Ein weiterer wunderschöner Artikel aus dem „Merian Juli 2010 – Kreta„, diesmal von Hansgeorg Hermann.
Er beschreibt eine zauberhafte Tour durch die Lefká Óri, die dem Wanderer zwar einiges abverlangt, aber ein Vielfaches zurück gibt.
Hier ein Auszug, den kompletten Artikel gibt’s bei Merian:
„Diese Tour ist nichts für „Fußgänger“: Die Route am Rand der Lefká Óri, des gewaltigen Bergmassivs von Kreta, hat ihre Tücken.
Umso erstrebenswerter das Ziel: schier endlose Weite und absolute Ruhe. Einfach traumhaft.
Wo die Samariá-Schlucht endet, öffnet sich dem Reisenden am hellen Strand des Libyschen Meeres der Blick fürs Wesentliche.
Um 18 Uhr, wenn endlich das letzte Schiff nach Chóra Sfakíon abgelegt hat, die letzten Besucher davon sind, kehrt Ruhe ein in Agía Rouméli. Nur die langen, türkisblauen Wellen, die rhythmisch über den wuchtigen, nach Osten ragenden Beton-Anleger gleiten, übertönen bisweilen das zarte Rauschen der Kiefern.
Das Wesentliche, das ist die einzigartige, nur an dieser autostraßenfreien Küste in der wilden Landschaft der Sfakiá zu erlebende Sinfonie aus Gebirge und unendlicher See. Wer sich jetzt am Ufer mit dem Rücken zum Meer stellt, dem wird es den Atem nehmen. Vor seinen Füßen werden sich die grünen, steilen Südhänge der Lefká Óri auftürmen, gewaltig und majestätisch.
Und wer in diesem Moment beschließen sollte, zu Fuß weiterzugehen in Richtung Osten, der wird 24 Stunden später ein ziemlich glücklicher Mensch sein.
Er muss nur jenen einsamen Weg nehmen, den auch Stelios Giorgedakis, der Wirt des kleinen Restaurants „Pachnes“ einschlägt, wenn er „eben mal nach Hause geht“, hinauf ins Nachbardorf nach Ágios Ioánnis.
„Páchnes“ heißt auch der höchste Gipfel der Weißen Berge.
Der Wirt ist ein guter Führer, ebenso wie sein Bruder Antonis, der im 800 Meter hoch gelegenen Dorf auf jene Wanderer wartet, die den gemächlichen Fußmarsch heim nach Chóra Sfakíon der Fahrt mit dem Schiff vorziehen.
Dort wo der Samariá-Fluss, von der engen Schlucht befreit, sich endlich mit der See vereint, beginnt der Pfad.
Er führt zunächst am Meer entlang bis zur Kapelle Ágios Pávlos.
In rund eineinhalb Stunden erreichen auch langsame Wanderer diese markante Stelle. Über die aus schwarzgrauem, am Mittag glühend heißen Sand hoch aufgetürmten Dünen führt der Weg weiter in lichten Uferwald. Ein dreistündiger, schweißtreibender Marsch liegt vor dem Wanderer.
Doch während unten am Wasser der Mensch der brennenden Sonne ausgesetzt ist, geht hier oben die Natur links und rechts des alten Saumpfades gnädig mit ihm um: Kiefern und hohe Mastix-Sträucher spenden Schatten. Je weiter sich der Weg dem Fuß der Berge nähert, einer 400 Meter hohen Felswand, desto mehr bewegt man sich in angenehmer Kühle.
Wer morgens früh gestartet ist, kann jetzt gegen zehn Uhr morgens mit etwas Glück die Bartgeier der nahen Kolonie beobachten, die auf der Suche nach einem ersten oder zweiten Frühstück mit ihren mächtigen Schwingen am Himmel kreisen – zwei, drei, bisweilen sieben oder acht dieser Gefiederten lassen sich von den warmen Windströmen der Steilküste in die Höhe tragen. Ihre Beute sind kranke oder verendete Tiere aus den zahlreichen Schaf- und Ziegenherden.“
Weiter im Text geht es hier.
Radio Kreta wünscht allen Wanderen ein fröhliches „über Stock und Stein“!