„The Guardian“ wirbt für „Krisentourismus“ in Griechenland. Ein verfrühter Aprilscherz?

Es ist doch einfach nicht zu fassen! In was für einer Welt leben wir eigentlich?

Okay, diese Frage stellt man sich ohnehin immer mal wieder – aber heute ist mal wieder einer der Tage, an denen alleine schon Überschriften einen absolut fassungslos machen.
So passiert eben heute morgen, beim Blick auf die Website von „keeptalkinggreece.gr“. Und die Überschrift, um die es geht, besagt, dass die britische Tageszeitung „The Guardian“ nun Urlaubspakete „Griechenland in der Wirtschaftskrise“ angeboten.

Die 7-tägige Reise nach Griechenland mit £ 2.500 pro Person beinhaltet „touristische Attraktionen“ wie Proteste in der Innenstadt von Athen und Flüchtlinge auf den Hotspots der Inseln. Sagt mal: GEHT´S NOCH???

Und so sieht das wundervolle Exklusiv-Paket aus

In Gesellschaft von Journalisten, einschließlich des Korrespondenten der Tageszeitung in Athen, wird der glückliche, aber krisenbewusste Reisende Wein trinken und dann griechische Familien besuchen, die ihr tägliches Drama vor Menschen zeigen werden, die sie noch nie gesehen haben und die dafür bezahlt haben, um sich das alles mal „live und in Farbe“ anzusehen.

Es ist nicht bekannt, ob die so ausgestellten und vorgeführten griechischen Krisenopfer einen kleinen Obolus dafür erhalten, dass sie als Zeugen einer 8 Jahre lang währenden Wirtschafts- und Finanzkrise Rede und Antwort stehen.

Ein Werbeplakat des „Guardian“?

NGOs auf der Insel Samos und im Hafen von Piräus werden jeden Aspekt der Flüchtlingskrise und des gesamten Ausmaßes des Dramas erklären. In Athen angekommen, bekommen die krisenbewussten britischen Touristen die Möglichkeit, mit einem Ex-Minister über Proteste und Demonstrationen zu sprechen. 

Sarkastischerweise bietet keeptalkinggreece eine kreative Lösung an für den Fall, dass es an den speziellen Tourtagen grade mal keine Proteste gibt: man könne gerne kleine Demonstrationen von Studenten, Arbeitslosen, Reinigungskräften und Rentnern organisieren (ausgenommen an Tagen mit Hitzewelle und Saharastaub) – dafür erhebt man aber Anspruch auf eine faire Provision von 35% des Paketpreises. Desweiteren könnte eine griechische Tageszeitung Reverse-Pakete unter dem Titel Meet the Brits in Brexit“ anbieten.

Dennoch wurde das Guardian-Angebot zumindest auf Twitter nicht mit großer Begeisterung aufgenommen – aber sicher gibt es einige Idioten, die sich dieses Schmankerl für £ 2.500 nicht entgehen lassen wollen.

Da fragt man sich doch: Verfrühter Aprilscherz? Britischer Humor?

Während der griechischen Krise hätte man bisher denken können, der Guardian habe Respekt vor Griechenland und dem griechischen Volk. Leider war das wohl ein Irrtum – sofern es nicht wirklich ein extrem geschmackloser Scherz ist.

Am späten Mittwoch abend berichtete der griechische Korrespondent in Großbritannien, Thanassis Gavos, dass der „Guardian“ bestätigt habe, das Leserpaket „Krisenferien in Griechenland“ zurückgezogen zu haben. Das liest sich dann so: „Nach kurzem Nachdenken haben wir dieses Projekt pausiert, um unseren Ansatz zu überdenken.

Na, die hätten besser vorher mal LANGE nachgedacht….“

Thanasis Gavos postete auf Facebook: „Ich habe diese Meldung gerade von der Redaktion erhalten: „The Guardian hat mit Politischen Touren gearbeitet, um informative Reisen nach Griechenland und in andere Länder für Menschen anzubieten, die ihr Verständnis der politischen und sozialen Landschaften an diesen Orten entwickeln wollen. Im Nachhinein haben wir dieses Projekt pausiert, um unseren Ansatz zu überdenken. „Alle politischen Touren und „Guardian-Reisepakete“ (Gre, Bos, Ukr) wurden von der Seite entfernt.“

Radio Kreta – mal wieder nicht genug Köpfe zum Schütteln!

Wo die britischen Krisentouristen dann wohnen werden, ist uns nicht bekannt, aber vielleicht ja in einem der neuen Luxushotels auf Kreta?

Und wenn man mal Briten im Urlaub beobachten möchte, dann einfach auf nach Malia.
Grauen, Horror, Ekel – All Inclusive.