Deborah Jeromin: Falschirmseide/ Μετάξι Αλεξίπτωτων.
Besprechung für www.radio-kreta.de vom 22. Mai 2022.
Deborah Jeromin erzählt die Geschichte der Fallschirmseide – von der NS-Seidenraupenzucht in Gartenvereinen über die Luftlandeschlacht auf Kreta bis hin zur dortigen Wiederverwendung der Fallschirme als Taschentücher und Kleider. Ende der 1930er Jahre wurde in einem Leipziger Kleingartenverein Maulbeeren angepflanzt, um Seidenraupen für die Produktion von Fallschirmen zu züchten, da Maulbeerblätter das einzige Futter der Seidenraupen sind.
Vom „Reichsluftfahrtministerium“ finanziert und propagiert, wurde die Seidenraupenzucht eingeführt, um autark von Seiden-Importen zu werden. Die „deutsche“ Zucht wurde jedoch nie so effektiv, dass annähernd genügend Seide produziert werden konnte. Am 20. Mai 1941 begann der Überfall der deutschen Wehrmacht auf Kreta. Der Einsatz von ca. 10 000 Fallschirmjägern war der Anfang der deutschen Terror-Herrschaft auf der Insel. Bis Ende 1944 folgten Massen-Exekutionen und das Niederbrennen von vielen Dörfern.
Deborah Jeromin über das Projekt „Fallschirmseide“: „Den Spuren der Seidenraupenzucht für Fallschirme bin ich in meinem Kleingarten in Leipzig nachgegangen. Auf der Suche nach der NS-Geschichte des Vereins habe ich dort unter der Prämisse Walter Benjamins, der die Wichtigkeit der Kontextualisierung von Gefundenem in Schichten in Ausgraben und Erinnern betont hat, angefangen zu graben.
So habe ich mein langjähriges Interesse für Textilien mit dem Vorgefundenen verbunden und bin den seidenen Fäden gefolgt. Vom Kleingartenverein in Leipzig bis zu den Erinnerungen von Zeitzeuginnen auf Kreta, die die deutsche Besatzung überlebt haben und Kleider und Taschentücher aus den zurückgebliebenen Fallschirmen der deutschen Luftwaffe herstellten.
Meinen ersten Hinweis fand ich in der Chronik des Kleingartenvereins Hoffnung West 1926 e.V., in dem ich selbst eine Parzelle bewirtschafte. Dort fand die Seidenraupenzucht für Fallschirme ab 1938 Erwähnung. Seidenraupenzucht in diesen Breitengraden? Im Zuge meiner Erkundigungen lernte ich, dass die Seidenraupenzucht in Deutschland eine lange Geschichte hat und auch von der größten Luftlandeschlacht der Militärgeschichte, dem Angriff auf Kreta am 20.05.1941.“
Deborah Jeromin forschte in einigen betroffenen Orten auf Kreta und stellte ihre Erkenntnisse in ihrem Buch „Fallschirmseide“ und einem dazugehörigen Doku-Film mit dem Titel „Verwundene Fäden“ auch schon auf Kreta vor.
Mehrmals im Jahr ist sie vor Ort und auch sicher gern bereit, ihre beachtenswerten Erfahrungen zu präsentieren.
Dr. Holger Czitrich-Stahl
Deborah Jeromin: Fallschirmseide.Spector Books, Hg.: Anne König, Design: Katrin Erthel,
Übersetzung: Alex Dimitriou (Deutsch/Griechisch)
ISBN 978-3-95905-395-2
Preis: 20,00 Euro
spectorbooks.com/fallschirmseide
Näheres unter:
http://verwundenefaeden.net/
Mehr Geschichten und Historie über Kreta von Holger findet ihr HIER.
Hallo Holger,
ich habe gerade Ihren wunderbaren Artikel „Lebens-Wandel. Begleiterscheinungen, Teil 51“ gelesen und würde Sie gerne kennenlernen.
Der Artikel spricht mir aus der Seele, ausserdem bin ich langjähriger Kretareisender und -Liebhaber und auch im fortgeschrittenen Alter. Mich spricht Ihre Lebensweisheit und direkte und gleichzeitig einfache Ausdrucksweise an!
Herzliche Grüsse aus Sulzburg (bei Freiburg) Christian