Buchtipp: Mediale €-Kriege – Ist es nur die Währung?

Heute stellen wir Euch ein Buch vor, das Euch einen sehr interessanten „Blick auf die Eurokrise durch ein Studium internationaler Medien“ (so der Untertitel) gewährt.

Der Autor Wassilis Aswestopoulos lebt in Aachen und Athen und arbeitet als freier Journalist und Auslandskorrespondent deutschsprachiger und internationaler Medien vor allem im Rahmen der Berichterstattung aus und über Griechenland unter anderem für den Focus, Focus Online, Der Standard, N24, Telepolis, Deutschlandradio und verschiedene ARD-Sender.
Und auch bei uns habt Ihr schon mehrere seiner Artikel gefunden…

Doch heute geht es um o.g. Buch, dessen Gegenstand Wassilis sehr treffend bereits in seinem Prolog unter der Überschrift „Schnellstraße in die Ochlokratie* beschreibt (hier nur auszugsweise):

„Glaubt man den Massenmedien so hat sich Europa in den letzten beiden Jahren grundsätzlich verändert. Die flüchtige Lektüre zahlreicher europäischer Medien beweist jeden Tag:: Bösartige, machthungrige Deutsche haben sich gegen faule, korrupte renitente Griechen, unfähige Spanier und Portugiesen verschworen. Und was Fernsehen und Zeitung sagen, muss doch stimmen, oder?

Dass sich die Aussagen der Medien in den einzelnen Staaten der Eurozone je nach Blickwinkel des Betrachters unterscheiden, scheint auch im Zeitalter des Internets nur wenigen aufzufallen.

Die klischeehafte Berichterstattung der Massenmedien hat leider auch Folgen für unsere Demokratien. Rechtsradikale Parteien in ganz Europa gewinnen immer mehr an Boden und erhalten regen Zuspruch. Ihr gefährliches Gedankengut wird zunehmend auch von bisher liberal ausgerichteten Poitikern nachgerade übernommen. Wie das Beispiel Griechenland zeigt, halten Klischees nicht nur bei Einzelpersonsn, sondern auch im politischen Alltag der bürgerlichen Parteien Einzug.

(…) Was vor wenigen Jahren noch undenkbar war – ganze Nationen als Hauptschuldige für Missstände anzuprangern – ist heute hoffähig geworden und bringt kurzfristig Wählerstimmen. (…)

Außer in der Ära des Internets befinden wir uns in einer Periode unserer Geschichte, in der das Tempo, mit dem sich Nachrichten verbreiten, wichtiger ist, als die Sorgfalt bei der Recherche. Wer aber liest mittlerweile mehr als die Schlagzeilen? Wem bleibt außer dem bunten und möglichst reißerischen Aufmacherfoto noch etwas von den Sachverhelten in Erinnerung? (…) Das Schlimme an Klischees ist, dass sich immer wieder Einzelbeispiele finden lassen, auf die sie zutreffen.- Es gibt wahrlich korrupte Griechen – ebenso wie machthungrige Deutsche. Aber bei etwas intensiverem Hinsehen stellt man fest: Nicht alle Menschen, geschweige denn Nationen, entsprechen ihrem Klischee, es sind Einzelfälle, die uns dazu bewegen, uns ein wie auch immer geartetes Bild der Realität zu machen. (…)

Schuld am derzeitigen Wirtschaftsdesaster, da sind sich viele Politiker und Medien einig, soll unsere Währung sein: der Euro.

Schuld an der Krise des Euro, auch darin sind sich Medien und Politiker einig sind jedoch immer die jeweils anderen. Vielleicht aber erleben wie keine Finanzkrise, sondern eine gesamteuropäische Wertekrise und die rasche Reise von der Demokratie in die Ochlokratie?

Nach der aristotelischen Regel zur Demokratie, die besagt, dass nur entsprechend informierte und gebildete Bürger eine solche Staatsform tragen können, soll deshalb dieses Buch zum Nachdenken und Nachlesen animieren. (…) Auch deshalb möchte ich die Eurokrise unter möglichst vielen Aspekten, historisch und aktuell beleuchten. Dieses Buch wird möglichst viele Schwachstellen der bisher vorliegenden Lösungsansätze diskutieren. Anhand zahlreicher Einzelbeispiele soll aufgezeigt werden, dass während der gesamten Periode des europäischen Einigungsprozesses der Streit immer dann am Schlimmsten war, wenn es um´s Geld ging. Fast immer waren die Schlagzeilen in den Medien ähnlich wie heute – sie polarisierten.

Anlass zur Hoffnung gibt, dass es nach solchen, oft unüberwindlich erscheinenden Krisen in der Geschichte der EU immer rasant aufwärts ging. Bisher fanden sich in letzter Minute immer wieder einsichtige Politiker, die ein Machtwort sprachen.

Nicht immer war die Rolle des Zahlmeisters und des Nettoempfängers klar, sehr oft kamen wie heute Klischees ans Tageslicht. Interessant ist aber, dass viele Staaten im Laufe der Zeit ihre Sicht der Dinge – je nach der eigenen wirtschaftlichen Lage – revidierten. (…)

Ich bitte Sie, diese Seiten kritisch zu lesen. Denn die Wahrheit habe ich nicht gepachtet, wir können sie im gemeinsamen Europa, so wir es denn wollen, nur im gemeinsamen, selbstkritischen Dialog finden.

Aachen und Athen im September 2012.
Wassilis Aswestopoulos“

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*Unter einer Ochlokratie wird eine Form der Herrschaft der Masse verstanden. Die Bezeichnung leitet sich ab aus dem gr. ὀχλοκρατία (aus ὄχλος óchlos ‚(Menschen-)Menge‘, ‚Masse‘ sowie κρατία kratía ‚Herrschaft‘) und wird auch Pöbelherrschaft genannt, nach dem abschätzigen Begriff ‚Pöbel‘ für Menschenmasse.
Ochlokratie ist ein Begriff aus der antiken griechischen Staatstheorie, der vom Historiker Polybios (um 200–118 v. Chr.) eingeführt wurde und seine analytische Bedeutung bis heute behalten hat.
Während die Demokratie Polybios zufolge am Gemeinwohl orientiert ist, sieht er die Ochlokratie als Zerfallsform an, in welcher die Sorge um das Gemeinwohl dem Eigennutz und der Habsucht Platz gemacht hat.
Insofern gilt die Ochlokratie als eine Entartung der demokratischen Staatsform.
(Quelle: Wikipedia)

Desweiteren von Wassilis erschienen: