Der Mensch ist ja tendenziell nun mal ein Gewohnheitstier, hat seine vertrauten und geliebten Routinen, trampelt auf seinen ausgelatschten Pfaden durch´s Leben und fürchtet oft Neues. Denn das Neue, Ungewisse macht ja oft auch ein bisschen Angst – einfach, weil man eben nicht weiss, was es damit auf sich hat, was auf einen zu kommt.
Das geht sicherlich grundsätzlich (fast) jedem so – nur sind einige Zeitgenossen allerdings eher an Neuem interessiert und auch danach auf der Suche (böse Zungen betiteln sowas als „Neugierde“, tststs….), und andere halt eher weniger. Dabei kommt es natürlich auch immer darauf an, ob es sich bei dem „Neuen“ nun lediglich um eine neue Brot- oder Gemüsesorte geht, oder um tiefgreifendere und grundsätzlichere Eingriffe in´s Leben.
Und wer sich jetzt schon überlegt, lieber zu einem anderen Artikel weiterzuklicken, dem soll gesagt sein, dass es sich beim vorliegenden Artikel keineswegs über eine philosophische Abhandlung handelt, sondern schlicht um ein neues griechisches Produkt, das wir durch Zufall gefunden haben und diesen Fund mit Euch teilen wollen. O.a. Überlegung rührt einfach nur daher, dass ich mich frage, was mich gestern eigentlich in den „anderen“ (den SYNKA-) Supermarkt unseres Dorfes getrieben hat. Denn auch ich bin ein Gewohnheitstier und besagte Gewohnheit treibt mich meist zum Supermarkt Petrakis und nur in Ausnahmefällen zu SYNKA.
Es war wohl der Umstand, dass ich viel Zeit hatte und mir einfach mal wieder das Angebot besagten „anderen“ Supermarktes anschauen wollte – ganz ohne Einkaufszettel (denn den hatte ich schon in unserem gewohnten Etablissement abgearbeitet). Nun schlendere ich so durch die Regalreihen, schau dem Schlachter in die Auslage, taxiere die Käsetheke, lasse mich durch die Haushaltswarenabteilung treiben (Anm. d. Scheffredaktion: „Das dauert mal wieder“.), vergleiche gedanklich Preise (schenkt sich auch mit Bonuscard oft nicht viel oder sogar gar nichts!) und lande in der letzten Regalreihe an der linken Längswand – bei den Getränken. In memoriam Markus, der im letzten Winter dort immer höchst begeistert „Alfa Weissbier“ gekauft hat, stelle ich fest, dass dies auch im Wintersortiment 2017 wieder seinen festen Platz hat und lasse meine Blicke noch weiter über kleine Dosen, große Dosen, kleine Flaschen und große Flaschen schweifen – meist verschiedene Biersorten.
Milokleftis – der Apfeldieb: ein griechischer Ebbelwoi!
Und dann fiel mein Blick auf eine beigefarbene 330 ml-Dose mit der Aufschrift „ΜΗΛΟΚΛΕΦΤΗΣ – ΜΗΛΙΤΗΣ“. Über der Aufschrift ein Fuchs, untendrunter ein knallroter Apfel. Ich traute meinen Augen kaum: es handelte sich tatsächlich um Ebbelwoi (also Apfelwein, aber da schlägt meine halbhessische Hälfte doch wieder durch!). Griechischen Ebbelwoi! Nun ist Apfelwein bzw. Cidre (Cider) hier durchaus keine Seltenheit, vor allem im Sommer gibt es das hier öfter mal in Dosen, die allerdings vom britischen Weltmarktführer Strongbow kommen. Aber dies hier ist griechischer Apfelwein! Musste ich haben! Die Dose kostete zwar knapp 1,- €, aber das war mir die Sache natürlich wert – das musste probiert werden!
Kleiner Hintergrund zu diesem Getränk: Apfelwein ist herkömmlich ein reines Naturprodukt. Wie „naturtrüb“ der Apfelwein im Endeffekt ist, hängt davon ab, wie viel Klärstoffe sich durch die Zugabe saurer Früchte bilden. Bei der frühesten Herstellung des Apfelweins wurden die Äpfel zunächst von Hand in einem großen Trog zerstoßen. In späteren Zeiten zerkleinerte ein von Pferden oder Menschen angetriebener Mahlstein die Früchte. Beim Zerkleinern dürfen die Äpfel nicht nur geschnitten werden, sondern es muss auch Druck auf die Apfelstücke ausgeübt werden, damit sie in der Kelter den Saft abgeben.
Heute läuft das natürlich ziemlich industriell ab – die physikalischen Vorgänge der Gärung sind aber nach wie vor die selben: der natürliche Zuckeranteil sowie die zugegebene Hefe lösen den Gärprozess aus. Bei diesem Vorgang entstehen Alkohol und Kohlendioxid, das die Luft im Tank verdrängt. Dies dauert acht bis zehn Tage und wird „stürmische Gärung“ genannt. Da das in großen Mengen austretende Kohlendioxid ab gewissen Volumenkonzentrationen in der Atemluft zu Bewusstseinsstörungen und zum Tode führen kann, darf in den Herstellungsräumen nur bei laufender Lüftung gearbeitet werden (don´t try this at home…!).
Ruht der Apfelwein nur kurze Zeit auf der Hefe, wird der Wein nicht besonders kräftig; bei längerer Lagerzeit wird er aromatischer. Je nach gewünschter Stärke nimmt der Kelterer den Wein früher oder später von der Hefe und füllt ihn in ein anderes Fass um. Dadurch schmeckt der Wein eines jeden Fasses anders.
Da der Apfelwein während seiner Herstellung weder erhitzt noch mit Gärzusätzen oder -stoppern versetzt oder nachträglich gesüßt wird, sind Apfelweinfreunde der Ansicht, dass Apfelwein gesünder sei als Apfelsaft, da letzterer pasteurisiert (d.h. 15 bis 30 Sekunden auf 72-75°C erhitzt) werden muss. Und außerdem hat Apfelwein normalerweise einen Alkoholgehalt von zwischen 4-9 Vol% – noch ein Punkt gegenüber dem Apfelsaft… 😉
Warum erst jetzt?
Es ist hinlänglich bekannt, dass bereits die „alten Griechen“ Apfelwein herstellten – es wird allerdings angenommen, dass es ein ggü. dem „richtigen“ Wein eher minderwertiges Gelegenheitsgetränk für arme Leute war, das vorwiegend in Heimherstellung produziert wurde. Nun ist seit damals ja eine ganze Zeit vergangen – da stellt sich doch die Frage: warum gibt es griechischen Apfelwein erst jetzt? Und warum konsumierte man hier bislang meist in Slowenien produzierten und von dort importierten Apfelwein?
Die Erklärung ist so einfach wie logisch: die Politik ist schuld!
Im Gegensatz zu Bier, wo Gerste und Weizen verwendet werden, ist Apfelwein eine Spirituose, ein Fermentationsprodukt aus Äpfeln als Grundbestandteil. Bisher verbot das griechische Gesetz nach einem königlichen Erlass von 1922 die Verwendung von Früchten bei der Herstellung von bierähnlichen Produkten – damit war´s nix mit lokaler Apfelweinherstellung. Dieses Gesetz wurde allerdings im Sommer 2017 gekippt, worauf die Athenian Brewery (ΑΘΗΝΑΪΚΗ ΖΥΘΟΠΟΙΙΑ Α.Ε.), auf deren Mist bzw. Trester die griechische Apfelweinidee gediehen ist, sicher auch nicht unwesentlich eingewirkt haben dürfte.
Und seit dem geht der äpfelklauende Fuchs um und versucht, mit diesem erfrischenden, süß-säuerlich-herben Getränk (Alkoholgehalt 4,5 Vol-%) den griechischen Getränkemarkt aufzumischen. Genossen wird Ebbelwoi entweder gut gekühlt (1/3 Eis, 2/3 Ebbelwoi) oder auch erhitzt – quasi als „Glüh-Ebbelwoi“ (Rezept folgt).
Und wenn´s diesen Apfelwein nicht nur in Dosen oder Flaschen, sondern auch im (in memoriam „Zum Blauen Bock“) grau-blauen „Bembel“ (gr. „Μπέμμπελ“ – ein Scherz!) gäbe, wären wir sicher treue „Ebbelwoi“-Kunden!
Radio Kreta wünscht viel Erfolg!
Handkees musste selbst mitbringe, die Mussik gibt do bei uns! 😉
Schöner Artikel!
Aber gerade dann: warum als Hesse nicht selber machen? Gärballons im Bastkorb gibt es doch für kleines Geld? Auch im 20l Format…
Grüße aus Hessen und vielleicht dann doch mal in Georgioupolis am Strand.
un wo krie mä den Handkees?