Ein Ausflugs-, Kultur- und Vergnügungstipp: Agios Nikolaos.

Ágios Nikólaos ist ein vorzügliches Beispiel für den Wandel Kretas von einem idyllischen Agrarstädtchen zum Urlaubsparadies.

„Ágios“, wie die Einheimischen kurz und bündig ihre Stadt nennen, hat sich aus einem ehemals verschlafenen Nest und Fischerdorf zu einem modernen touristischen Zentrum entwickelt, das glücklicherweise sein Flair (noch) nicht ganz verloren hat.

Die Stadt in der wunderschönen Mirabello-Bucht mit ihren derzeit ca. 12.000 Einwohnern und die sie umgebende Region sind weiter im Aufwind, was nicht zuletzt auf die traumhafte geographische Lage zurückzuführen ist.

In der Stadt selbst findet man kaum alte Bausubstanz, da sie innerhalb weniger Jahrzehnte vom Dorf zur Verwaltungshauptstadt dese Nomós Lassíthiou und damit zur Hauptstadt Ostkretas explodiert ist. Trotz einiger Hotelbauten und Betonskeletten an den Hängen ist Ágios dennoch kein Touristenort par excellence, wie beispielsweise Limín Chersónisou, sondern strahlt den Charme einer typisch griechischen, geschäftigen Kleinstadt aus.

Der sagenumwobene See

Der Stadtkern gruppiert sich hübsch um den sagenumwobenen Vouliasméni-See.

Der Voulismeni-See in Agios Nikolaos.

Ágios verfügt über ein vielfältiges Angebot für Besucher, wenn auch die Stadtstrände eher dürftig sind; Badewillige sind in der Umgebung, z.B. bei Ammoudára im Süden, besser aufgehoben. Zudem liegt die Stadt günstig zu zahlreichen Sehenswürdigkeiten und Ausgrabungen in der Umgebung, wie z.B. Eloúnda, Spinalónga, Kritsa, Lató und Panagía Kéra.

Ein bisschen Geschichte

Auch wenn es vordergründig nicht den Anschein hat: Ágios Nikólaos hat durchaus eine lange Geschichte vorzuweisen.

Im 3. Jh.v.Chr befand sich hier der Hafen der wichtigen antiken Stadt Lató, die damals „Lató pros Kamára“ hieß. Bedeutende Funde, meist aus dem 1. Jh. n.Chr. , wurden in der Nekropole gemacht. Da auch spätantike Quellen den Ort Kamára, die kleine Hafenstadt, noch als Zentrum im Osten nennen, wird er demnach seine Bedeutung als Hafen auch in römischer und frühbyzantinischer Zeit nicht eingebüßt haben.

Panagia Kera.

Die Überreste der antiken Akropolis hat man im Südosten des Hafens ausgemacht, wo im 13. Jahrhundert die Genueser zum Schutz ihres Handelspostens ein Kastell, das „Castello di Mirabello“, östlich des Voulisméni-Sees, errichtet haben. Auf diese Burg geht der Name „Mirabello-Bucht“ zurück, hatte man doch von hier oben einen traumhaften Rundblick (it. „mira“ – Ausblick/Sicht, it.  „bello“ – schön).

Die rauhe Küste rund um Agios Nikolaos.

Als die Venezianer zu Beginn des 13. Jahrhunderts die Insel übernahmen, ließen sie das Kastell erweitern und den Ort als Versorgungsstation für die Festung Spinalonga und als Handelshafen ausbauen. Damals wurde die Stadt umbenannt: aus „Maudráki“ wurde „, angelehnt an den Namen einer kleiner, nördlich gelegenen Kirche, dann „Àgios Nikólaos“.

Während der Eroberung Kretas durch die Türken Mitte des 17. Jahrhunderts, wurden das Kastell und die Mauern zerstört, so dass heute nur noch wenige Ruinen erhalten sind. Den Ort selbst hatten die Einwohner während der Türkenzeit wegen andauernder Seeräubergefahr verlassen – Ágios Nikólaos schien in Vergessenheit zu geraten.

Ammoudara Beach bei Agios Nikolaos.

Zuwanderungen aus Westkreta ließen ab 1870 die Stadt wie „Phoenix aus der Asche“ wieder auferstehen. Ausgelöst wurde die Zuwanderung angeblich durch die damals in der Sfakiá besonders gern und häufig praktizierte Blutrache (Anm.d.Red.: kann auch heute noch passieren…). 

Der Beginn des moedernen Ágios Nikólaos reicht in das Jahr 1904 zurück, als man den aufstrebenden Ort zur Hauptstadt des Verwaltungsbezirks Lassíthi machte. Mit dem Einsetzen des Massentourismus in den 1970-ern und 80-ern entwickelte sich das einst verschlafene und fast verlassene Provinzstädtchen zu einer ansehnlichen modernen Metropole.

Sehenswertes

  • Der Voulisméni-See

Direkt im Zentrum der Stadt liegt der Voulisméni-See, um den sich Touristen und Einheimische, Fischer, Boote und Schwammtaucher versammeln. Er war ursprünglich ein Süßwassersee, wurde aber von den Türken 1871 durch einen etwa 20 Meter langen Kanal mit dem Außenhafen verbunden, um so einen geschützten kleinen Fischerhafen zu schaffen. Seither vermischt sich das von zwei Seiten von Felsen gerahmte und von unterirdischen Quellen gespeiste „Bad der Artemis“ mit dem Meerwasser.

Wegen seiner eigenartigen, tief türkisgrünen Farbe, die nirgendwo den Grund erkennen lässt, entstanden im Laufe der Jahrhunderte zahlreiche sagenhafte Geschichten um den See.

Der Voulismeni-See mitten in Agios Nikolaos.

So behauptet man bis heute, nicht zu wissen, wie tief der See tatsächlich sei – selbst der längst verstorbene Meeresforscher Jacques Cousteau soll den Grund des Sees nicht gefunden haben, heißt es.

Andere erzählen, dass die Deutschen am Ende des 2. Weltkrieges Panzer und Kanonen im See versenkt hätten, wovon man, ebenso wie von einem im See versunkenen LKW keinerlei Spuren gefunden habe. Es geht das Gerücht um, der See habe überhaupt keinen Grund, doch andererseits will im 19. Jahrhundert ein englischer Kapitän eine Tiefe von 64 Metern gemessen haben, ohne dass ihm jedoch irgend jemand Glauben geschenkt hätte.

Die Legenden werden auch durch eigenartige Naturereignisse genährt: So tauchten nach dem letzten Vulkanausbruch auf Santorin im Jahr 1956 im See angeblich tote Hochseefische auf – gibt es vielleicht eine unterirdische Verbindung zum Meer? Wer sich Zeit lässt und lange genug am See oder irgendwo auf einer Felswand über dem See sitzt, seine Gedanken schweifen und seiner Phantasie freien Lauf lässt, wird sich sicher dem einzigartigen Flair dieses Ortes nicht entziehen können.

Eine Taverne in Agios Nikolaos.

Der moderne Hafen, auch Anlaufpunkt von Fähren und zahlreichen Ausflugsbooten nach Eloúnda und Spinalónga, liegt dem See vorgelagert, der neuere Yachthafen dagegen östlich der Stadt, nahe der Präfektur und dem Busbahnhof. Rund um den Fährhafen und den See spielt sich das „öffentliche Leben“ von Ágios Nikólaos ab – hier findet die „Volta“, das gemütliche (nicht nur sonntägliche) Promenieren statt, hier befinden sich zahlreiche Tavernen, Diskotheken, Restaurants und Cafés.

  • Ein kleiner Stadtrundgang

Hinter dem See, nur ein paar Schritte vom Volkskundemuseum entfernt, findet einmal in der Woche ein großer Straßenmarkt statt. Wie es in den meisten südlichen Ländern so üblich ist, findet man hier außer Obst, Gemüse, Käse, Schnecken, Fisch, Fleisch und weiteren Spezialitäten auch ein große Auswahl an Ober- und Unterbekleidung, Schuhen, Kosmetikprodukten etc.

Vom See aus lohnt sich ein Spaziergang durch das Stadtzentrum.

Zunächst geht es durch das Kefáli-Viertel, wobei man die Wahl hat zwischen zwei geschäftigen Routen: der Odos 28 Oktovriou mit Geschäften und Kiosks und der „Touristeneinkaufsmeile“ Odos Roussou Koundourou. Am besten, man pendelt zwischen den beiden parallel verlaufenden Straßen hin und her – da kriegt man alles mit. Beide führen nämlich zur Plateia Venizelou, dem eigentlichen Hauptplatz der Stadt. An dessen Südwestecke liegt Ágia Triada – die moderne Hauptkirche mit Wandmalereien, die den Innenraum allerdings eher verdunkeln als erhellen.

Weiter geht´s auf der Einkaufsstraße, der Odos S. Venizelou – so erreicht man den Busbahnhof und besagten Yachthafen. Auf der Odos Modatsou geht es zurück in´s Kefáli-Viertel. Vorbei an der Panagía-Kirche, einer Einraumkapelle mit Malerei aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, kann man einen Blick auf die ausgegrabenen Reste des Lató pros Kamára, der antiken Hafenstadt von Lató werfen. 

Im Zentrum der Stadt.

Auch wenn das geschäftige Treiben um den Fährhafen direkt vor der Nase liegt, lohnt sich zunächst ein Abstecher durch das zweite Innenstadtviertel Mylos, das wie eine Halbinsel auf drei Seiten vom Meer umspült ist. Entlang der Odos M. Sfakianaki, einer kleinen geschäftigen Straße, erreicht man den kleinen Stadtstrand Kitroplatía, gerahmt von Tavernen und Apartmenthäusern.Von dort führt eine Art Promenade um das Viertel herum zurück zum Hafen.

  • Die Insel Agií Pándes

Zu der vor dem Hafen liegenden Insel werden Ausflugsfahrten angeboten. Agíi Pándes ist ein Schutzgebiet für die „Agrimia“, die auf Kreta selten gewordenen und unter Naturschutz stehenden Wildziegen.

Eine kleine Insel bei Agios.
  • Das archäologische Museum

Ein unbedingtes Muss ist das Archäologische Museum in der Odos Konstantinos Paleologou, das zweitwichtigste seiner Art nach dem in Heraklion. Die 1970 eröffnete Sammlung deckt die Geschichte der Region durch alle Kulturstufen ab – vom Neolithikum über die minoische Epoche bis hinein in griechisch-römische Zeiten. Gerade diese Kontinuität führt  dem Besucher die kulturelle Vielfalt der Insel vor Augen und vermeidet den Eindruck, dass Kreta ausschließlich ein Synonym für „minoisch“ ist.

Das archäologische Museum.

 Die minoischen Funde stammen vor allem aus dem Umkreis von Sitía und der dortigen Nekropole, aus Mirtos, Ierápetra und Mochlos – und einigen anderen Fundorten im Osten Kretas. Auch die griechisch-römischen Funde stammen nicht nur aus der Gegend von Ágios Nikólaos, sondern von verschiedenen Gegenden in Ostkreta. Zu den herausragenden Stücken des Museums gehört zweifelsohne die „Göttin von Mirtos“ (um 2.500 v.Chr.), wobei es sich um ein Spendengefäß in Gestalt einer weiblichen Figur handelt.

Dem Besucher stehen mehrere sehenswert, nicht überfüllte, helle Ausstellungssäle und ein Innenhof zur geruhsamen Besichtigung offen. Bestückt sind die Räume mit sehenswerter Keramik, Terrakottagestalten (meist Tiere), Totenschädeln, Tonsarkophagen, Brozegegenständen, Idolen und vielem mehr. 

  • Die Kirche Ágios Nikólaos

Auf dem Weg nach Eloúnda liegt die Kirche Ágios Nikólaos. Die kleine Kuppelkirche mit leider bereits stark verblassten ornamentalen Fresken aus dem 10. Jahrhundert und figürlichen Malereien aus dem 14. Jahrhunderts, gab der Stadt ihren Namen. Die frühen Wandmalereien, vor 961 angefertigt, sind ein seltenes Beispiel ikonoklastischer Malerei und legen damit Zeugnis vom Bilderstreit  im 8,/9. Jahrhundert ab. Diese ornamentalen Bilder sind die einzigen auf Kreta noch exististenten Beispiele anikonischer Malerei. Der Bau selbst ist nicht genau datierbar, sicher ist man sich nur, dass es sich um eine der ältesten noch erhaltenen Kirchen Kretas handelt. 

  • Strände in der Umgebung

Drei kleine Strände befinden sich in unmittelbarer Stadtnähe: außer dem Kitroplatía (Kiesstrand) sind es die Sandstrände von Ammoúdi und Ámmos, die während der Hauptsaison allerdings überfüllt sind. Bessere und ruhigere Bademöglichkeiten finden sich in der Umgebung, z.B. die Sandstrände von Havanía , Almyros (der wegen der nahegelegenen Hotels allerdings meist nicht ganz so ruhig ist…) und Ammoudara.

Und auf gar keinen Fall vergessen: einen Besuch in der Music-Bar „The Zep“.! Da machen Schweizer gute Rockmusik.

Radio Kreta – immer gute Ausflugstipps.