Griechen helfen Griechen – Eine kleine Agrar-Revolution.

Gestern und heute spielten sich auf Paleochora´s Straßen seltsam anmutende Szenen ab. Viele Leute gingen mit leeren Händen (das ist in diesen Zeiten zugegebenermaßen nicht sehr aufsehenerregend…) zum ehemaligen KEP-Gebäude (dem ehemaligen „Bürger-Service-Zentrum“ – auf griechisch: Kéntro Exypirétisis Politón – Κέντρo Εξυπηρέτησης Πολιτών) und kamen beladen mit 1,2 oder 3 Stiegen Obst wieder heraus. Das Obst stellte sich als große, saftige und reife – aber nicht überreife – Pfirsiche heraus, die offensichtlich verschenkt wurden.

Na gut, gestern haben wir dem Ganzen noch keine große Bedeutung beigemessen, da hier ja doch immer mal wieder was verschenkt wird – wir selbst konnten uns im Winter vor „Geschenk-Tomaten“ kaum retten. Wie sagt Freund Lucky aus Azogires in diesem Fall in fließendem und akzentfreien Deutsch? „Kann passieren!“ Also einmal die Schultern gezuckt und nicht weiter drüber nachgedacht.

Passiert aber halt nun mal nicht allzu oft und vor allem nicht in diesen Mengen, denn auch heute standen mit Pfirsich-Stiegen hoch beladene Pick-Ups vor dem „Bürgerhaus“. Und schon gar nicht an 2 aufeinanderfolgenden Tagen!

Pfirsiche Naoussa 2
Geschenkte Pfirsiche mit insgesamt 4,5 kg Lebendgewicht

Als heute dann genau das selbe Treiben losging, war die Neugierde größer als die Zurückhaltung – man ging halt selber mal gucken und bekam sofort selbst eine Stiege Pfirsiche in die Hand gedrückt. Urgs, das waren spontan geschätzte 4kg. Kurz durchgezählt: 18 Prachtexemplare großer Pfirsiche, die – wie die häusliche Überprüfung ergab – jeder um die 250 gr. wogen. Sprich, die spontan geschätzten 4kg waren knappe 4,5 – aber gar nicht mal so schräg gelegen. Die Freude war groß, der Zucker für die Marmelade direkt nebenan ruckzuck gekauft, die Verwirrung aber immer noch recht groß.

WARUM TUN DIE DAS???

Kurz bei griechischen Freunden nachgefragt und eine Antwort bekommen, die prägnanter nicht sein könnte! Denn auch in diesem Falle kommt mal wieder der griechisch-revolutionäre Pragmatimus und die „Freiheit oder Tod!“-Mentalität zum Tragen (Ελευθερία ή Θάνατος).

Hintergrund dieser Aktion ist nämlich, dass derzeit die griechischen Obstbauern für ihre Ware von den Großhändlern (die übrigens damit ein Heidengeld verdienen!) fast gar kein Geld mehr bekommen. Und bevor diese Bauern den Großhändlern zu noch mehr schnödem Mammon auf ihre eigenen Kosten verhelfen, verschenken sie das Obst lieber an ihre Landsleute.

Hierzu muss auf jeden Fall noch angmerkt werden, dass die Pfirsiche, von denen hier und heute die Rede ist, aus Nordgriechenland, namentlich aus der zentralmakedonischen Stadt Naoussa stammen!

Pfirsiche Naoussa 1
Nordgriechisch-Kretische Kooperation

Vertrauenswürdigen Quellen zufolge lief die Geschichte in umgekehrter Richtung letzten Winter in Form von kretischen Tomaten, deren Erlös für die Bauern bei der Belieferung von Großhändlern um die 0,20 Euro/kg betragen hätten.

„Ochi!“ sagt sich da der sture und stolze Grieche – „dann lieber an meine Landsleute verschenken! Freiheit oder Tod! (Ελευθερία ή Θάνατος!)“

Radio Kreta – Revolution ist machbar, Herr Nachbar!


streamplus.de

2 Kommentare

  1. Poli orea, magari to kanoun KI Edo oi dikoimas agrotoi! Schoen wärs, wenn unsere Bauern das hier auch taeten! (Von Naussa bis nach Kreta ists ganz schön weit – 500 km bis Athen und dann noch nochmal so was per Schiff!) danke für die hübsche Geschchte trotzdem!
    Helmut Bertling

Kommentare sind geschlossen.