Heute gibt es mal wieder einen wirklichen Anlass zum Feiern – aber auch zum Nachdenken. Einer der ganz großen deutschen Musiker und politischen „Revoluzzern“ wird sage und schreibe 70 Jahre alt: Konstantin Wecker. Grund genug, sein bisheriges Leben im relativen Schnelldurchlauf zu würdigen, was wir auch gerne tun:
Konstantin Alexander Wecker wurde am 1. Juni 1947 in München geboren und ist ein deutscher Musiker, Liedermacher, Komponist, Schauspieler und Autor. Er gilt neben Reinhard Mey, Hannes Wader und Franz Josef Degenhardt als einer der großen deutschen Liedermacher.
Als einziges Kind von Alexander und Dorothea Wecker wuchs Konstantin Wecker im Münchner Stadtteil Lehel auf und erhielt bereits im Alter von sechs Jahren seinen ersten Klavierunterricht. Mit acht Jahren lernte er Geige und mit 14 Jahren Gitarre spielen. In seiner Kindheit war er Solist im Rudolf-Lamy-Kinderchor; so ist er u. a. als Solist in dem Heimatfilm „Die Trapp-Familie“ zu hören.
Ab 1968 machte er sich in der Kleinkunst-Szene einen Namen, war Mitbegründer der Rock-Soul-Band Zauberberg und ging mit der deutschen Version von Jesus Christ Superstar auf Tournee. Er wurde als Pianist und Sänger bekannt, überzeugte jedoch auch als Komponist von Filmmusiken (z. B. Schtonk!) und Musicals sowie als Autor (Lyrik und Prosa). Seine manchmal melancholischen, oft aber auch anklagenden, manchmal vom Blues beeinflussten Lieder erreichen vor allem ein linkes Publikum. Als Schauspieler wirkte er 1972 bis 1974 beim Krankenschwestern-Report und sechs weiteren Sexfilmen mit.
Im Jahre 1974 gründete er das Team „Musikon“, mit dem er bis 1985 seine Platten und Konzerte selbst produzierte. Im Jahre 1980 siedelte er mit den Musikern und Freunden in die Toskana über. 1977 gelang ihm mit dem Album „Genug ist nicht genug“ der Durchbruch. Wecker wurde dafür im selben Jahr mit dem Deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnet. Die auf dieser LP erschienene Ballade an seinen von Rechtsradikalen erschlagenen Freund Willy wurde Kult. In einem Interview mit der Allgemeinen Zeitung (Rhein Main Presse) vom 24. März 2015 erklärte er, dass Willy noch lebe und teilweise auf seinen Konzerten CDs verkaufe.
Im Jahre 1979 komponierte und spielte Wecker die Musik für das Album „Hagenbuch hat jetzt zugegeben“ des Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch. 1980 heiratete er die Schauspielerin Carline Seiser, von der er 1988 geschieden wurde. Nach den ersten Erfolgen als Liedermacher begann Konstantin Wecker, zeitweilig Kokain zu konsumieren. Eine literarische Aufarbeitung dieses Themas findet sich erstmals in den „Ketzerbriefen eines Süchtigen“.
Er arbeitete mit vielen bekannten deutschen und ausländischen Künstlern zusammen, darunter waren Joan Baez und Mercedes Sosa. Zwischen 1986 und 1993 scharte er eine Band zum Teil aus der deutschen Jazz-Szene um das United Jazz and Rock Ensemble um sich. Darunter waren u. a. Wolfgang Dauner, Charlie Mariano, Johannes Faber, Frank Diez, Stephan Diez, Norbert Meyer, Wolfgang Haffner und Jo Barnikel, aber auch die englischen Musiker Colin Hodgkinson und Pete York.
Drogensucht – Uferlos
In den 1990er Jahren verfiel Wecker der Drogensucht – nach eigener Aussage konsumierte er von 1994 bis zu seiner Verhaftung am 29. November 1995 täglich bis zu 7 Gramm Freebase/Kokainbase und Kokain und litt an Wahnvorstellungen. Bereits in seinem 1993 erschienenen Roman „Uferlos“ mit erkennbar autobiografischen Zügen thematisierte er das Thema Drogen deutlich. Die folgenden Gerichtsverhandlungen zogen sich über Jahre hin. Im April 2000 wurde er in dritter Instanz zu einem Jahr und acht Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Sein 1997 gehaltener Vortrag zum Thema Drogensucht vor Nervenärzten in Erlangen erschien zwei Jahre später unter dem Titel „Es gibt kein Leben ohne Tod“ in Buchform.
Ab dem Jahr 2000 trat Wecker gemeinsam mit Hannes Wader auf. Diese Zusammenarbeit gipfelte 2002 in einem Konzert von Konstantin Wecker, Hannes Wader und Reinhard Mey aus Anlass des sechzigsten Geburtstages Waders in Bielefeld, bei dem auch Jo Barnikel als Pianist mitwirkte. Im Jahr 2010 fand unter dem Titel „Kein Ende in Sicht“ eine Deutschlandtournee mit Hannes Wader, Jo Barnikel, Nils Tuxen und Hakim Ludin statt.
Er komponierte mit Christopher Franke das Musical „Ludwig²“, das am 11. März 2005 in Füssen uraufgeführt wurde, und zuvor das Hundertwasser-Musical (2004). In den letzten Jahren ist er vermehrt solistisch oder mit Jo Barnikel als Begleiter aufgetreten.
In der Festspielsaison 2006 und 2007 war Konstantin Wecker musikalischer Leiter für die Theateraufführungen Faust I und Faust II bei den Bad Hersfelder Festspielen. Er komponierte für diese Stücke die musikalische Begleitung und gab in diesen Jahren jeweils zum Probenbeginn in der Stiftsruine ein Konzert.
Seit dem Wintersemester 2007/2008 hat Wecker an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg einen offiziellen Lehrauftrag angenommen. In seinem Workshop Songwriting unterrichtet er in Komposition und Arrangement. Im Februar 2010 wurde er zu den Münchner Turmschreibern berufen.
Politisches Engagement
Konstantin Wecker engagiert sich in all den Jahren seiner künstlerischen Karriere auch politisch. Er nahm 1982 an der Konzertreihe „Künstler für den Frieden“ teil. In vielen seiner Lieder setzt sich Wecker mit dem politischen Tagesgeschehen auseinander. Seine bekannte Ballade „Willy“ behandelt die Konfrontation der 68er-Bewegung mit rechtem Gedankengut.
Im Januar 2003, zwei Monate vor Beginn des Zweiten Irakkrieges, begab sich Wecker mit einer Gruppe westlicher Künstler in das von dem Diktator Saddam Hussein beherrschte Land, um in Bagdad bei einem vom irakischen Regime politisch instrumentalisierten Solidaritäts-Konzert aufzutreten. Wecker erklärte dazu: „Das ist ein Preis, den man bezahlen muss. Ich weiß nicht, was die irakische Presse publizistisch aus unserem Besuch macht, das ist mir auch egal. Inoffiziell heißt die zentrale Zeitung das ‚Desinfomationsblatt‘. Das wissen auch alle und verstehen es, zwischen den Zeilen zu lesen. Und was kann die irakische Regierung schon damit anfangen, wenn sie Konstantin Wecker vereinnahmen will?“
Konstantin Wecker tritt auf Kundgebungen der Friedensbewegung auf. Mit dem Motto Nazis raus aus dieser Stadt tourte Wecker zusammen mit den Liedermachern „Strom & Wasser“ im Jahr 2006 durch Ostdeutschland. Für Aufmerksamkeit und Diskussionen sorgten die Absagen der Konzerte in Hoyerswerda und in Halberstadt. Das Konzert in einem Gymnasium in Halberstadt in Sachsen-Anhalt wurde gemäß Presseberichten auf Druck von NPD-Politikern und der Ankündigung von Störaktionen nicht genehmigt. Landrat Henning Rühe erklärte zur Begründung, man wolle nicht riskieren, dass die NPD sich das Recht einklagt, ebenfalls in der Schule Veranstaltungen abhalten zu können.
Am 17. Juni 2006 gab es schließlich doch ein Freilichtkonzert in Halberstadt (Düsterngraben). Mit dabei waren auch Hannes Wader, Hans-Eckardt Wenzel, Strom & Wasser (Heinz Ratz) und der afghanische Perkussionist Hakim Ludin.
In der Folge der Auseinandersetzung kam es auf Antrag der Grünen-Fraktion zu einer Debatte im Bundestag über den Rechtsextremismus in Deutschland. Das Konzert in Hoyerswerda sagte Wecker aus Streit um das Motto des Auftrittes ab. Das vorgeschlagene Thema des Veranstalters „Nazis raus aus den Köpfen“ missfiel Wecker, der bei Nazis raus aus dieser Stadt bleiben wollte. Konstantin Wecker ist bisweilen auch Gast auf dem UZ-Pressefest. Am 16. Juni 2007 trat er auf dem Parteitag der Partei Die Linke auf. Im Jahre 2007 beteiligte er sich an der Initiative „Rheinhessen gegen Rechts“.
2010, im Interview mit der Zeitschrift „Graswurzelrevolution“, bekannte sich Konstantin Wecker zur herrschaftsfreien Gesellschaft: „Ich habe mich immer schon, auch in der 68er Zeit, dem Anarcho-Lager zugehörig gefühlt, weil ich als junger Mann von Henry Miller schwer beeindruckt war.“ Er führt weiter aus: „Wir müssen an unseren Utopien einer herrschaftsfreien und gewaltfreien Gesellschaft festhalten, sie zusammen mit anderen weiterentwickeln.“
Konstantin Wecker wurde von der sächsischen Linksfraktion in die 14. Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten am 30. Juni 2010 entsandt. Er sagte seine Teilnahme an der Bundesversammlung jedoch ab.
Trotz des anhaltenden politischen Engagements war Wecker nie Mitglied in einer Partei. In einem Doppel-Interview mit Hannes Wader in der Sonntagsausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 8. August 2010 bekennt Konstantin Wecker, eine Partei könne für ihn niemals eine Heimat sein. „Ich war schon immer der Meinung, dass die Chance des Künstlers darin besteht, bunt malen zu dürfen im Gegensatz zum Schwarz-Weiß der Politik. Für mich wäre eine Parteimitgliedschaft daher auch immer eine Einschränkung gewesen.“
Und noch ein geniales Geburtstagskind des Tages: Ron Wood.