Quelle: Spiegel.de
1941 holte er die Hakenkreuzflagge von der Akropolis, heute sieht er Griechenland wieder vor der Unterdrückung: Der griechische Widerstandsheld und Syriza-Politiker Manolis Glezos spricht im Interview über Schulden, Angela Merkel und die richtige Währung für sein Land.
Eine Schule im Athener Stadtteil Egaleo, an diesem Sonntag – der Schicksalswahl in Griechenland – umfunktioniert in ein Wahllokal. Davor sitzen junge und alte Griechen beisammen, trinken Kaffee oder Tsipouro-Schnaps und diskutieren über Politik. Dann plötzlich ein Menschenauflauf und Applaus: Manolis Glezos ist da, Griechenlands größter noch lebender Volksheld.
Der 90-Jährige wurde berühmt, als er 1941 mit einem Freund die Hakenkreuzfahne von der Akropolis holte und so zum Widerstand gegen die deutschen Besatzer ermutigte. Diese folterten Glezos nach seiner Festnahme, auch in der Nachkriegszeit und unter der Obristen-Diktatur saß Glezos in Haft, insgesamt elf Jahre lang.
Heute gehört Glezos zum Linksbündnis Syriza, das nach der Wahl die Sparvereinbarungen aufkündigen will. Umringt von zahlreichen Anhängern, lässt sich der freundliche und hellwache alte Herr sofort auf ein Interview ein. Am Ende überreicht er ein signiertes Buch, das ein Mitarbeiter extra herbeischafft – das Schwarzbuch der deutschen Besatzung.
SPIEGEL ONLINE: Herr Glezos, Europa fürchtet einen Sieg von Syriza. Zurecht?
Manolis Glezos: Nein. Die Banken müssen Angst haben und das Kapital, aber nicht die normalen Leute.
SPIEGEL ONLINE: Und die Griechen müssen auch nicht fürchten, den Euro zu verlieren?
Glezos: Wir Griechen haben das Geld erfunden. Aber Geld an sich produziert nichts. Wenn eine Aktie innerhalb einer Minute um 100 Euro steigt, sind dafür nicht Waren im Wert von 100 Euro erzeugt worden. Wir wollen wirkliches Geld, um echte Werte zu handeln.
SPIEGEL ONLINE: Also braucht Griechenland den Euro nicht?
Glezos: Mir ist es egal, ob wir Drachmen, Peseten oder Pfund haben. Wir sind ein Teil von Europa. Aber Europa ist nicht die Euro-Zone.
SPIEGEL ONLINE: Die deutsche Regierung sieht das anders. Im Streit um die Sparprogramme werden in Griechenland deshalb die antideutschen Töne lauter.
Glezos: Wir haben kein Problem mit der deutschen Bevölkerung, wir lieben die Deutschen. Aber schon NS-Propaganda-Minister Joseph Goebbels hat einst vorhergesagt, dass Deutschland im Jahr 2000 die führende Zivilisation in Europa sein wird – er hat sich nur um zehn Jahre geirrt.
SPIEGEL ONLINE: Was meinen Sie?
Glezos: Die Politik von Angela Merkel. Sie will Griechenland unterdrücken und der Boss von Europa sein. Aber das werden wir ihr nicht erlauben.
SPIEGEL ONLINE: Wenn das wirklich Deutschlands Plan ist, warum lässt es Griechenland dann nicht einfach pleitegehen, sondern leiht dem Land Milliarden?
Glezos: Schon der griechische Dichter Menander hat festgestellt, dass Schulden Menschen zu Sklaven machen. Der erste Kredit wurde uns 1824 gegeben, erst vor zwölf Jahren haben wir die letzten Raten zurückgezahlt. Wir wollen keine Darlehen, Retter oder Kredithaie mehr. Die können gehen und alles mitnehmen – wir werden zurechtkommen.
SPIEGEL ONLINE: Die griechischen Schulden sind Ihnen also egal?
Glezos: Griechenland hat im Zweiten Weltkrieg den größten Anteil seiner Bevölkerung verloren und musste den deutschen Besatzern einen Zwangskredit über 162 Milliarden Euro geben. Doch als einziges Land in Europa sind wir nie für die Kriegsverbrechen entschädigt worden. Warum? Will uns Merkel heute dafür bestrafen, dass wir damals gegen die Besatzer rebelliert haben?
SPIEGEL ONLINE: Sicher nicht.
Glezos: Mag sein. Aber diese Antwort will ich von ihr selbst hören.
Das Interview führten David Böcking und Lamprini Thoma
……dazu vielleicht den link zum Gespräch das ich mit Manolis Glezos im Mai 2012 führen durfte! Dieses Gespräch kam im Rahmen des Marsches von Patras-Athen zustande!(der link dazu http://weareallgreek.wordpress.com/)
http://www.youtube.com/watch?v=5-KUNZuWfD0&feature=relmfu