Buchtipp: „Vier Tage Mytilini“, von Nikos Papadakis.

Nikos stellt vor….. „Vier Tage Mytilini oder Das Bewusstsein der Ohnmacht“, das neueste Buch von Niko Papadakis.

Laut einer Studie sollen fast 80 Prozent aller Menschen schon einmal ein Déjà-vu Erlebnis gehabt haben. Ein Gefühl, etwas schon mal erlebt und nicht geträumt zu haben.

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Nikos Buchtipp

Vor knapp vier Wochen, es war mitten in der Nacht, noch nicht ganz drei Uhr, stand ich auf und wusste: Fertig geschlafen, bin fit. Welt, ich komme. Ich sah, wie ein diffuses Licht aus dem Wohnzimmer schien. Und als ich dem Licht folgte, sah ich mich am Notebook sitzen und süffisant lächeln. „Hallo Niko,“ sagte ich, „was machst Du da?“ Und mein Ich schaute mich lächelnd an und erwiderte: “Ich lese den letzten Absatz des neuesten Buches.“ „Mitten in der Nacht?“ fragte ich meinen Doppelgänger oder was immer es auch war. „Warum nicht,“ sagte er. „Das Buch ist uns echt gelungen. Ich finde, wir haben die besten Gedichte geschrieben, seit wir schreiben.“ Ich traute weder meinen Augen noch Ohren. Da sitzt ein Typ bei mir im Wohnzimmer, sieht aus und spricht wie ich und besitzt die Frechheit zu sagen, dass er an dem Buch „Vier Tage Mytilini“ mitgeschrieben hat. Er bemerkte mein Erstaunen und meinte: „Komm, ich sehe, dass Du immer etwas über Dich wissen wolltest. Frage mich und ich werde Dir etwas über uns erzählen.“

Und ich stellte mir vor, ich wäre ein Kolumnist von Radio Kreta und stelle Niko Papadakis einige Fragen.

Reporter: Das aktuelle Buch beinhaltet Kurzgeschichten und Gedichte, stimmt das?

Niko: Ja, der erste Teil ist eine erfundene Geschichte mit realen Personen.

Reporter: Kannst Du uns etwas Näheres dazu sagen?

Niko: Gerne, wir haben vor ca. drei Jahren auf Lesbos Pater Nikodemus kennen gelernt. Er ist vielleicht der heiligste Mensch, dem ich je begegnet bin. Wir haben uns im Kafenion getroffen, und diese halbe Stunde hat meiner Frau und mir sehr viel gegeben. Wir haben uns später über den alten Pfarrer erkundigt und so war die Basis geschaffen, diese vierzehn Kurzgeschichten zu schreiben.

Reporter: Und die anderen Personen in den Geschichten?

Niko: Es sind alles Personen, die mit mir und meinem Umfeld zu tun haben. Sie heißen vielleicht nicht Vangelio oder Thanasis, aber diese Personen gibt es schon.

Reporter: In den Geschichten ist auch etwas Mystisches zu erkennen.

Niko: Als meine Eltern nach Deutschland gingen, Anfang der Sechziger Jahre, da musste ich ein halbes Jahr bei meiner Großmutter Olga in Florina leben. Dort habe ich vieles von ihr aufgeschnappt. Sie erzählte gerne geheimnisvolle Geschichten und Märchen und ich habe versucht, diese in den hintersten Winkeln meiner Erinnerungen verborgenen Geschichten mit meinen Worten aufzuschreiben und in die Geschichten in „vier Tagen Mytilini“ einzubauen.

Reporter: In der Geschichte „Das Opfer“ lässt Du den Freiheitskämpfer Kolokotronis aufleben. Braucht Griechenland einen Kolokotronis heute?

Niko: Ein eindeutiges Ja. Griechenland wird momentan zu Tode gespart. Die Jugendarbeitslosigkeit ist erschreckend hoch und die Flamme der Hoffnung ist am Erlöschen.

Reporter: Du sprichst auch von Deiner Heimatstadt Florina. Warst Du irgendwann wieder dort?

Niko: Ja, fast genau fünfzig Jahre später. Das Haus, das wir bewohnten, habe ich nicht gefunden, aber das Krankenhaus, in dem ich geboren bin und den Sportplatz, auf dem mein Vater Fußball spielte. Aber sonst hat sich die Stadt massiv verändert. Ein halbes Jahrhundert hinterlässt Nebelschleier.

Reporter: Zurück zum Buch. Der zweite Teil beinhaltet 31 Gedichte und trägt den Titel: Die unsichtbaren Grenzen der Seele.

Niko: Ja und ich bin besonders glücklich, diese Gedichte geschrieben zu haben. Hierin stecken sehr viele Empfindungen und Emotionen.

Reporter: Manche Gedichte sind sehr beklemmend.

Niko: Ich nenne es nicht beklemmend, sondern ich nenne es ehrlich.

Reporter: Eine Textpassage aus dem Buch lautet: “…die Sinnlichkeit, die sie in den Büchern fand und in all ihren Träumen ersehnt hatte, blieb ihr versagt. Anstand und die Entschlossenheit, stets das Richtige zu tun, war die brennende Wahrheit. Eine leidenschaftslose Leidenschaft im Bewusstsein der Ohnmacht.“

Niko: Ich will damit sagen, dass man sich niemals aufgeben soll. Ohnmacht macht ohnmächtig, wenn man es zulässt.

Reporter: Das vorliegende Buch ist dein elftes?

Niko: Nicht ganz, es ist eigentlich das zehnte. Das Bändchen „Griechische Wurzeln“ ist lediglich ein kurzer Querschnitt über das bisher geschriebene.

Ich bemerkte, dass ich doch noch nicht ganz fit war. Die Uhr zeigte fünfundzwanzig Minuten nach drei und so beschloss ich, mich noch einmal hinzulegen. Der imaginäre Niko war auf einmal verschwunden. Das Notebook war ausgeschaltet.

Viel Neues habe ich über mich nicht erfahren, fand es jedoch sehr interessant, sich aus der Spiegelperspektive zu sehen. Mein Déja- vu- Erlebnis hatte ich Kostas erzählt, als er anrief und meinte, er hätte im Internet das Cover des neuesten Buches gesehen. Er meinte dazu nur:

Lieber Gott wir haben nur ein Leben. Danke, dass ich es als Grieche leben darf.

Euer Niko