Aus dem Sportstudio: „Ein Marathon ist prinzipiell nicht gesund“

Unter dem o.g. Titel zitieren wir heute mal aus dem Sportstudio Tobias Dupke aus der Welt.de und erinnern natürlich auch an unseren kürzlich eingestellen Artikel zum Thema „Marathon“ – historische Hintergründe inklusive!

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Aber nun erstmal zu Tobias´Anschauungen zum Thema: Tobias Dupke im Gespräch mit Ralf Raßmann:

„Wer Marathon laufen will, muss dafür lange trainieren. Viele Menschen geraten an ihre Grenzen, nicht wenige scheitern. Ein Sportmediziner erklärt, warum Menschen dennoch von dem Lauf fasziniert sind.

Ralf Raßmann ist promovierter Sportmediziner mit eigener Praxis in Düsseldorf-Kaiserswerth und joggt selbst gerne. Einen Marathon hat er aber bislang noch nicht absolviert – und zwar aus guten Gründen. Welche das sind, erklärt er im Gespräch.

Die Welt: Sind wir wahnsinnig, weil wir einen Marathon laufen möchten?

Ralf Raßmann: Nein, wahnsinnig sind Sie nicht. Fakt ist allerdings, ein Marathon ist prinzipiell nicht gesund. Aber Sie laufen ihn ja, um sich selbst etwas zu beweisen, also fast schon aus spirituellen Gründen.

Die Welt: Ein Marathon ist also ungesund?

Ralf Raßmann: Der erste Mensch, der einen Marathon gelaufen ist, ist der Legende nach vor Erschöpfung tot zusammengebrochen. Natürlich hatte er sich nicht auf den Lauf vorbereitet, aber medizinisch gesehen ist ein Lauf über 42,195 Kilometer eher ungünstig. Die Vorbereitung auf den Marathon dagegen ist gut für den Körper.

Die Welt: Was passiert denn, wenn ein Untrainierter auf die 42,195-Kilometer-Strecke geht?

Ralf Raßmann: Von null auf 100 einen Marathon zu laufen bringt extreme Belastungen für den Körper mit sich. Die Körperfunktionen fahren herunter, die Glukose-Speicher entleeren sich, die Spurenelemente werden verbraucht. Das kann am Ende – wie schon gesagt – sogar zum Tod führen.

Die Welt: Training ist also immens wichtig – Experten raten zu einem medizinischen Check im Vorfeld der Vorbereitung. Warum?

Ralf Raßmann: In seltenen Fällen kann das Herzreizleitungssystem – also die elektrische Verkabelung des Herzen – erkrankt sein. Das ist ein angeborenes Problem, bekannt durch spektakuläre Fälle, in denen Fußballer auf dem Platz tot zusammenbrechen. Solche Erkrankungen erkennen wir mittels Ruhe-EKG. Außerdem prüfen wir, wie das Herz auf Belastung reagiert. Schnellt der Herzschlag in die Höhe, erreicht der Läufer rasant seine Leistungsgrenze und muss beim Training darauf achten. Wir schauen auch nach Fehlstellungen der Knochen und Gelenke, um Belastungsschäden zu vermeiden. Unterschätzt wird auch der Oberkörper. Ist zu wenig Bauchmuskulatur vorhanden, kann das schnell zu Rückenschmerzen führen.

Die Welt: Viel zu beachten – was kann passieren, wenn einfach drauf los trainiert wird? Welche Verletzungen sind typisch?

Ralf Raßmann: Wer falsch trainiert, riskiert Überlastungsschäden vor allem an Hüfte und Knie. Die meisten Schäden sind allerdings reversibel und durch andere, bessere Trainingstechniken schnell wieder verschwunden. Wichtig dabei ist, dass die Gelenk unterstützenden Muskelgruppen trainiert werden. Außerdem sollten Sie auf die Dehnung achten. Die Übungen gehören ans Ende des Trainings, kalte Muskulatur darf nicht gedehnt werden. Vor dem Laufen sollten Sie die Muskulatur auf Spannung bringen. Dehnen bewirkt das genaue Gegenteil und entspannt den Muskel.

Die Welt: Wie sieht denn der optimale Trainingsverlauf aus?

Ralf Raßmann: Sie sollten langsam starten, um dem Körper Zeit zu geben, auf die Fettverbrennung umzuschalten. Das geschieht eigentlich bereits mit dem ersten Schritt – allerdings sucht sich der Körper in den ersten sieben bis acht Minuten andere Energiespeicher, die er zunächst anzapft. Nach dem Einlaufen kann das Tempo gesteigert werden. Am Ende sollten Sie gemütlich Austraben. Die letzten fünf bis sechs Minuten reichen. Das Schlimmste, was Sie machen können, ist ein Endspurt. Der Laktatwert schnellt in die Höhe und bleibt auf diesem Niveau, was für eine deutlich verzögerte Regeneration sorgt.

Die Welt: Sie sprechen von Laktat – im Vorfeld des Marathontrainings empfehlen Experten einen Laktattest. Warum?

Ralf Raßmann: Der Test dient dazu, Ihr Training optimal zu strukturieren. Dabei wird meist auf einem Laufband der aktuelle Leistungsstand erfasst, indem das Tempo gesteigert wird. Wir messen dabei den Puls und entnehmen in regelmäßigen Abständen ein wenig Blut. Am Ende können wir bestimmen, wann Sie in den anaeroben Bereich abrutschen. Damit kann der Pulsbereich festgelegt werden, in dem das Training am meisten Sinn macht.

Die Welt: Gerade im Winter fängt man sich schnell eine Erkältung ein. Was sagen Sie: Trainieren oder Pausieren?

Ralf Raßmann: Mit einer leichten Erkältung können Sie durchaus trainieren. Sie sollten aber auf Ihren Körper hören und nicht bis zur Erschöpfung Gas geben. Bei einem fieberhaften Infekt allerdings rate ich: Finger vom Sport lassen. Wer sich nicht daran hält, riskiert unter Umständen eine Herzmuskel-Entzündung.

Die Welt: Stichwort Ernährung – worauf müssen wir achten?

Ralf Raßmann: Zwei bis drei Stunden vor dem Sport sollten Sie nichts essen und nichts Schweres trinken. Wer länger als eine Stunde unterwegs ist, sollte sich etwas zu trinken mitnehmen. Pro Stunde sollte der Läufer 100 bis 200 Milliliter zu sich nehmen. Wichtig ist dann auch die Kalorienaufnahme. Dazu eignen sich beispielsweise Powerriegel, die bei einem geringen Volumen einen möglichst hohen Kalorienanteil haben. Sonst sollten Sie normal essen. Nahrungsergänzungsmittel bringen nichts, außer vielleicht Magnesium. Dabei ist aber wichtig, dass Magnesium auf nüchternen Magen und mit Leitungswasser eingenommen wird. Sonst kann es seine Wirkung nicht entfalten. Wer abnehmen möchte, muss auch seine Ernährung umstellen, also wenig Fett und wenig Zucker zu sich nehmen. Mit Sport alleine abzunehmen ist verdammt schwierig. Für ein Kilo weniger müssen rund 7000 Kilokalorien verbrannt werden. Zum Vergleich: Bei einer Stunde Dauersport verbrennt der Körper etwa 700 Kilokalorien.

Die Welt: Training macht nicht immer Spaß – wie kann ich mich trotzdem motivieren?

Ralf Raßmann: Schaffen Sie sich Rituale. Nehmen Sie beispielsweise die Laufschuhe mit ins Büro. Dann wissen Sie, dass Sie nach der Arbeit noch eine Runde zu laufen haben. Das gehört dann einfach dazu. Es läuft ein Automatismus ab. Außerdem läuft es sich in einer Gruppe immer besser. Wichtig ist aber, dass Sie Ihren eigenen Rhythmus laufen – man muss sich nicht unbedingt unterhalten. Wer beim Laufen noch ein leichtes Lächeln im Gesicht hat, macht alles richtig.“

Radio Kreta – gute Musik mit einem Lächeln im Gesicht.


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