Porträt: Herman van Veen
VON ANNEKE QUASDORF, NW-News.de
Es ist ein sehr kleines Haus, irgendwo im holländischen Utrecht, aus dem Mitte der 50er Jahre plötzlich merkwürdige, um nicht zu sagen, scheußliche Töne dringen. Der Junge, der sie hervorbringt, heißt Hermannus Jantinus. Er geht in die vierte Klasse und hat gerade von seinem Lehrer eine Geige in die Hand gedrückt bekommen – damit er nicht mehr pfeift. „Der hat gesagt: Hör damit auf. Ich geb dir eine Geige, pfeif darauf“, sagt Herman van Veen 60 Jahre später und lehnt sich auf dem schwarzen Ledersofa in seiner Garderobe zurück.
Erstaunlich, dass es ausgerechnet eine gute Portion Pragmatismus gewesen ist, die einen der bekanntesten europäischen Poeten hervorgebracht hat. Seit fast 50 Jahren steht Herman van Veen auf der Bühne, als Liedermacher, Musiker, Komponist, Kabarettist. Im vergangenen Jahr erschien sein 29. Studioalbum, insgesamt, so schätzte er selbst, sei er „mit schuld“ an 3.000 Liedern – das war allerdings bereits 2006. Und er erfand eine der liebenswertesten Zeichentrickfiguren der Welt, die Ente Alfred Jodokus Kwak.
Am Samstag, 20. April, präsentiert Herman van Veen sein Programm „Für einen Kuss von dir“ um 20 Uhr in der Bielefelder Stadthalle. Mit Sprachwitz und viel Sensibilität besingt er die Frauen, den Regen, Maria Magdalena, Eltern, Sucht und Falten, Töchter, Söhne und Enkelkinder, Freundschaft, den Papst, Napoleon, die Gemeinheit des Wortes illegal, und natürlich nichts Geringeres als die Ewigkeit.
Den hingebungsvollen Entertainer und einfühlsamen Kinderfreund in dem Mann zu erkennen, der an diesem Nachmittag zum Gespräch in die Düsseldorfer Tonhalle gebeten hat, ist allerdings gar nicht so leicht. Ganz in Schwarz gekleidet wirkt van Veen sehr ernst, fast streng und abweisend. Auch bei der Erinnerung an die Kindheit verziehen sich seine Mundwinkel kaum zu einem Lächeln. Erst, wenn er ins Erzählen kommt, seine sanfte Stimme mit dem freundlichen, niederländischen Akzent erklingt, wird die Strenge abgemildert. Dann kann sich jener Charme entfalten, der seit Jahrzehnten Zuschauer in ganz Europa in van Veens Bann zieht und die Konzertsäle füllt.
Herman van Veen bezeichnet sich selbst als Clown
Der Ernst, fast schon eine Melancholie, weicht dagegen nicht. Eine Überraschung dürfte das eigentlich nicht sein, schließlich beschreibt van Veen sich von jeher als Clown. Den dummen August, den bunt bemalten Tölpel und Pausenfüller hat er damit aber nie gemeint, sondern immer den weisen, scharfsinnigen Beobachter der Realität.
Die kann nun mal schmerzhaft und traurig sein – und genau das lässt ihn nicht los. „Ich habe gerade ein Buch gelesen, in dem stand: Jetzt gerade, in diesen Momenten, sterben drei Millionen Kindern an Hunger. Und gleichzeitig stehen Millionen vollkommen unbedeutende Dinge in unseren Zeitungen. Das ist das, was mich umtreibt. Die Wirklichkeit, die harte, brutale, ist nicht unsere Wirklichkeit. Und das will ich den Menschen erklären: Dass es so nicht weitergehen kann, dass wir damit zu tun haben, dass es uns alle angeht.“