Bis Griechenland wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen kann, werden nach Überzeugung des Erfolgsautors Petros Markaris zehn oder noch mehr Jahre vergehen. Schuld an der Misere sei die politische Klasse des Landes, sagt Markaris im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa.
Seine Arbeit am nächsten Krimi mit Kommissar Charitos komme gut voran, berichtete der 75-Jährige in Zürich, wo der Diogenes-Verlag seine Bücher in deutscher Sprache herausbringt.
Dem kürzlich erschienen Krimi „Zahltag“, dem zweiten aus Ihrer Krisen-Trilogie, haben Sie ein Wort des einstigen Präsidenten Karamanlis (1907-1998) vorangestellt: „Griechenland ist ein riesiges Irrenhaus.“ Ist es so schlimm?
Markaris: „Der konservative Karamanlis hatte versucht, Griechenland mehr in Richtung Europäische Union zu führen. Widerstände haben ihn so zur Verzweiflung getrieben, dass er das Land als einziges Irrenhaus bezeichnet hat.“
Und heute…
Markaris: „… ist es noch viel verrückter.“
Und das sagt ein studierter Volkswirt. Wo legen Sie eigentlich Ihr Geld an, auch in der Schweiz wie viele reiche Griechen?
Markaris: „Ach, ich habe nur so viel Geld, dass ich und meine Tochter anständig leben können, irgend ein Investment-Programm habe ich nicht. Ich bin jetzt 75 Jahre alt, wozu sollte ich investieren? Ich kann doch mein Leben genießen.“
Auch dank der Krise, die spielt in ihren Romanen ja eine große Rolle.
Markaris: „Es stimmt. Ich habe mit diesen Romanen von der Krise profitiert, indem ich den Leuten die Wahrheit gesagt habe, die nackte Wahrheit.“
Zum Beispiel?
Markaris: „Dass die Krise zehn Jahre oder noch länger andauern wird. Und dass man nicht ewig auf Kredit leben kann.“
Können die Griechen das Wort „Troika“ überhaupt noch hören?
Markaris: „Davon gibt es sogar zwei. Unsere Regierung ist eine Drei-Parteien-Koalition, auch eine Troika. Die Griechen sind über beide empört.“
Regierungschef Antonis Samaras hat vor einem totalen Chaos gewarnt, wenn die von der EU geforderten Milliarden-Einsparungen nicht erbracht und dann die Kreditzahlungen eingestellt werden…
Markaris: „Das sagt er jeden zweiten Tag.“
Kann es noch schlimmer kommen?
Markaris: „Ja. Wenn die Kredittranche von 31,5 Milliarden Euro nicht kommt, ist Griechenland auch offiziell pleite. Eigentlich ist der Bankrott ja längst da. Das Land hält sich nur mit Hilfe der EU und des IWF auf den Beinen. Hört das auf, ist es pleite. Wir üben uns jeden Tag in Schwarzmalerei darüber, wie dieses Chaos aussehen wird.“
Und wer bekommt dann die Schuld – Frau Merkel, die EU, der IWF?
Markaris: „Schuld ist die ganze politische Klasse bei uns. Ein System von Parteien, die unser Land seit Jahren in die falsche Richtung geführt haben – mit verheerenden Folgen. Natürlich sind die Griechen nicht unschuldig, denn sie haben diese Leute ja gewählt.“
Aber auf die Deutschen ist man besonders sauer?
Markaris: „Geld zerstört eben die Freundschaft. Seit wir die gemeinsame Währung haben, streiten wir uns. Und ich habe noch keinen Reichen jubeln sehen, wenn er sein Geld mit einem Armen teilen soll.“
Das klingt alles so, als würde eine Trilogie gar nicht ausreichen, um diese Krise literarisch zu begleiten.
Markaris: „Ich habe ja schon gesagt, dass ich aus der Trilogie vielleicht eine Tetralogie mache. Oder schlimmstenfalls beginne ich nach dem Abschluss der ersten mit einer neuen Trilogie.“
Wie steht es um den dritten Band?
Markaris: „Ich komme gut voran, bis auf die letzten sieben oder acht Kapitel ist er fertig.“
Wie wird er heißen?
Markaris: „Nach einem Slogan der Widerstandsgeneration, die sich gegen die Militärjunta in Griechenland wehrte – „Brot, Bildung, Freiheit“. Ob das in der deutschen Übersetzung so bleibt, kann ich noch nicht sagen.“
Im ersten Teil bringt ein Killer Banker um, im zweiten werden Steuerbetrüger ermordet. Wer muss im dritten dran glauben?
Markaris: „Es geht um Leute aus der Generation, die das Land in den Ruin getrieben haben, also um Politiker. Aber mehr will ich jetzt nicht verraten.“
…
Quelle: Focus.de
Petros Markaris (griechisch Πέτρος Μάρκαρης) * 1. Januar 1937 in Istanbul) ist ein griechischer Schriftsteller, der international bekannt wurde durch seine Kriminalromane um den in Athen ermittelnden schrulligen „Kommissar Kostas Charitos“. 2008 wurde er durch den griechischen Kulturminister, der der konservativen Partei „Nea Demokratia“ angehört, zum Präsidenten des Nationalen Buchzentrums (EKEBI) berufen.
Vielen Dank für diesen Beitrag.
Ich mag Makaris´s Kriminalromane sehr – insbesondere die beiden Teile aus seiner Triologie.
Kürzlich hatte ich das Vergnügen seine Lesung aus „Zahltag“ hier im fränkischen Weißenburg zu besuchen und mir meine Bücher handsignieren zu lassen.