„Auf der Suche nach dem Mythos Kreta“

Eine Geschichte von Maria Laftsidis-Krüger

Wieder einmal war das Urlaubsziel Griechenland, wie so oft in meinem Leben oder besser gesagt, wie immer in meinem Leben.

Wir erlebten Makedonien mit seinen weiten satten Ebenen über Thessaloniki hinunter bis zum Olymp, durchstreiften den wilden Epirus mit seinem grandiosen Acheron, Thessalien mit seinen Wäldern, den Peloponnes mit all seinen nie enden wollenden antiken Stätten, Mittelgriechenland mit dem Nabel der Welt und selbst Attika mit dem im gelben Smog versinkenden Athen durchstöberten wir mit Herzenslust.

Tausend Erinnerungen und Begegnungen mit herzensguten Menschen fallen mir ein, und mindestens genau so viele atemberaubende Landschaften, prachtvolle Säulen und Kirchen voller Anmut. Wir suchten Griechenland mit der Seele und wir fanden es. Bisher gehörten wir nicht zu den Insel-Sammlern, zu jenen, die jedes Jahr eine der von Götterhand ins Meer geschleuderten Eilande aufsuchen, um es auf der endlosen Liste der Schönen abzuhaken, nie wissend, welches denn nun die Schönste ist.

Und nun Kreta… – einmal Kreta, immer Kreta.

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„Ein Schiff wird Kommen…“

Die Insel mit den vielen Süchtigen, die immer wieder nach Kreta fahren ohne sich umzusehen in Griechenland. Was macht diesen Mythos aus? Wie kann es sein, dass man tatsächlich jahrelang, ja sogar Jahrzehnte nur Kreta besucht. Für mich eine unglaubliche Vorstellung, wo Griechenland so reich an grandiosen Landschaften ist, die jedes Jahr auf Neue entdeckt werden wollen, weil sie so viele Geheimnisse birgt.

Also fuhren wir nach Kreta auf der Suche nach dem Mythos. Dieses zwischen den Welten, zwischen den Kontinenten schwimmende Eiland besticht durch Größe. Es mutet gar nicht wie eine Insel an, eher wie ein eigener Kosmos. Schon früher nannte man Kreta eine Welt für sich, ein Kosmos im Kosmos, Gäa, die Erde, oder gar treffend der „Sechste Kontinent“.

Betritt man Kreta, weiß man, dass man die Wiege unserer Kultur, unseres Seins und Denkens betritt. Das schon allein überwältigt. Dieser Gedanke begleitete mich, als ich die vielen Zimmer von Knossos in ihrer unendlichen Friedlichkeit betrachtete und wird zum Erlebnis, als ich die großartigen Funde im neuen Museum von Irakleion erblickte. Die weltbekannten Fresken der Pariserinnen und des Lilienprinzen wirkten lebensfroh, geradezu atlantisch. Gedanken gehen auf Reisen, wie man hier früher gelebt hat.

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Wird auch oft gesucht: Ein Mythos auf Kreta.

Sicher anders als in Mykene, wo es dicke Verteidigungsmauern und blutgetränkte Erde gab. Wo Krieg der Ansporn war, Mord und Totschlag. Kreta ist ein Land der Berge, die ihre Gipfel der grellen Sonne entgegenstrecken wie sie es schon seit Jahrtausenden tun. Jeder Gipfel, jeder Berg, ja jeder Fels hätte Geschichten zu erzählen von all den fremden Eroberern, von all den Eindringlingen. Doch schweigen umgibt sie, dabei würde ich so gern diesen Mythen lauschen, aber ich verstehe die Sprache der Felsen nicht. Berge mit Schnee bedeckt, aber auch kahl und abgebrannt finden wir vor.

Manche erinnern an die Alpen und wieder andere an die mexikanische Hochebene. Eine Szenerie, für die man keinen passenden Namen findet, zu facettenreich gestaltet sich das Bild. Nirgends in Griechenland ist der Spruch „Freiheit oder Tod“ so lebendig wie auf Kreta.

Stolze Menschen mit wachen Augen, stets auf der Hut, besiedeln diese Insel. Kreter und ihr Kreta, das ist eine Melange, die wunderbarer nicht sein kann. Eine Einheit, die ein Fremder nicht durchdringen kann. Etwas Mythisches, was ihnen beinahe unentwegt ein Lächeln auf die Lippen zaubert. Immer ihrer sagenumwitterten Herkunft bewusst, als würde Zeus unter ihnen weilen und hätte sich nur gerade mal wieder als Stier verwandelt. Sie leben mit ihrer Vergangenheit, die immer allgegenwärtig ist. Geben Kindern Namen wie Minos oder Ariadne und verschmelzen so Vergangenheit und Gegenwart miteinander.

Da ist KretaAm Ende unserer kurzen Reise zum Kosmos Kreta wird uns eines immer bewusster, der Mythos ist nicht auf ein Element zu reduzieren. Nicht die Berge, die Landschaft, nicht die Kultur oder diese freundlichen Kreter sind das Geheimnis. Es ist diese Symbiose zwischen dieser einzigartigen Insel und ihren Bewohnern.

Zwischen dem Kreter und seiner roten Erde, zwischen den Einwohnern und ihren Mythen, die in jeder Schlucht oder Grotte lebendig sind. Und dort schließt sich mal wieder der Kreis….Symbiose, ein griechisches Wort, welches „zusammen leben“ bedeutet…der Kreter auf Kreta mit den Legenden aus der Vergangenheit. Nirgendwo anders auf dieser Welt entsteht ein derartiges Zusammenspiel zwischen dem Volk und seiner uralten Heimat.

Als wir zur Grotte des Zeus hinaufsteigen und an der letzten Taverne auf dem Weg dorthin ein kaltes Getränk zu uns nehmen, ruft uns die junge Wirtin noch hinterher: „Zeus lebt wirklich in der Höhle, ihr werdet ihn sehen.“

Ich bin Zeus nicht wirklich begegnet, aber ich habe dort oben ein klein wenig verstanden, was den Mythos Kreta ausmacht.

Maria


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Ein Kommentar

  1. Hallo Maria.
    Nachdem ich deinen Bericht gelesen habe,
    glaube ich, Zeus ist dir doch!! begegnet.
    LG
    Helmut

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