Pit erzählt – Europa muss von unten beginnen.

Von Pit Tönnemann

Vor über einem Jahr habe ich meine erste Geschichte für Radio Kreta geschrieben. Unter dem Titel „Europa beginnt von unten“ habe ich die Eindrücke gesammelt, die ich im Umgang mit vielen Menschen in Paleochora gewonnen hatte. Für mich waren die Erlebnisse Impulse für ein menschenwürdiges und friedliches Europa.

Jetzt nach dem Brexit in Großbritanien scheint es auch wieder bei den Politikern in Brüssel angekommen zu sein. „Wir müssen uns wieder um die Menschen kümmern“

Anidri Beach West
Der Strand von Anidri bei Paleochora.

Das bedeutet doch, dass man es all die Jahre versäumt hat. Der Gedanke an Gewinn, Finanzen, Börsenwerte, Bankenrettung, Wachstum und Gier haben die Gefühle für Mitmenschlichkeit, Friedfertigkeit, Hilfsbereitschaft, Barmherzigkeit und Solidarität verdrängt.

Das sind doch die Grundlagen einer echten, menschenwürdigen Demokratie.

Lobbyismus und Intransparenz, Geheimverhandlungen bei der Vorbereitung von Freihandelsabkommen, Neoliberalismus und Austerität haben eine Plutokratie zementiert. Die Reichen sind reicher und die Armen ärmer geworden. Und dann steht auch noch an der Spitze der EU ausgerechnet der Mann, der sein Land einst zum Steuerparadies in Europa machte.

Milliarden wurden für Griechenland bereitgelegt, aber das Geld dient in erster Linie dazu, dass Kredite zurückgezahlt werden. Daran haben aber auch deutsche Banken Millionen verdient. Nur etwa 5% sind überhaupt in Griechenland angekommen, aber nicht bei der armen Bevölkerung.

Patienten auf der Intensivstation einer Klinik haben vor einiger Zeit nackt auf ihren Betten gelegen, da kein Geld für Krankenkittel vorhanden war.

Auch bei uns in Deutschland ist die Not bei vielen Menschen groß. Eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern, die von Hartz IV leben muss, kommt kaum „über die Runden“, und wenn sie dann vielleicht eine Putzstelle annimmt, wird ihr dieser kleine Verdienst von den Hartz IV Bezügen abgezogen.

Dagegen erhalten Spitzenmanager auch noch Boni, wenn sie mit kriminellen Machenschaften „den Karren in den Dreck gefahren haben“. Ein schönes Europa also!

Und dann erst die Flüchtlingsfrage. Der Ausspruch eines CDU Politikers hat mich entsetzt: „Unsere Politik trägt Früchte. Es kommen immer weniger Flüchtlinge an“. Ja, es kommen wirklich weniger Flüchtlinge an, weil jetzt wieder mehr Menschen im Mittelmeer ertrinken oder vor Stacheldrahtzäunen im Schlamm stranden.

Entschuldigt die harten Worte, aber es macht einfach wütend.

Was ist mit den vielen jugendlichen Arbeitslosen im Süden Europas? Nur Investitionen schaffen letztendlich Arbeitsplätze, eine extreme Sparpolitik, und die Knebelung durch EU, IWF, Schäuble und Merkel, verbauen gerade den jungen Menschen in Portugal, Spanien und Griechenland eine hoffnungsvolle Zukunft in Europa.

Wer schafft letztlich den Wohlstand? Es ist doch die arbeitende Bevölkerung und gerade diese bekommt am wenigsten zurück. Solidarität und ein soziales Bewusstsein sind gefordert.

Nicht die Börsenberichte und Aktienkurse dürfen die täglichen Nachrichten bestimmen. Die wenigsten Menschen in Europa besitzen Aktien – ihre Sorgen und Nöte sind ganz anderer Art.

In dem Bewusstsein, dass sich etwas ändern muss, muss Europa zusammenfinden und das geschieht tatsächlich nur von unten. Nicht jedoch unter der Hetze und dem Hass rechter Demagogen.

Die Friedfertigkeit all der Menschen aus vielen Teilen Europas, wie sie in Paleochora zu spüren ist, möge in Europa allen Menschen zugute kommen.

Runder Tisch Buchhandlung Ruebezahl

Das wünscht Euer Pit und seine Freunde Helmut, Volkmar, Johannes, Amadeus und Christoph aus Dillenburg vom Runden Tisch in der Buchhandlung Rübezahl.

„Diese Stimme richtet sich nicht nur an Griechen, sondern an alle wahrheitsliebenden und rechtlich denkenden Menschen der Welt. Denn der Augenblick, den die Menschheit jetzt durchlebt, ist entscheidend; die Welt stellt heute ein so einheitliches Ganzes dar, dass kein Volk sich retten kann, wenn nicht alle gerettet werden – und wenn ein Volk zugrunde geht, kann es alle übrigen mit sich in die Tiefe reißen.

Für immer vorüber ist die Zeit, wo ein Volk sich isoliert halten konnte, wo es für sich allein Rettung oder Untergang finden konnte. Deshalb – wer heute zu den Menschen seiner Nation spricht, der spürt, dass er zugleich zu den Menschen aller Nationen redet.“ (Nikos Kazantzakis)

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