Kretas Klöster: Klerikale Kleinode.

Ist man ungebunden und auf Endeckungsreise, sucht man sich auf der Karte wohl bald die Klöster der Insel als Ausflugs- und Erkundungsziel heraus. Wo die Straßen zu Schotterwegen werden, zu einer einsamen Küste führen oder mitten in den Bergen enden und die nächste Siedlung in weiter Ferne liegt – da liest man oft gleich neben einem Kirchensymbol das Wort „Moni“ (Μονή) – zu deutsch: „Kloster“. Und dann folgt man diesem Hinweis am Besten einfach – zu entdecken gibt es da sicher auf jeden Fall etwas Neues. Bzw. meist etwas Altes oder doch zumindest Althergebrachtes, Traditionelles.

Wer sein Leben dem Gebet, der inneren Einkehr und der Beschaulichkeit widmet, braucht Abgeschiedenheit – und davon gibt es auf Kreta bekanntermaßen ja reichlich. Früher zählte die Insel mehr als tausend, meist eher kleine Klöster. Nicht einmal fünfzig überlebten die ersten Jahre unter den Türken. Heute gibt es nur mehr um die vierzig aktive griechisch-orthodoxe Klöster. Einige florieren, andere werden nurmehr von wenigen Brüdern am Leben erhalten, wieder andere sind völlig verlassen, wurden umfunktioniert oder dem Verfall anheim gegeben. 

Lange kretische Klostertradition…

Klöster haben auf Kreta eine lange Tradition. Vor mehr als tausend Jahren ließen sich Einsiedler in Höhlen und entlegenen Winkeln der Insel nieder (und damit sind jetzt grade nicht die Matala-Hippies gemeint….!). Unter den Venezianern traten viele katholische Siedler zum orthodoxen Glauben über, bauten herausragende Kirchen und Klöster und verhalfen diesen zu Wohlstand – einige von ihnen sind heute noch intakt. 

So zum Beispiel das Kloster Arkadi, unweit von Rethymnon, das dank seiner dramatischen und blutigen Geschichte vielleicht das bekannteste der kretischen Klöster ist. Es bestand vom 14. Jahrhundert bis 1866 und ist das bedeutendste Nationaldenkmal der Insel. Das Kloster spielte eine herausragende Rolle im kretischen Kampf um Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich. Die Klosterkirche war bis zur Einführung des Euro auf dem 100-Drachmen-Schein abgebildet.

Das Kloster Arkadi.

Daneben gibt es das berühmte Widerstandsnest Préveli an der Südküste der Insel, Agia Triáda auf der Halbinsel Akrotiri, das Kloster Tóplou im Nordosten und Vrontísiou südlich des Psiloritis. Nicht zu vergessen das schöne Kloster Chrisoskalitissa, oberhalb eines der schönsten Strände der Insel – Elafonissi gelegen – und durchaus immer einen Besuch wert, vor allem zu Mariä Himmelfahrt am 15. August!

…und Regeln

Dabei sei allerdings auch darauf hingewiesen, dass es auch in unserem ach-so-modernen 21. Jahrhundert immer noch gewisse Klosterregeln gibt, die man auch bitte als Besucher respektieren und einhalten sollte. Je nach Kloster fallen diese unterschiedlich aus, aber ein „Grundstock des guten Benehmens“ gilt für alle. So fallen Shorts und kurze Röcke (kurz = nicht mindestens über die Knie reichend!), nackte Schultern oder gar freigelegter Bauch (!!!!) in die Kategorie der absoluten Frevel. Kopfbedeckungen sollten beim betreten der heiligen Hallen auch nach Möglichkeit abgelegt werden – dass unzüchtiges Verhalten (lautes Rumtölpeln, in die Rabatten pinkeln, Körperlichkeiten jeglicher Art, alle möglichen Ausstellungsstücke antatschen etc.) per se tabu ist, braucht sicher nicht weiter erwähnt zu werden. 

Klerikale Touristenattraktionen

Diese Klöster – zu denen Ihr am Ende dieses Artikels auch ausführliche weiterführende Informationen findet – können der Zukunft recht getrost entgegensehen. Wie überall in der christlichen Welt gehen auch auf Kreta immer weniger junge Leute ins Kloster, doch die finanzielle Sicherheit von Einrichtungen wie Préveli und Agia Triáda, die im stetigen Strom der Besucherbusse stehen und Museen voller Kunstschätze aufwarten, ist mehr als gesichert. Wenn Grundbesitz effektiven Reichtum widerspiegelt, darf der Abt von Tóplou als einer der reichsten Männer Kretas gelten. 

Nicht wenige der heute noch bewirtschafteten Klöster haben auch – außer ihren kleinen oder größeren Museums-Anlagen – Klostershops anbei. Dort werden Messwein, Honig, die verschiedensten Kräuter, Ikonen und sonstige kretische Schätze verkauft und sie erfreuen sich regen Zulaufs. Klerikaler Ablasshandel statt Beichte? Man kann nur munkeln, ist ja aber auch egal, so lange diese Kulturschätze weiterhin erhalten werden.

Kloster Toplou.

Doch das ursprüngliche Klosterleben ist hart. In den entlegenen und wenig besuchten Klöstern an der Küste oder in den Bergen müssen die Mönche und Nonnen in der Regal ums Überleben kämpfen, oft auch Schwerstarbeit leisten. Man sieht sie entweder in Arbeitskleidung mit hochgekrempelten Ärmeln beim Graben und Putzen oder in ihren schön bestickten Roben bei der Ausübung ihrer religiösen Pflichten. Die karge Einrichtung, die rostigen alten Lieferwagen und die kargen Mahlzeiten in Klöstern wie Faneroménis bei Gourniá, Árvi an der Küste südlich des Märtyrerdorfes Ano Viánnos oder Kapsá im Osten von Ierápetra zeugen von einem äußerst spartanischen, aber realitätsnahen Lebensstil. Dieses Leben steht im Einklang mit dem griechisch-orthodoxen Glauben, vor allem mit seiner kretischen Variante, die religiöses und säkulares Leben praxisnah miteinander verbinden will. Und dahin wollen ja viele gerne wieder hin: weg vom „höher-größer-weiter“ hin zum spartanischen Leben, zur „Selbstfindung“. Ein nicht ganz neuer, aber veritabler Geschäftszweig (honi soit qui mal y pense….).

Kriege, Klöster und Klerus auf Kreta

Was Kampf und Widerstand betrifft, haben sich die kretischen Klöster hie heraus- oder zurückgehalten. Sowohl die Bewohner des Klosters Arkádi als auch von Préveli bemühten sich, alliierte Soldaten nach der Schlacht um Kreta zu evakuieren und zu verstecken. Abt Silignákis von Tóplou wurde zusammen mit einem Dutzend seiner Mönche erschossen, nach dem man im Kloster eine Funkstation entdeckt hatte. Agia Triáda wurde 1821 von den Türken zerstört und das Kloster Goniás auf der Halbinsel Rodopou zeigt stolz die türkischen Kanonenkugeln, die in die Mauern einschlugen. 

Wie bereits erwähnt, gibt es viele verlassene Klöster auf Kreta, dennoch lohnt sich ein Abstecher zu jedem von ihnen, denn auch und gerade bei denen in Abgeschiedenheit (fast) vergessenen Gebäude, kann man die Beschaulichkeit der kretischen Natur, die Stille und Einsamkeit wunderbar für die innere Einkehr nutzen. Und selbst wenn man nicht besonders (oder gar nicht) gläubig ist und auch keine Esoterik-Schübe hat, geht von diesen alten, immer noch irgendwie heiligen Gemäuern eine magische Faszination aus.

Auch das ist Kreta: Kirche, Kontemplation und Kultur. Und rundherum Natur!

Mehr interessante Informationen zu einigen Klöstern gibt es hier: Kloster Arkadi, Kloster Toplou,  die Klöster Agia Triáda, Gouverneto, Katholiko und Kalogréon und das Kloster Chrisoskalitissa. Und damit zusammenhängend die erwähnte Schlacht um Kreta.