Nikos erzählt…. von Kreta, Griechenland, Australien und anderswo
Was haben Maximilian Schell, Vittorio Gassmann, Jean Louis Trintignant, Kirk Douglas, Cary Grant, Yves Montand, Peter O´Toole und Takis Emmanuel gemeinsam? Manche werden spontan „Schauspieler“ sagen… Treffer!!!
Aber das wollte ich hier nicht zum Ausdruck bringen, sondern lediglich die Tatsache, dass die deutsche Synchronstimme der Herren von Erik Schumann stammt, vielen als Schauspieler in unzähligen Karl May Filmen ein Begriff.
Und das, was ich eigentlich erwähnen wollte ist, dass Takis Emmanuel in dem wunderbaren australischen Film „Kostas der Grieche“ die Hauptrolle spielte.
Und jetzt bekommt das Ganze auch einen Sinn, wenn ich Euch berichte, dass Grigoris, ein alter Schulfreund, der vor Jahren nach Australien ausgewandert ist, eine kleine Nebenrolle in diesem Film hatte. Dieser Grigoris hat mich nun letzte Woche besucht.
Überraschend kam der Anruf
“Hallo Bohnenstange, ich bin es.“ Ich war sehr erfreut, nach so vielen Jahren meinen alten Spitznamen wieder zu hören, der mein damaliges Aussehen beschrieb. Die Stimme war unverkennbar trotz der fast dreißig Jahre, die wir uns nicht gesehen hatten. Grigoris war mit einer Gruppe griechischer Akademiker in Deutschland zu Gast und so ergab es sich, dass wir uns nach so vielen Jahren wieder trafen.
Ich erkannte ihn sofort in der Hotellobby, in der wir uns verabredet hatten. Er hatte etwas mehr Schwierigkeiten, mich wieder zu erkennen, was sicherlich der Tatsache zu schulden war, dass meine Gewichtsangaben auf dem Kopf stehen (damals 66 Kilo, heute 99 Kilo).
75 Prozent der etwa 700.000 Griechen in Australien leben in Sydney und Melbourne. Mittlerweile ist Melbourne die drittgrößte von Griechen bewohnte Stadt der Welt und die größte außerhalb Griechenlands. Er berichtete mir von seinem Leben und nach dem x-ten Whisky, er trank wie früher 21 Jahre alten Aberfeldy, kamen wir auf die aktuelle Situation in Griechenland zu sprechen.
„Ich kann es nicht verstehen,“ meinte Grigoris, „übrigens, wie ich denken die meisten in Australien, wie man ein Land kaputt zu sparen versucht. Steuerflucht und Korruption werden durch dieses einseitige Sparen nicht bekämpft. Die griechische Regierung hat gerade vor zwei Tagen einen Aufschub bekommen, die fälligen Kredite zurück zu zahlen. Nur so können die restlichen 7,2 Milliarden Hilfen, die versprochen waren, ausbezahlt werden.
Eine Pleite Griechenlands wäre ein Offenbarungseid für die Demokratie, und nicht nur in Griechenland. Die Gläubiger, wie sie auch heißen, verlangen in erster Linie die Kürzung der Renten. Die Streichung der ‚Sozialen Solidaritätszulage für Rentner und ein sofortiges Einfrieren der Renten bis 2021. Die Anhebung der Krankenkassenbeiträge bei Rentnern“. Grigoris nahm einen tiefen Schluck und ich konnte sehen, wie er um Fassung bemüht war.
„Weißt Du,“ setzte er nach einiger Zeit fort, „wir waren letzte Woche in Athen und Thessaloniki. Wir haben Krankenhäuser besucht, die diesen Namen zurecht verdienen. Es ist beschämend zu sehen, wie Krebskranke ohne Hilfe dahin vegetieren. Diabetiker erblinden, weil es keine Medikamente gibt. Ein Arzt berichtete uns, dass man ohne Spenden noch viel, viel schlechter dastehen würde und die meisten Spenden, übrigens nur von Privatpersonen, kommen aus Deutschland.
Die deutsche Bevölkerung ist weitaus schlauer als mancher in ihrer Regierung. Der Arzt berichtete weiter, dass das Leid nur gelindert werden kann. Verbandsmaterial und Desinfektionsmittel fehlen überall. Eine Zahl hat der Arzt genannt, die mich wirklich erschreckt hat. Er meinte, dass über 4000 Ärzte das Land verlassen haben. 2500 davon sind nach Deutschland gekommen.
Viel, viel später, als mir Grigoris erzählte, dass sein Mini-Auftritt in dem Film „Kostas der Grieche“ in manchen Ländern, auch in Deutschland, herausgeschnitten wurde, meinte er: „So wie man meinen Auftritt eliminiert hat, so versucht man heute, Griechenland aus Europa zu verbannen.“
Grigoris reichte mir ein neues Glas Whisky. „Stin igia mas file. Sag mal, gibt es Kosta noch?“ „Klar“, erwiderte ich. Grigoris erhob noch einmal sein Glas: Um mit ihm zu sprechen: „Lieber Gott, wir haben doch nur ein Leben. Danke, dass ich es als Grieche leben darf, auch in Australien.“
Euer Niko
Und da ist sie, die zweite Lebenslüge: Diese bösen, bösen Politiker haben Griechenland das alles eingebrockt, in Zusammenarbeit mit einigen wenigen Oligarchen/Bankern/etc., die auf ihren Jachten in dem Schampus baden.
Griechenland hat nicht nur die Demokratie erfunden, sie ist seit gut 40 Jahren auch wieder eine. Und wenn die mit breitester Mehrheit gewählten Politiker über Jahrzehnte das taten, was sie vor den Wahlen versprochen hatten, dann ist es unglaubwürdig zu behaupten, der Gang der Dinge hätte nicht dem Wählerwillen entsprochen. Noch vor wenigen Monaten konnte man hier auf Radio Kreta lesen, dass selbst nach mittlerweile Jahren der Finanzkrise und der damit einhergehenden Berichterstattung das Nichtausstellen von Quittungen (vulgo Schwarzarbeit) ein Initiationsritus für den Nicht-mehr-Fremden ist, von der Ausbeutung illegaler Migranten durch Hoteliers, euphemistisch „Hilfeleistung“ deklariert, ganz zu schweigen.
Griechenland ist seit seinem EU-Beitritt Empfänger umfangreicher Subventionen, um die Wirtschaft anzukurbeln, und jeder Kreta-Urlauber wird das aus eigener Anschauung der mit blauen Schildern zugepflasterten Landschaft bestätigen können. Diese Leistungen werden auch in Zukunft in gleicher Weise zu Verfügung stehen.
Nicht nur deshalb ist es schlicht unanständig zu behaupten, die schlechte Versorgungslage einzelner Bevölkerungsteile sei das Ziel (!) der Gläubiger. Und wenn die gegenwärtige griechische Regierung die Parole ausgibt, dass sie mehr externes Geld benötigt, weckt das nicht nur in mir die Befürchtung, dass sie auf dem gleichen Pfad wie ihre Vorgänger wandeln will: Neue Alimentationsempfänger aufbauen, aber auf gar keinen Fall anderen Gruppen etwas von ihren Pfründen nehmen. Das ist keine tragfähige Lösung.
Und dazu gehört auch Ehrlichkeit. Das Gerede von € 3,-/h und ähnlichem öffnet vielleicht die Brieftaschen derjenigen, die auch sonst mehr auf den Ton als den Inhalt achten. Jemandem, der sich die Mühe macht, nur einmal nach dem tatsächlichen durchschnittlichen Einkommen in Griechenland zu googlen, wohlgemerkt ohne die oben genannten „Nebeneinkünfte“, stellt es die Frage: Wenn ich in diesem Punkt angelogen werde, wieviele Potemkinschen Dörfer gibt es dann unter der griechischen Sonne?
Um bei Ihrem Bild zu bleiben: Wenn die griechische Regierung sich nicht die Mühe machen will, vor der Aussaat den Boden zu bereiten, und stattdessen eine vielfache Menge ausbringen (und geschenkt haben) will in der Hoffnung, dass sich der Ertrag dann schon einstellen wird, dann ist nicht die Saat das Problem, sondern der Möchtegern-Bauer.
Hallo Herr Landscheidt,
danke für Ihren Kommentar. Vielleicht kurz zur Verdeutlichung: kein Mensch, der 1+1 zusammenzählen kann, verleugnet, dass Griechenland seit 2010 bankrott ist. Aber die damaligen Politiker, die Handlanger der Banken, blieben tatenlos. Die heutige Regierung sagt nichts anderes als helft uns. Wir wollen alles mit Zins und Zinseszins zurück bezahlen, aber helft uns mit einem Programm, das den Menschen hilft, die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Zum Thema üppige Rente…. Soll ich Ihnen Rentenauszahlscheine zukommen lassen? Und die, die arbeiten, freuen sich über einen Stundenlohn von knapp drei Euro. Sie haben absolut Recht, Griechenland kann nur verteilen, was es erwirtschaftet. Aus diesem Grund muss die Saat vor der Ernte erfolgen.
Niko Papadakis
Und wieder diese Legendenbildung, die Gläuber würden fordern, dieses zu kürzen oder jenes zu erhöhen. Griechenland kann völlig eigenständig entscheiden, ob es sich üppige Renten leisten will. Es kann auch entscheiden, die Krankenkassenbeiträge unter den tatsächlichen Kosten zu halten und dafür seinen Bürgern Versorgung auf Drittweltniveau zu bieten.
Worauf die Gläubiger allerdings (zurecht) wert legen, ist die mittelfristige Refinanzierung: Griechenland muss selber die Mittel erwirtschaften, die es verteilt. Oder andersherum: Griechenland kann nur verteilen, was es erwirtschaftet.