Die griechische Sprache – so logisch, wie die Mathematik.

Der Titel dieses Artikels wird die Gemüter und Geister vermutlich mal wieder scheiden. Einige Leser werden dieses Statement voller Überzeugung abnicken, die anderen werden sich darüber empören, kämpft man sich doch seit Jahren durch die griechische Grammatik bzw. schlägt sich mit 5 „i“s, 2 „o“s, den „d“s, die keine „Deltas“ sind, den „b“´s, die keine „Betas“ sind und sonstigen Gemeinheiten rum – ohne der Sprache dabei allerdings wirklich mächtig zu werden.

Allerdings werden vermutlich alle dieses Statement verstehen, nachdem sie diese kleine, (auch linguistisch) sehr lehrreiche Anekdote gelesen haben.

Es begab sich mal wieder zu der Zeit, da in Paleochora das griechisch-deutsche Lesefestival 2016 stattfand. Man saß in abendlich gemütlicher Runde beieinander, lernte die noch unbekannten Teilnehmer und Besucher kennen und hatte Spaß.

Iosif Aligizakis
Freund und Schriftsteller Iosif Aligizakis aus Chania

Besonderen Spaß hatte die Verfasserin dieses Beitrages (also ich) bei einem kleinen Griechisch-Lehrgang – persönlich von Iosif Aligizakis erteilt – einem wundervollen kretischen Autor, der mir schräg gegenüber saß.

Es gibt in der griechischen Küche ja einige Gerichte, die neudeutsch durchaus als „Fingerfood“ durchgehen (z.B. Souvlaki, Gyros Pita & Co), für mich gehören dazu aber weder Salat noch Tsatsiki, weswegen ich beim leicht unkonzentrierten und phlegmatischen Kellner noch Messer (to macheri – το μαχαίρι) und Gabel (to Piruni – το πιρούνι) bestellen wollte. Iosif fragte mich ob meines verzweifelten Versuches, den Kellner auf meine Not aufmerksam zu machen (ich hatte HUNGER!), was ich denn wollte und ich sagte ihm: „Macheri kai piruni“ (Messer und Gabel).

Iosif darauf: „Aha, du willst also ein Macheropíruno !“

Ich: „Ähm, ein WAS?“

Iosif: „Na ein Macheropíruno. Messer und Gabel halt, etwas eleganter als „Essbesteck“ bezeichnet. Du sprichst doch ganz ordentlich Griechisch, dann wird es jetzt Zeit, ein bisschen am Stil zu feilen!“

Ich war beeindruckt und zugleich entzückt. Da eröffneten sich ja offensichtlich sprachliche Quellen, die mir bisher verborgen geblieben waren! Und ich sollte recht behalten, es war ein sehr ergiebiger Abend, dessen (zumindest sprachliche) Erkenntnisse ich gerne mit Euch teilen will.

Es ging nämlich im gleichen Stil weiter.

Nach dem „Besteck“ (το μαχαιροπίρουνο) ging es dem Essig-Öl-Ensemble an den Kragen, das sich auf jedem Tavernentisch findet. In meinem Dilettantengriechisch hieß das bisher „Ladi kai Xydi“ (λάδι και ξύδι) – in elegantem Iosif-Griechisch heißt das „to Ladóxydo“ (το λαδόξυδο).

Nach einem weiteren Blick über den Tisch fiel mein Blick auf das Salz-Pfeffer-Set, das ebenso mit jedem griechischen Tavernentisch verwachsen zu sein scheint und das ich bisher immer mit der Frage nach „Alati kai Piperi“ (αλάτι και πιπέρι) bestellt habe. Mir schwante aber so langsam, dass es auch dafür eine zusammengesetzte Wortschöpfung geben müsste und nun heißt das Ding seit Iosif´s Schnellkurs auch bei mir nur noch „Alatopípero“ (το αλατοπίπερο).

Und Iosif´s ebenso lapidare wie logische Begründung für diese Wortschöpfungen war diese: mit der griechischen Sprache verhält es sich wie mit der Mathematik. Sie ist logisch! Logisch, eins plus eins gibt zwar eigentlich zwei, zusammengesetzt aber wieder eins (macheri & piruni = macheropíruno etc.). Klar ist jedenfalls, dass die Griechen offensichtlich ein ebensolches Faible für Wortzusammensetzungen haben, wie wir Deutschen.

Ob sie auch einen – nur als Beispiel! – Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitänanwärter – im Repertoire haben, weiss ich (noch) nicht, aber alleine auf Grund der Länge mancher griechischer Worte könnte man schon davon ausgehen.

Vielleicht spielen ja deshalb auch die Griechen (zumindest die, die ich kenne) kein Scrabble… 😉

Why Germans dont play scrabble

Und statt mich zu ärgern, freue ich mich jetzt jedesmal, wenn auf dem eigentlich gedeckten Tisch etwas fehlt, denn dann kann ich jetzt ganz geschmeidig meine neuen Worte üben („Schätzelein, bringst du mir bitte noch ein macheropíruno und das alatopípero?“) 😉

Radio Kreta – man lernt ja immer noch was dazu. Danke, Iosif!


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