Aus aktuellem Anlass, der hier aber jetzt gar nicht weiter zur Debatte steht, haben wir uns mal wieder Gedanken über all die Aussteiger und Neuanfangenwoller gemacht. Obwohl, das tun wir eigentlich dauernd, da wir fast tagtäglich mit Anfragen, Hilferufen und Fragen jeglicher Art zu tun haben.
Und zwar von Leuten, meist aus D-A-CH oder gerne auch mal GB, die gerne ihr dortiges Leben aufgeben und sich hier, auf ihrer Trauminsel, niederlassen wollen. Das allerdings meist bitte mit allem Komfort! Also erst, wenn man die Rente sicher hat oder einen wasserdichten „Businessplan“ (letzteres geht allerdings meistens schief…).
Worauf ich hinaus will: Kreta ist eine wundervolle Insel, keine Frage! Die Menschen sind herzlich den Touristen gegenüber, die Natur ist überwältigend, das Wetter 300 Tage im Jahr einfach toll (naja, Wind muss man allerdings mögen…), das Meer ein Traum und das Leben (Mieten und Lebensunterhalt) noch relativ günstig, wenn man eine gute deutsche Rente incl. Sozialversicherung hat. Und dann passiert etwas, das vielleicht mit dem vielzitierten „Kreta-Virus“ zusammenhängt (die Forschungen dazu sind allerdings noch nicht abgeschlossen) bzw. eine Begleiterscheinung desselben sein könnte: kompletter Realitätsverlust der Betroffenen.
Und nun zur Realität
Nur sieht der Alltag hier meist ganz anders aus – vor allem, wenn man sich wie das vielzitierte Eichhörnchen mühsam nähren muss. Dann sind die Menschen zwar immer noch herzlich, aber Business ist Business…. Die Natur ist immer noch überwältigend, das Wetter toll, das Meer ein Traum – aber das Leben ist eben nicht mehr relativ günstig, da sich das Eichhörnchen hier wirklich nur mühsam nährt. Und ohne die Sprache und vor allem die Mentalität der Griechen bzw. Kreter zu verstehen, wird man hier nicht bestehen. Es sei denn, man zieht ein Ausländer-Getto in deutscher, wahlweise englischer oder skandinavischer Nachbarschaft vor – da ist man ja auch unter sich. Leben wie zu Hause aber mit besserem Wetter…
Wir haben in unseren vielen Jahren auf Kreta, die zum Teil auch sehr mühsam waren, so viele Leute voll motiviert und mit tausend Ideen kommen und dann mit hängenden Köpfen, desillusioniert, enttäuscht und frustriert wieder gehen sehen, weil sie einfach eine vollkommen andere Vorstellung vom Leben auf ihrer Trauminsel hatten, dass wir uns wirklich bemüßigt fühlen, mal einen kleinen „Weckruf“ zu lancieren. 14 Tage oder 2 Monate Urlaub auf Kreta geben Euch keinen, aber auch gar keinen Einblick in das Leben, das man hier 365 Tage im Jahr führt – eine nicht vorhandene „sichere“ europäische Rente mal vorausgesetzt. Aber selbst mit einer guten Rente wird man hier nicht glücklich, wenn man keine sozialen Kontakte hat. Und die bekommt man nicht geschenkt…
Von vielen haben/hatten wir auch den Eindruck, dass sie einfach vor ihren Problemen „zu Hause“ wegzulaufen versuchen, so wie der Vogel Strauß den Kopf in den Sand steckt oder unser Mitso einfach die Augen zumacht, wenn er Mist gebaut hat – nach dem Motto: „wenn ich dich nicht sehe, siehst du mich auch nicht.“
Ein paar unabdingbare Voraussetzung für´s Gelingen (ohne Garantie!)
Wer sich hier von seiner Hände bzw. seines Kopfes Arbeit ernähren will oder muss, sollte sich im Vorfeld vor allem mal ganz nüchtern mit den reellen Umständen vor Ort auseinandersetzen.
Dazu gehören gewisse Kenntnisse, allem voran die Sprache (und Schrift!). Weiterhin und keinesfalls vernachlässigbar
- Steuernummer(n)
- Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitserlaubnis
- Sozialversicherung
- Gesundheitswesen
- Mietrecht
- Erbrecht
- Mindestlohn (derzeit netto 586,- €/Monat bei 40h/Woche)
- Saisonarbeit und Arbeitszeiten
- Grundstückskauf, Katasteramt und Baugenehmigungen
- Steuerrecht und Steuerberater
- KFZ-Kennzeichen und -Ummeldung
- Rechtsanwälte und Notare
- (unkontrollierte) Stromausfälle
- Streiks
Desweiteren gibt es immer wieder viele (durchaus berechtigte) Beschwerden zum Thema Tierschutz. Wer damit nicht umgehen kann bzw. nicht bereit ist, vielleicht selbst sein Schärflein dazu beizutragen, wird es hier auch deswegen schwer haben, zumindest mit dem Gewissen….
Auf den Punkt gebracht: wer nach Kreta kommt, um hier zu leben und zu arbeiten, ist Gastarbeiter. Sicher gerne gesehen, wenn er/sie denn was kann, was benötigt wird und es auch wirklich gerne tut (gibt es übrigens denn keinen Schuster, der sich in Paleochora niederlassen will??? Das ist ein AUFRUF!!!), aber bitte verabschiedet Euch von den mitteleuropäischen Standards.
Wir sind hier nicht wirklich in Europa, auch wenn der Euro (noch) die gemeinsame Währung ist. Die Umstände sind nun mal nicht europäisch und was einem im 14-tägigen Urlaub so ganz charmant anmutet ist im Alltag nun mal oft ganz schön schwer. Da hat man dann entweder einen ganz konkreten Plan, den man auch trotz aller Widrigkeiten durchzieht, oder man zieht mit den o.g. hängenden Ohren wieder ab. In ersterem Fall und mit harter Arbeit kann man hier ein wirklich gutes Leben führen. Nicht immer einfach, aber durchaus machbar. Oder man zieht halt wieder ab… und zwar ent-täuscht von der Insel, die gar nix dafür kann. Denn ge-täuscht hat man sich oder wurde man selbst!
Grade hat wieder jemand aus für uns unerfindlichen Gründen nach nicht mal 6 Monaten das Handtuch geworfen. Dabei braucht es gute 2-3 Jahre und gute Arbeit, bis man hier akzeptiert wird. Von daher: Lektion 1 des Griechischkurses – Ypomoni (Yπομονή – Geduld!).
Radio Kreta – Einfach Leben!
Und für alle, die im Urlaub oder der Renten-Wartezeit schon mal mit dem Erlernen der griechischen Sprache anfangen wollen, gibt es unsere individuellen Griechischkurse.