Vor diesen drei Männern zittert Griechenland
Von David Böcking und Georgios Christidis
Troika-Mitglieder Thomsen, Mors, Masuch: Die Männer, die viel Zorn auf sich ziehen.
Griechenland braucht dringend weitere Hilfsgelder – aber nur wenn die Troika aus EU, EZB und IWF zustimmt, fließen die Milliarden. Wer ist das eigentlich, die Troika? Zwei ihrer Mitglieder kommen aus Deutschland, doch den Ton gibt ein Däne an.
Hamburg/Thessaloniki – Beharrlich, unerschütterlich, oftmals anstrengend: So beschreiben amtierende und ehemalige Regierungsvertreter in Athen die sogenannte Troika. Seit mittlerweile drei Jahren sind Vertreter von Europäischer Union, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) in Griechenland als Reformprüfer im Einsatz. Von ihrem Urteil hängt es ab, ob das Land weitere Finanzhilfen bekommt – so wie jene 31-Milliarden-Euro-Tranche, über die nun verhandelt wird.
„Sie waren mir gegenüber nie unhöflich“, sagt ein Regierungsvertreter über die Troika-Mitglieder. „Aber gelegentlich schienen sie die ökonomische Wirklichkeit in Griechenland zu ignorieren.“ So habe die Troika beharrlich eine massive Senkung von Preisen und Löhnen gefordert. Die Griechen hätten daraufhin wissen wollen, ob die Troika garantieren könne, dass man so die Rezession überwinde. „Sie haben mit einem klaren Nein geantwortet. Aber in ein paar Jahren würden wir ihnen für die Reformen danken.“
Noch deutlich umstrittener als bei der Regierung ist die Troika in der griechischen Öffentlichkeit. Das liegt auch an ihrem wenig transparenten Auftreten. Offiziell sind die Troika-Vertreter Technokraten, die völlig unabhängig ihr Urteil über weitere Hilfen fällen. Doch letztlich vertreten die Mitglieder des Expertengremiums ihre jeweiligen Arbeitgeber und deren weitreichende Reformwünsche.
Wenig hilfreich für das öffentliche Ansehen der Troika ist derzeit auch, dass zwei der drei Mitglieder Deutsche sind. Schließlich gilt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vielen Griechen als Spardiktatorin, deren Willen von der Troika durchgesetzt wird. Personenschutz gehört für die Troika-Vertreter in Griechenland deshalb zum Alltag.
Wer aber sind die Männer, die so viel Zorn auf sich ziehen? Und was sind die Ziele der Organisationen, die sie vertreten? Ein Überblick:
Der Erfahrene: Poul Thomsen, IWF
Poul Thomsen: Genießt in Athen besonderen Respekt
Wenn Poul Thomsen Englisch spricht, klingt das wegen seines dänischen Dialekts nach freundlicher Plauderei. Doch was der 57-Jährige seinen Gesprächspartnern zu sagen hat, ist oft ziemlich ungemütlich. Seit 30 Jahren arbeitet der Ökonom für den IWF, der seine Finanzhilfen seit jeher im Gegenzug für Reformprogramme vergibt. Die Umsetzung solcher Programme hat Thomsen unter anderem im ehemaligen Jugoslawien, Russland und Island überwacht.
Wegen seiner Erfahrung genießt Thomsen auch in Athen besonderen Respekt. Laut einem griechischen Regierungsvertreter dominiert er häufig seine deutschen Kollegen Mors und Masuch und ist der härteste Verhandler der drei. „Thomsen ist bei Treffen sozusagen das Alpha-Männchen. Er wird von Ministern gefürchtet und spricht Tacheles mit der Regierung. Die beiden Deutschen sind meist weniger direkt.“ Thomsen war es auch, der mit hartnäckigen Forderungen nach weiteren Reformen kürzlich den griechischen Finanzminister Yannis Stournaras zu einem Wutausbruch und Rücktrittsdrohungen brachte.
Allerdings lastet auf dem Dänen, der unweit der Grenze zu Deutschland geboren wurde, auch der größte Druck. Denn zum einen haftet am IWF wegen seiner zeitweise äußerst marktfreundlichen Reformprogramme immer noch der Ruf eines globalen Inkassounternehmens. Aus griechischen Regierungskreisen heißt es, niemand vertrete die Interessen der Gläubiger so deutlich wie Thomsen.
Zum anderen muss der IWF-Mann aber auch 187 Mitgliedsländer des Währungsfonds repräsentieren. Von denen haben viele auf Druck des Fonds früher selbst schmerzhafte Reformen umgesetzt und befürchten nun, Griechenland könnte seine Milliardenhilfen deutlich bequemer bekommen. Diesen Verdacht haben die Europäer zu Beginn der Krise selbst geschürt: Zunächst wollten sie den als wenig kompromissbereit geltenden IWF bei der Griechenland-Rettung überhaupt nicht dabei haben. Auf Druck von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde er dann doch Teil der Troika.
Der Diplomat: Matthias Mors, EU
Matthias Mors: Besonders unnachgiebig bei Reformen des Arbeitsmarktes
„Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten II“, heißt die Abteilung, die Matthias Mors normalerweise in der EU-Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen führt. Derzeit beschäftigt den Brüsseler Beamten aber vor allem die griechische Wirtschaft. Er vertritt in der Troika die EU-Kommission – das wohl wichtigste Mitglied des Dreigestirns.
Denn während sich die Vertreter von IWF und EZB bei ihren Urteilen auf mehr oder weniger klare Vorschriften berufen können, ist die EU beeinflusst von den Regierungen ihrer Mitgliedsländer. Diese haben derzeit mehrheitlich kein Interesse daran, dass Griechenland weitere Finanzhilfen versagt werden – zu groß sind die Sorgen vor den möglichen Folgen für den Rest Europas. So wurde bereits im Vorfeld der jüngsten Troika-Entscheidung aus EU-Kreisen kolportiert, Griechenland werde die nächst Tranche in jedem Fall erhalten.
Trotz solcher Signale erscheint gerade Mors äußerlich mit Seitenscheitel, tadellosen Anzügen und meist ernstem Gesicht als gestrenger Technokrat. Laut griechischen Regierungsvertretern übernimmt er innerhalb der Troika gelegentlich die Führung. So soll der in Regensburg und Oxford ausgebildete Ökonom bei Reformen des Arbeitsmarktes besonders unnachgiebig sein.
Zwar kann Mors nicht auf so umfassende Auslandserfahrungen wie Thomsen verweisen. Dafür kennt der gebürtige Münchner seit fast 30 Jahre die Abläufe in der EU – und die dazugehörige Diplomatie. In seinen öffentlichen Äußerungen verbindet Mors denn auch meist Kritik mit vorsichtigem Lob – inklusive der Aufforderung an seine Landsleute, weiter in Griechenland Urlaub zu machen.
Der Genaue: Klaus Masuch, EZB
Klaus Masuch: Soll gelegentlich unduldsam auftreten
„Griechenland hat jahrelang nötige Reformen unterlassen und massiv über seine Verhältnisse gelebt“ – mit diesem harschen Urteil zitierte die „Welt am Sonntag“ vor einem Jahr Klaus Masuch, der in der Troika die Europäische Zentralbank vertritt. Auch in den Verhandlungen soll der Schweinfurter gelegentlich ziemlich unduldsam auftreten. Laut einem griechischen Regierungsvertreter kann Masuch ebenso wie Mors äußerst penibel sein. „Nach langen Verhandlungen fanden wir endlich eine Lösung. Und dann, urplötzlich, kamen sie zurück und sagten: Wir sind nicht von diesem oder jenem überzeugt.“
Als früherem Mitarbeiter der erzseriösen Bundesbank muss Masuch das griechische Verwaltungschaos ein Graus sein, die Genehmigung neuer Gelder dürfte ihm nicht leicht fallen. Als EZB-Vertreter hat jedoch auch er ein grundsätzliches Interesse daran, dass Griechenland weiter Gelder aus den staatlichen Rettungsschirmen erhält. Denn derzeit ist es vor allem die EZB, die Griechenland über komplizierte Transaktionen finanziell am Leben erhält.
Dennoch schreckt Masuch nicht vor Äußerungen zu Griechenland zurück, die gerade für die meist so zurückhaltenden Zentralbanker beachtlich sind. So kritisierte er, dass viele Griechen schon nach 15 Jahren Berufstätigkeit eine Mindestpension von mehr als 800 Euro erhalten hätten.
Den darauf folgenden Vorwurf, er propagiere einseitigen Sozialabbau, wollte Masuch nicht auf sich sitzen lassen. Dem Bayerischen Rundfunk sagte er, ihm sei wichtig, „dass man endlich auch die wohlhabenden und reichen Griechen, von denen viele bisher Steuern hinterzogen haben, heranzieht zur Sanierung des Staatshaushaltes“.
Quelle: Spiegel.de