AUF DEN KOPF GEFALLEN – Eine wahre Geschichte.

Hallo Jörg, diese Geschichte hat sich genau so, wie geschildert, zugetragen…

AUF DEN KOPF GEFALLEN

Paul Gourgai, Februar 2023

Paul lag blutüberströmt auf dem Bett. Vor zwei Stunden, mitten in der Nacht, war er heftig gestürzt und war mit dem Schädel, Stirn ungeschützt voran,in voller Wucht auf den Steinboden geknallt. Schon nach wenigen Sekunden war ihm klar, dass dies keine Kleinigkeit sein würde; diesmal war es mehr als eine Beule, das stand fest, denn schon spürte er den warmen Blutstrom über Gesicht und Nacken sickern. Maex, Pauls Gefährtin, holte das gefrorene cold pack und verpasste ihm eine notdürftig mit einem Handtuch gedrehte Kompresse; die Blutung verlangsamte sich ein wenig; er drehte sich auf den Rücken und schlummerte bis zum nächsten Morgen.

Maex und Paul.

In der Früh merkte er, dass das Handtuch mit Blut vollgesogen war. Im Haus fand sich kein medizinisches Notfallset, kein Desinfektionsmittel, nichts dergleichen; ziemlich skandalös, dachten sie beide. Sie riefen bei der Vermieterin, die im Nachbarort wohnte, an, schilderten ihr in einer Mixtur aus griechischen und englischen Wörtern die ganze Bescherung und baten sie, etwas Verbandsmaterial zu bringen. Sie kam nach einer Weile und heftete ihren entsetzten Blick zuerst auf die Bettdecke, die etwas vom Blut abbekommen hatte. Man konnte ihr deutlich anmerken, dass es ihr sichtlich Sorgen bereitete, welche Umstände sich aus dieser blutigen Schweinerei ergeben würden. Auf unsere Frage, wo sich der nächste Arzt befände, meinte sie, dass es eine Ärztin in der Nähe von Plakias gäbe, die aber jetzt – es war ein Samstag, an dem sich die ganze Misere abspielte – wohl nicht ordinieren würde.

Paul und Maex entschieden sich dann, in die andere Richtung, nach Chora zu fahren, sie hatten dunkel in Erinnerung, dass es dort eine kleine Krankenstation gegeben hatte. Im Ort angekommen begaben sie sich zur Plateia, fanden dort auch das Gebäude, an das sie sich erinnerten, um enttäuscht festzustellen, dass sich anstelle der Krankenstation nunmehr ein Büro der Gemeindeverwaltung in dem Haus befand.

Was tun?

Ihr Blick fiel auf ein nahes Kafenion, das von zahlreichen Gästen frequentiert wurde. Also nichts wie hin! Sie fragten in die Runde, ob jemand wisse, wo es einen Arzt gäbe. Die Antwort kam sofort von allen Seiten, draussen an der Hauptstraße nach Norden gäbe es eine neue Klinik, die auch heute, am Samstag, für Notfälle geöffnet sei. Einer der Männer zeigte seinen eingegipsten Arm; er sei dort eben behandelt worden.
Diese Nachricht brachte einige Erleichterung, zumal das blutige Problem, weswegen sie hierher gekommen waren, nicht kleiner sondern dringlicher geworden war. Sie fuhren also in die angegebene Richtung und fanden ganz rasch das modern anmutende Gebäude, das erst vor ein paar Monaten eröffnet worden war.

Der Dienst habende Arzt, ein etwa vierzigjähriger kräftiger muskulöser Mann mit wildem Vollbart legte die Wunde frei und stellte nach sorgfältiger Untersuchung fest, dass sie genäht werden müsse.

Nach erfolgter Lokalanästhesie wurden die Stiche in die Stirn kraftvoll, mit Ruhe und Übersicht appliziert und vernäht, wobei der Doktor versicherte, dass er die Naht so anlege, dass keine Verunstaltung der Stirn zurückbleiben würde. Letzteres beruhigte den Patienten ungemein, da er doch keinesfalls riskieren wollte, nach erfolgter Prozedur als engstirnig zu gelten.

Auf Pauls Frage, ob er denn in zwei, drei Tagen wieder joggen dürfe, gab der Doktor zunächst keine Antwort, als habe er Zweifel, ob denn dieser Mensch nicht doch einen gröberen geistigen Schaden erlitten hätte. In Konsequenz dieser Skepsis verbot der Arzt jedwede derartige sportliche Aktivität, zumal es kontraproduktiv sei, wenn Schweissabsonderungen in die Wunde gelangen und diese verunreinigen würden; der Patient möge daher in zwei bis drei Tagen in der Ordination erscheinen, damit der Heilungsverlauf unter Kontrolle bleibe.

Keinerlei Einwände äusserte der Arzt hinsichtlich des Besuchs einer Fischtaverne, er verwies aber wegen der verordneten Verabreichung von Antibiotika zur Vermeidung einer Wundsepsis auf das Erfordernis der strikten Einhaltung der Reduzierung des Konsums von Retsina.Dieses kleine Krankenhaus in Chora erweist sich neben seiner medizinischen Funktion auch als Kommunikationszentrum für die Angehörigen der Patienten, es geht dort richtig lebhaft zu!

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2 Kommentare

  1. wir sind seit fast dreißig Jahren auf Kreta und haben immer HILFE bekommen. Schnell und unkonventionell.
    So wie die Kreter halt sind. Er soll seinen Fisch essen und nicht andere abwerten und sich seine Kommentare sparen, oder nach Malle fliegen.

  2. Ich wurde im vergangenen Oktober wegen eines Hundebisses ebendort versorgt und kann nur das Beste berichten. Sollte ich mich wieder gröber bei einer meiner Wanderungen verletzen, würde ich mich sofort wieder dorthin wenden.

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