Bereits im 19. Jahrhundert hatte unser heutiges Europa schon beachtliche und qualitativ hochwertige Weinanbaugebiete und entsprechende Weine vorzuweisen.
Bis dann im Zuge der beginnenden Globalisierung (Dampfschiffe fingen an, über den „großen“ Teich von und nach Amerika zu pendeln) nicht nur neue Waren, sondern auch neue Schädinge mit über den Teich kamen .
Und so kam sie zu uns, die fiese, gemeine amerikanische Reblaus.
Als blinder Passagier, bereit ihren Eroberungskreuzzug zur Vernichtung europäischer Weinberge anzutreten. Dieses winzige Insekt ist gerade mal einen Millimeter lang und kann dennoch große Schäden anrichten. Es injiziert seinen Speichel in die Wurzeln der Rebstöcke, worauf das ganze Wurzelsystem und damit die Rebstöcke absterben. Der Prozess kann sich über Jahre hinweg ziehen, während das Wachstum und die Rebproduktion der Rebstöcke immer weiter zurückgehen, bevor die Pflanze dann schließlich ganz abstirbt.
Aber wie kam dieses fiese Vieh aus Amerika nach Europa?
Nun, quasi als „Dreingabe“, denn eine Pflanze, die besonders häufig von Amerika nach Europa gebracht wurde, war die amerikanische Weinrebe „Vitis aestivalis“. Mit ihr wurde auch die Reblaus nach Europa eingeschleppt, die in der hiesigen Weinindustrie verheerende Schäden anrichten sollte.
Es war der französische Professor Jules-Emile Planchon von der Universität Montpellier, der erstmals 1868 die winzige Reblaus entdeckte und sie als „Zerstörer“ betitelte – als „Phylloxera Vastatrix“. Dieser Name stammt natürlich mal wieder aus dem Griechischen: Fylloxíra – zusammengesetzt aus Fillon (Blatt) und Xerón (trocken) (Φυλλοξήρα – φύλλον & ξερόν).
Es wurden viele, in Teilbereichen auch sehr abstruse Versuche gemacht, der Laus den Garaus zu machen, aber nix half wirklich. Bis sich irgendwann mal ein schlauer Kopf fragte, warum die amerikanischen Rebstöcke, mit denen die Laus in´s Land gekommen war, putzmunter weiter wuchsen und die europäischen Verwandten einfach krepierten.
Klare Sache: die amerikanischen Reben waren einfach resistent gegen die Blinde-Passagier-Laus! Also begann man, europäische Reben auf amerikanische Rebstöcke aufzupfropfen – et voilà und horridoh! – es funktionierte.
Die Reblaus wütete natürlich erst mal weiter und tut es in Teilbereichen auch heute noch, aber lange nicht mehr so erfolgreich wie während ihres europäischen Eroberungsfeldzuges Ende des 19. Jahrhunderts.
Auch in Griechenland und auf Kreta waren die Schäden verheerend…
…allerdings (wie immer und auch heute noch…) mal wieder mit erheblichem zeitlichen Verzug, denn hier schlug diese liederliche Laus erst in den 1970-er Jahren zu.
Parallel dazu kam nach dem Fall der griechischen Militärjunta der Tourismus so langsam und ganz zögerlich in Gang und auch viele bis dahin zerstörte und brachliegende Weinanbaugebiete wurden erst so langsam wieder bewirtschaftet. Und zwar – das war damals schick! – konzentrierte man sich auf moderne französische Rebsorten wie Cabernet Sauvignon, Chardonnay und Syrah, statt sich auf die einheimischen Sorten zu konzentieren. Man wollte eben „dabei“ sein….
Dass dies mal wieder ein typischer „me too“ und „copy-paste“-Fehler war,
wurde nun bereits vor einigen Jahren von einheimischen Weinbauern als großer Fehler erkannt. Die ganze Insel bietet ausgesprochen gute Bedingungen für den Weinanbau und man beginnt, sich wieder auf die endemischen Sorten zu konzentrieren – deren Anbau hat ja nun mal Jahrhunderte alte Tradition!
Das Hinterland Heraklions zum Beispiel, ist das zweitgrößte Weinanbaugebiet ganz Griechenlands und Kreta im Allgemeinen ist heute Griechenlands lebendigste Weinbauregion, glaubt man dem Weinspezialisten und Autor Nikos Manessis. Und damit hat nach seiner Meinung vor allem die Qualität der authochtonen Weinreben zu tun.
Kretischer Weißwein
Ca. 68% der kretischen Weinproduktion besteht aus Weißwein. Der einheimische „Star“ dieser Weine ist die Vidiano-Traube, die gerne in Höhen von 200-900m ü.NN wächst. Einer der Gründe hierfür ist die Temperatur in den Hanglagen. Nun verbindet der gediegene Mitteleuropäer die Insel Kreta ja erst mal mit „warm bis heiß“ – alleine schon aufgrund der Lage nahe dem 35. Breitengrad.
Aber beim Weinbau – genau wie übrigens beim Olivenanbau – kommt hier noch die Höhe über dem Meeresspiegel zum Tragen, denn mit jeden 180 zusätzlichen Höhenmetern sinkt die Durchschnittstemperatur um 1°C. Und das kommt dem Wachstum einer weißen Traube sehr zu pass! Natürlich ist es darüberhinaus technisch auch einfacher, einen leichten, unberührten, frischen, jungen Weißwein zu produzieren als ernsthafte gastronomische Rotweine, deren Produktionsprozess länger und weitaus aufwendiger ist.
Aber nun zurück zu den autochtonen kretischen Rebsorten: da wäre besagte Weißwein-Sorte Vidiano, ursprünglich aus der Gegend um Rethymnon stammend, die in Abhängigkeit ihrer Anbauhöhe Geschmacksnoten von frisch, „grün“ und vollmundig bis hin zu „pfirsich“ und „cremig“ mit Noten von Blüten aufweist – und auch gerne als das „südländische Echo des Sauvignon Blanc“ bezeichnet wird.
Eine weitere endemische, aber eher seltene Rebsorte ist Thrapsathiri, die mit ihrer delikaten und duftenden Note überzeugt und leicht an einen wundervollen (und ebenfalls gnadenlos unterschätzten) Galizischen Albariño erinnert.
Weitaus verbreiteter ist bei den kretischen Weißweinen die Rebsorte Vilana: dieser Wein ist recht „strukturiert“ und weist frische Zitrusaromen auf – ein genialer Wein für einen lauen kretischen Sommerabend!
Und nun zu den kretischen Rotweinen:
der unbestrittene Star dieser Reben ist auch der am weitesten verbreitete: der Liatiko.
Seine blasse Farbe, der reiche natürliche Zucker und die Neigung zur Oxidation führen dazu, dass er oft als Süßwein endet – aber der großartigste Liatiko taucht in trockener Form auf, wenn seine großzügigen Tannine aus den Schalen quasi ausgelaugt wurden, um seine natürliche Süße auszugleichen.
Er kombiniert auch außergewöhnlich gut mit einer anderen einheimischen roten Sorte namens Mandilari, die das Gegenteil ist: tief dunkelrot gefärbt und um einiges herber – aber dem Liatiko fehlt die zentrale Vollmundgkeit, die der Liatiko in Hülle und Fülle aufweist.
Eine dritte kretische einheimische rote Traube ist der Kotsifali, aus dem im Allgemeinen ein fruchtiger und einfacherer Wein hergestellt wird, als aus der Liatiko- oder Mandilari-Rebe.
Und nicht zu vergessen: fruchtig-frische Rosé-Weine, eine wundervolle Alternative zwischen rot und weiß! Zum Beispiel von Douloufakis. Edel und gut.
Kretas (zum Teil bereits erfolgreiche) Bemühungen um die Erlangung von Prädikaten in der Weinherstellung (DOCG — Denominazione di origine controllata e garantita – kontrollierte und garantierte Herkunft – oder DOP — Denominazione di origine protetta – geschützte Herkunftsbezeichnung) steckt zwar noch in den Kinderschuhen, aber die Kalksteinvorberge des Hinterlandes von Heraklion sind sicherlich die führende Qualitäts-Wein-Zone der Insel. Achtet bei einer Führung durch ein Weingut incl. anschließender Verköstigung auf jeden Fall auf die Varianten Liatiko, Kotsifali und Mandilari (Rot) und Vilana, Thrapsathiri und Vidiano (Weiß).
QuelleText: chaniapost.eu. Aus dem Englischen von Susanne Krüger.
Aber auf ganz Kreta findet man wundervolle Weingüter mit 1A-Weinen – mehr Informationen findet Ihr natürlich auch immer wieder bei uns!
Radio Kreta – immer gute Informationen!
Quelle Wein: die Winzerei Douloufakis in Dafnés bei Heraklion (die Lieferanten unseres Hochzeitsweines!), die Winzerei Zacharioudakis bei Ploutí/Präfektur Heraklion und die Winzerei Karavitakis in Pontikianá/Kolymbari (Chania).
Ein makabres Loblied(!) auf die Reblaus findet sich bei https://www.lyrix.at/t/hans-moser-die-reblaus-ae6
Besonders empfehlenswert ist übrigens der zu Recht ausgezeichnete Retsina von Kechrimbari
https://www.mygourmet24.de/Weisswein/Retsina-Kechribari-0-5-Liter-%7C-Kechri-Winery::375288.html?gclid=CIvq7cj139ECFdZAGwodctsF8A.
Geia mas!