit), überall große Schüsseln, mehrere Tapsis (Backformen), Tücher zum späteren Auslegen von? (Das wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht) … Das letzte Mal hatte ich die Küche so vorbereitet gesehen bei der Zubereitung der Speisenfolge zum Namenstag von Thanasi, dem Ehemann, mit 25 Gästen am Tisch.

Maria mit Tochter Eleni waren bereit zum Einsatz und – natürlich – an einer Ecke der Küche saß auf einem typisch kretischen Küchenstuhl geklemmt, Erofili, eine alte Nachbarin, die vom Anlass des Großeinsatzes wusste und das Ganze mit Kommentaren, guten Ratschlägen und Geschichten von früher schmückte.

Es wurde ein wundervoller Vormittag, wir füllten gemeinsam Tomaten, Paprika, Zucchini und Kartoffeln mit der Füllung – Spezialrezept von Maria – und ich lernte, wie man die Weinblätter wickelt, damit sie beim Garen und anschließenden Herausnehmen nicht wieder auseinander fallen. Und das ist nicht einfach und dauert!

Gemista – gefülltes Sommergemüse – („Jemistà“ gesprochen, was so viel heißt wie „gefüllt“) ist auf Kreta eine klassische Vorspeise das ganze Jahr über und ein typisches Sommer-Mittagessen. Gefüllt wird alles an Gemüse aus dem Garten, was sich füllen lässt, Tomaten, Paprika, Zucchini, kleine Auberginen, Kartoffeln und – sobald die jungen, hellgrünen Weinblätter – ungespritzt – groß genug sind, damit überhaupt etwas Reisfüllung eingewickelt werden kann, auch Dolmadakia.

Dolmades sind gefüllte Weinblätter und seit ich nun weiß, wieviel Arbeit und Zeit darin steckt, verstehe ich die Haltung der Hausfrau beim Auflegen von Gemista für die Familienmitglieder am Essenstisch – es ist ein sich wiederholendes Ritual:

Wenn man „dran“ ist, kommt die Frage der Hausfrau am Herd mit „Was möchtest Du haben?“ Dann folgt die Bestellung z.B. „viel Dolmades“ – und schwupp, hüpft auf den Teller auch eine gefüllte Zucchini, Tomate oder/und Kartoffel …und erst dann werden Dolmades aufgelegt … mit den großen gefüllten Gemüsestücken wird man satt – die kretischen Dolmadakia sind so groß wie ein kleiner Finger … schmecken köstlich und da würden EINIGE mit „Joghurt plires“ (10% Sahne) auf einen Teller passen.

Im festgelegten Ritual für die 2. Tellerrunde werden die großen gefüllten Stücke angeboten, denn nur die bleiben übrig, selten Dolmades. Und ich hatte mich immer gewundert, warum auch scheinbar nicht so beliebte gefüllte Gemüsestücke (Kartoffeln z.B.) zubereitet werden, wenn jeder lieber nur Dolmades isst … na gut, auch in 30 Jahren Kreta gibt es noch zu lernen … wieder etwas mehr verstanden.

Und warum alle freien Ablabeflächen der Küche mit Tüchern abgedeckt waren?

Fertig mit Gemista, haben wir noch die süßen Tiropita mit Thymianhonig, Seite 18 im Rezeptbuch gemacht … das ist jedoch eine andere Geschichte und ich war erst 15 Uhr, rechtzeitig zu einer späten Sommerhitze- Nachmittags-Ruhestunde zurück in meinem Haus.

Das war nun die Geschichte zum „Making of“ von Gemista auf Seite 24 in meinem Rezeptbuch und nicht die einzige schöne Erinnerung an diesen Sommer. 

Auf jeden Fall sind in diesem Büchlein nur solche Rezepte ausgewählt, die ohne großen Beschaffungsaufwand mit unseren Lebensmitteln hier ganz einfach nachgekocht werden können und auch herrlich schmecken – allerdings – ohne ein gutes kretisches Olivenöl als Geschmacksträger geht es nicht. Und falls in der Nähe erreichbar, hat ein türkischer oder griechischer Lebensmittelhändler Weinblätter eingelegt im Glas zu verkaufen – ansonsten füllt man das übrige Sommergemüse mit der Reismischung und verteilt … siehe oben.

Ein schönes Geschenk für alle KochbuchliebhaberInnen und Kretafans in unserem Shop erhältlich.


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