Von Tom Grünweg
Was für VW der Buggy und für Mini das Modell Moke, das war für Citroën der Mehari: ein luftig leichtes, maximal gestripptes Sommerauto auf Basis des 2 CV. Weil die Strand-Ente so rar ist, baut ein Düsseldorfer ein schmuckes Replikat. Allerdings werden Spenderautos langsam knapp.
In hiesigen Breiten kennt man das Auto eigentlich nur aus den Ferien in Frankreich. Vor allem an der Côte d’Azur zwischen Nizza und St. Tropez tummelt sich der Citroën Mehari noch heute recht häufig. Von 1968 bis 1987 bauten die Franzosen immerhin rund 145.000 Modelle. Technisch ist das Auto ein Ableger des Citroën 2 CV, der Ente also. Dazu kam eine ebenso unverwechselbare wie unverwüstliche Plastik-Karosserie sowie der Name Mehari. So heißt auch eine speziellen Dromedar-Rasse und so hieß eine Spezialeinheit der Fremdenlegion. Zu seiner Zeit war das Auto eines der erfolgreichsten Nutzfahrzeuge in Frankreich.
Eine kurze Militärkarriere gelang dem Mehari ebenso. Denn zwischendurch gab es das Modell mit Allradantrieb. Dieser, gepaart mit dem minimalen Gewicht, ergab ein höchst geländetaugliches Auto, weshalb die französische Armee etliche Fahrzeuge in Dienst stellte.
Nach Deutschland wurde der Mehari offiziell nie verkauft. Der Grund war die angeblich brandgefährliche Kunststoffkarosserie aus demselben ABS-Plastik, aus dem zum Beispiel auch Lego die Bauklötzchen gießt. Für Kenner ist das nur eine hübsche Anekdote. Jedenfalls gibt es in Deutschland kaum Mehari-Modelle. „Höchstens vier Dutzend Exemplare werden es wohl sein“, schätzt Mehari-Fachmann Mario Malzkorn.
Ein Nachbau namens „El Cid“
Malzkorn, ein Mittvierziger, leitet eine Kfz-Werkstatt in Düsseldorf. Sein Handwerk lernte er unter anderem an Nachbauten der legendären Cobra. Seit er im Urlaub auf Formentera Bekanntschaft mit einem Citroën Mehari machte, huldigt er nun diesem Auto. Auch seine Kinder wollten gar nicht mehr ausstiegen aus dem rollenden Sommer-Ensemble.
Malzkorn wollte unbedingt auch so ein Auto, die Produktion des Mehari jedoch war schon längst eingestellt, ein Gebrauchtauto zu bekommen war zu schwierig. Deshalb musste sich der Kfz-Mann anders behelfen – und tat dies, indem er eine Replika entwickelte. Der Nachbau trägt den Namen „El Cid“ und folgt selbstverständlich dem gleichen Konstruktionsprinzip wie das Original: Auch der moderne Mehari nutzt Rahmen und Antrieb der Ente. Darüber stülpt Malzkorn eine Karosserie, die alle Charakteristika des Originals aufweist.
Die Motorhaube ist mit Gummispannern und Lederriemen befestigt, die Flanken tragen Rillen wie Sandbleche und die Türen sind ebenso mickrige Klappen wie beim Klassiker. Neu sind ein stabiler Überrollbügel mit der Halterung für die Dreipunkt-Gurte und das Material: Statt ABS kommt beim Mehari-Nachbau glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK) zum Einsatz. Der brennt nicht nur schlechter, sondern ist auch so stabil, dass man sich sogar gefahrlos ans Auto lehnen kann.
Wasser- und winddicht ist das Auto nicht zu bekommen
Das Interieur des Mehari ist überaus schlicht. Die kleinen Sitze sind abwaschbar, den Wagenboden kann man auskehren und dem bisschen Tacho wird ein Sommerregen schon nicht schaden. Das ist auch gut so. Zwar bietet Malzkorn für den „El Cid“ auch ein Verdeck an, das mit Gestänge, Spannriemen und Zurrösen ähnlich mühsam aufzubauen ist wie ein altes Zelt. „Richtig dicht bekommt man das Auto jedoch nicht“, sagt der Konstrukteur. Eine spezielle Lüftung ist daher überflüssig und fehlt auch.
Dafür funktioniert die Heizung bestens. Und zwar auch im Hochsommer. Sie besteht im Prinzip aus einem Schlauch in den Motorraum, in dem der 0,6 Liter große Zweizylinder-Boxer aus der Ente tapfer rackert. Das Maschinchen leistet 28,5 PS, mobilisiert 39 Nm Drehmoment und hat selbst mit dem nur etwa 600 Kilo schweren Plastikmobil einige Mühe. „Mit Glück und einem leichten Beifahrer schafft man es in weniger als einer Minute auf Tempo 100. Und mit viel Anlauf und Rückenwind sind 105 oder auch mal 110 km/h möglich“, sagt Malzkorn.
Er legt die Rechte lässig auf den Knauf der Revolverschaltung und greift mit links in das futuristische Einspeichen-Lenkrad. Dass sich eine Fahrt mit dem Mehari viel schneller anfühlt, liegt zum einen natürlich am Fahrtwind, der stürmisch um die fast senkrechte Scheibe wuselt und an den Flanken ungehindert ins Auto wirbelt. Und zum anderen liegt es am butterweichen Fahrwerk, das in engen Kurven eine genauso atemberaubende Straßenlage bietet wie das der Ente.
Ein nachgebauter Citroën Mehari kostet rund 10.000 Euro
Der Umbau vom 2CV zum Mehari dauert zirka drei Monate und kostet etwa 10.000 Euro. Malzkorn: „Da ist das Spenderfahrzeug schon mit drin.“ Wer es besonders fein haben möchte, einen voll verzinkten Rahmen bestellt und Wert legt auf viele Anbauteile, muss mit etwa 12.000 Euro kalkulieren. Und wer eine Ente als Basisfahrzeug selbst nach Düsseldorf schafft und bei der Innenausstattung oder anderen Kleinigkeiten selbst Hand anlegt, kommt auch mit gut 6000 Euro aus.
Die ersten Mehari-Nachbauten vom Rhein wurden allesamt nach Formentera verkauft. Ganz langsam läuft jetzt auch das Geschäft in Deutschland an. „Bislang war das eher ein Spaßobjekt, aber mittlerweile entwickelt sich ein echter Markt“, sagt Malzkorn. Eine Sommer-Ente hat er hierzulande ausgeliefert, die zweite wird in ein paar Tagen übergeben. Vier schlachtreife Enten für die nächsten Umbauten liegen bereits auf Lager. Allerdings werde allmählich der Nachschub knapp, klagt Malzkorn, der praktisch ständig auf der Suche nach Basisfahrzeugen ist. „Was es heute noch an Enten gibt, ist entweder Schrott oder so liebevoll restauriert, dass sie zum Schlachten viel zu teuer und zu schade wären.“
Quelle: Spiegel.de