Nikos erzählt…. Geschichten von Kreta und anderswo.

Nikos erzählt….. „Für wen ich schreibe“.

Letzte Woche rief ein alter Bekannter an und meinte, er hätte eine Kolumne bei Radio Kreta gelesen und hat nach dem Verfasser geschaut. Da hat er meinen Namen gelesen und sich an mich erinnert, an unsere gemeinsame Zeit im Büro einer Maschinenbaufirma in den achtziger Jahren.

„Sag mal“, sagte er, „Du schreibst, wie ich lese, immer noch fleißig. Warum nur?“

Wir sprachen über die alten Zeiten, Mann waren wir damals jung. Wir erinnerten uns an die Kollegen und manchen Streich, den wir damals, obwohl wir um die Dreißig waren, ausgeheckt haben. An den Junggesellenabschied von Harry in der Schwulen- und später in der Lesbenbar, als wir Erwin nach dem Volksfestbesucht suchten und dieser in ein Polizeiauto urinierte und an manch anderes, was ich nicht wiederholen könnte, ohne mich vor Frau und Kindern zu schämen und in Erklärungsnot zu kommen. Wir waren so herrlich jung, niemals böse und gemein, stets jedoch mit dem Schalk im Nacken. Als ich den Hörer auflegte, fiel mir der Satz meines Bekannten ein, warum ich immer noch schreibe….

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Vorbild Kazantzakis

Ich schreibe, weil ich noch ein Kindskopf bin, und schreibe für all die, die über sich selber schmunzeln können. Ich schreibe für Gelehrte und Analphabeten, für Reinemachefrauen und Schichtarbeiter, für Direktoren und Primaballerinen.

Ich schreibe für die, die keinen Ausweg sehen und für die, die jede Lösung innerhalb von Sekunden haben. Für Apple schreibe ich wie auch für die städtische Müllabfuhr. Für die, die über den Dächern von Nizza sind wie auch für den Zoowärter, der kurz vor seiner Pension steht.

Ich schreibe für Zugführer und Restaurantkritiker, für Vegetarier und Trostsuchende. Für all die, die Welt als Kugel sehen wie auch für die Zeugen Jehovas. Für die, die ihren Tod als Erlösung sehen und für die, die ihre Weltanschauung aus Kochbüchern haben. Für Glockenturmwächter schreibe ich und für alle, die sich unbemerkt in Damentoiletten einsperren lassen. Für die, die nach drei Ouzos wie ein Gummiball schwanken und für meinen Onkel Stathi, der, Gott hab ihn selig, einen Liter kretischen Raki mit wenigen Oliven als Beilage trinken konnte.

Ich schreibe für die, die das, was ich schreibe nicht begreifen und für die, die meinen, es wären Scherben eines kranken Hirns. Für die Wahnsinnigen schreibe ich genauso wie für die Bild am Sonntag-Leser.

Ich schreibe für die, die ihre Spuren im Sand suchen und für die, die Django nur vom Kino kennen. Für die Schiffsreisenden schreibe ich und für die Kinder, die ihr Kindsein ausleben können. Und ich schreibe für die, die ich liebe, aber auch für die, die sich für was Besseres halten.

Ich schreibe für Menschen und auch für Politiker, für Banker, für die Griechenland ein Spielball ist und für Dax-Index-Anbeter, die heimlich aus dem Nutellaglas naschen.

Ich schreibe für die, für die Kreta nicht nur eine Insel ist und für alle, die sich freuen, die Woche darauf wieder eine von Nikos erzählte Geschichte zu lesen und solange Kostas stolz ist, sein einziges Leben als Grieche zu leben.

Euer Niko


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