Geschichten von Kreta: Das schöne Herz

Nach vielen Abenden bei unserem Freund Nikos Lamprakis in seinem „To Steki tou Vlami“ in Tsoutsouras wurden wir von einem seiner Stammgäste – Adonis – zu sich nach Hause eingeladen.

Kleine Hintergrundinformation zum besseren Verstehen: Adonis ist einer der vielen Adonisse in Tsoutsouras, so dass jeder von ihnen einen Beinamen hat, damit man da auch sauber unterscheiden kann und weiß, um wen es grade geht.

So gibt (nun ja, leider GAB) es einen „Adonis, den Fischer“ (Psarantonis), einen Adonis von der Polizei (Adonis Astynomia) und den Protagonisten unserer heutigen „Geschichte von Kreta“: „Adonis mit dem appen Bein.“

Der mit der norddeutschen Sprache vertraute Leser mag schon erahnen, was es damit auf sich hat – „Adonis mit dem appen Bein“ ist ein junger Kreter (damals Ende 20), der bei einem Motorradunfall ein Bein verloren hatte und seit dem körperlich behindert war und somit lediglich die (damals schon sehr) karge Invalidenrente bezog.

Von daher hatte er auch nie viel Geld für eine „Sause“ im „To Steki tou Vlami“, wollte sich aber auf seine Art für viele schöne „gesponserte“ Abende in netter Gesellschaft revanchieren.

gesellige-runde-bei-nikos

Und so kam der Abend Ende Oktober 2008, an dem „Adonis mit dem appen Bein“ uns alle einlud – zu sich nach Hause. In sein Dorf, irgendwo in den Bergen oberhalb Tsoutsouras´, wo seine Eltern ein kleines Kafeneio/Rakadiko betreiben.

zu-haus-bei-adonis

„Wir alle“ waren Nikos, Tigris der Doc, Joerg, Susanne (also ich), Jürgen (unser Ratatouille-Koch), und nun mal Adonis – Mitsos war damal noch nicht dabei…

Man traf sich gegen 19h im „To Steki tou Vlami“ und nach ein, zwei Raki auf einen schönen Abend schloß Nikos sein Etablissement ab und dann ging´s los in Richtung „Adonis mit dem appen Bein´s Bergdorf“.

Dort angekommen wurden wir in dem kleinen Dorfkafeneio an einen Tisch verfrachtet, der sich kurz nach unserer Ankunft unter den dargebotenen Leckereien (flüssig wie konsistent…) zu biegen anfing….

Man parlierte in einem willkürlichen Mischmasch aus Griechisch, Englisch und Deutsch und verstand sich auf´s Wunderbarste.

Naja, bis auf eine Person, die des Deutschen und Englischen zwar durchaus – des Griechischen damals aber noch so gar nicht mächtig war…. – nämlich ich. Trotzdem amüsierte ich mich prächtig ob der aufgeschnappten Worte und der allgemein guten Laune.

Und dann kam der „magische“ Moment:
Adonis-mit-dem-appen-Bein´s Mama rief auf Griechisch etwas in die Runde der Griechisch-zumindest-Versteher – (also alle, ausser mir….).

Daraufhin schauten alle mich an, lächelten und bestätigten mit heftigem Kopfnicken und zwei bis dreifachem „nai nai!“ die Aussage der Mama.

Auf die kurze, leicht irritierte Rückfrage in Richtung meines damals noch nicht Angetrauten, was Adonis-mit-dem-appen-Bein´s Mama denn gesagt hat, kam nur die Aussage: „sie hat gesagt, du bist ein schönes Mädchen, denn du lachst viel und hast ein schönes Herz!“

Und da kommt einem ein lang vergessenes Wort und vor allem dessen Bedeutung wieder ins Gedächtnis und fährt einem direkt in´s Herz: Demut.

Danke, Kreta!


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Ein Kommentar

  1. ..danke,Susanne für die zauberhafte kleine Geschichte-so treffend wie anrührend!!–aber auch für das Wort Demut,welches in unserem Sprachgebrauch immer seltener wird.

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