Wir sind wieder angekommen!
Das im letzten Jahr zurückgelassene Gepäck steht schon im Zimmer. Es ist aber nicht nur das Gepäck – auch einen Sack voller Gefühle hatten wir zurückgelassen. Schnell sind diese Gefühle wieder lebendig, der Geist von Paleochora fängt uns wieder ein und wir lassen es gern mit uns geschehen.
Auch die Freunde, mit denen wir uns alljährlich treffen, empfinden ähnlich. Eine Gemeinschaft aus Gleichgesinnten ist mehr als eine Urlaubsbekanntschaft, und sie wächst von Jahr zu Jahr.
Der Charme von Paleochora fängt uns wieder ein. Für uns sind es nicht nur flüchtige Urlaubswochen, es ist ein prägender Lebensabschnitt, den wir jährlich herbeisehnen. Wir nehmen Anteil am Leben unserer Freunde, teilen mit ihnen Gefühle und Einsichten. Ein freundliches Nicken beim Wiedererkennen, eine herzliche Umarmung, feste Rituale, die fast schon zur Selbstverständlichkeit geworden sind – wir sind wirklich angekommen! Paleochora rückt uns jedes Jahr ein Stück näher.
In diesem Jahr hat auch das von Jörg und Susanne akribisch vorbereitete Lesefestival dazu beigetragen. Kultur, Sand, Sonne und Meer – ein gutes Zusammenspiel. „So etwas ist in Paleochora“ war der spontane Ausspruch unseres griechischen Freundes. Stolz schwang dabei mit, wertet es doch „seinen“ Ort auf.
Es war ein vielfältiges literarisches Angebot und hatte sogar internationales Flair. Wir hatten das Gefühl, dass in dieser Zeit auch das Autorenteam zu einem Freundeskreis zusammen gewachsen ist.
In der politischen Diskussion über den Frieden war uns allen gemeinsam die Sorge um Europa, die Sorge über die fatalen Auswirkungen des Neoliberalismus, über die Diktatur des Kapitalismus, die Entmachtung der Demokratie und über das Vordringen des Faschismus in Europa. Griechenland, die Wiege der Demokratie, wird heute ferngesteuert von EU und IWF – mit fatalen Auswirkungen vor allem für die, die schon wenig besitzen und für die alten und kranken Menschen.
Das Lesefestival hat aber auch die Besonderheiten Griechenlands hervorgehoben. Wunderbar die Übertragung der Mythen des Homer in die Neuzeit, inspiriert durch den besonderen Reiz von Ithaka. Vorgetragen und ergänzt durch die griechische Lesung, wobei uns der Klang nachhaltig beeindruckte.
Das Chaos der Griechen als Besonderheit ihrer Mentalität in Literatur zu kleiden und humorvoll zu betrachten, war ein weiteres Highlight des Festivals.
Es war ein guter Anfang, er war abwechslungsreich durch die Vielfalt der Beiträge. Das Festival sollte im nächsten Jahr wiederholt werden, vor allem, wenn es wieder von solch liebenswerten Menschen geprägt wird. Durch Mundpropaganda ließen sich bestimmt noch mehr Besucher ansprechen. Wir jedenfalls haben es schon in diesem Jahr versucht und auch Interesse geweckt.
Griechenland und Europa sind uns durch die Beiträge wieder näher gerückt, wir haben Solidarität verspürt und nehmen dieses Gedanken mit nach Hause. Wir wurden wieder freundlich empfangen und haben auch unser Mitgefühl durch kleine Zuwendungen und persönliche Spenden deutlich gemacht.
Europa gehört zusammen, es darf nicht auseinander driften. Viele solch kleiner Veranstaltungen mögen dazu beitragen, den Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt zu stärken. Die Menschen stehen im Mittelpunkt, in ihrem friedvollen und gerechten Miteinander – nicht das Kapital, die Lobbyisten und Plutokraten. Die internationale Vielfalt Paleochoras und das gute Miteinander mögen ein Beispiel für Europa sein. Ein Wunsch zwar, aber warum soll er eigentlich nicht in Erfüllung gehen?
Packen wir es einfach an und erzählen es weiter, dann haben wir schon wieder neue Mitstreiter.
Europa ist zu schön, als es durch Hass zu verunstalten! Radio Kreta hat einen guten Beitrag dazu geleistet. Machen wir in diesem Sinne weiter – wir alle!
Das wünscht sich
Euer Pit
Und wer mehr über das Chaos wissen will, der/die liest „Chaos ist ein griechisches Wort“ von Melitta Kessaris.