Es kann keine Überraschung sein, dass so viele Griechen gegen die Fortsetzung des Sparprogramms gestimmt haben. Man müsste an ihrer Intelligenz zweifeln, wenn sie es nicht getan hätten.
Nach dem Wahldebakel der großen Volksparteien in Griechenland bestehen kaum Aussichten auf eine stabile Regierung in Athen. Die Griechen straften die beiden Traditionsparteien, die konservative Nea Dimokratia (ND) und die sozialistische Pasok, für das drastische Sparprogramm ab. Zusammen kamen sie auf gerade einmal 32,1 Prozent – weniger als die Hälfte ihres Ergebnisses von 2009 – und verfehlten damit knapp die Mehrheit im Parlament: Zusammen kamen sie nur auf 149 von 300 Sitzen
Griechenland steckt im fünften Jahr einer schweren Rezession und im dritten Jahr einer Krise, in deren Folge bis zum Jahr 2013 möglicherweise ein Viertel der Wirtschaftsleistung des Landes ausgelöscht wird, in der jeder Fünfte arbeitslos ist, unter den Jungen nahezu jeder zweite. Nun haben die Griechen gewählt. Und Berichterstatter klappern vor Angst mit den Zähnen angesichts der Tatsache, dass nun „die Stabilität“ gefährdet sei.
Stabilität, das hat seit der Gründung der Hellenischen Republik vor knapp 38 Jahren bedeutet, dass entweder die konservative Nea Dimokratia oder die sozialdemokratische Pasok an der Macht waren – mit schwer zu unterscheidenden Auswirkungen. Stabil blieb dabei, dass beide großen Blöcke das Land gegen die Wand fuhren. Wer heute darüber klagt, dass die Griechen am Sonntag nicht Stabilität gewählt haben, hätte als Passagier auf der sinkenden „Titanic“ auch nachfragen können, ob man wenigstens einen großen Anker an Bord habe. Wenn das Schiff schon untergeht, soll es dabei zumindest nicht schaukeln.
Michalis Pantelouris (Jg. 1974) ist Journalist und lebt in Hamburg. Soeben erschien von ihm „Hände weg von Griechenland“ (Campus, Keynotes, 5,99 Euro)
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