Schwarzwälder-Bote, 01.11.2012 19:00 Uhr
Bei ihrem Gegenbesuch im Nordschwarzwald lernte die Delegation aus Kreta direkt am Objekt, wie in Deutschland eine moderne Müllabfuhr funktioniert. Foto: Bernklau
Von Sebastian Bernklau Nordschwarzwald/Kreta. Wer in diesen Tagen von Griechenland-Hilfe spricht, der denkt eher nicht an das Thema Müllabfuhr. Doch im Fall der neuen Partnerschaft zwischen dem Nordschwarzwald und der Insel Kreta ist es genau dieser Bereich, der als erster ins Laufen kommt, aber auch richtig Zeit braucht.Die regionale Politik hat sich schnell begeistert von der neuen Partnerschaft zwischen dem Nordschwarzwald und Kreta gezeigt und Unterstützung angekündigt. Doch wo soll man mit der neuen Partnerschaft beginnen, auf welchem Sektor kann die Unterstützung am schnellsten greifen? Im Calwer Kreistag kam man schnell auf die Abfallwirtschaft. Manfred Krieck nahm diese Herausforderung an. Und so machte sich der Geschäftsführer für drei Tage Richtung Kreta auf, um sich dort erst einmal einen Eindruck vom Status Quo in Sachen Müllabfuhr und Abfallwirtschaft zu verschaffen.
Intensivster Kontakt mit Verantwortlichen
„Drei Tage lang war ich da von morgens bis abends unterwegs“, erzählt Krieck von seinen Erfahrungen auf Kreta. Er besichtigte Anlagen und Deponien, traf sich zu einem Gespräch mit Kretas Gouverneur Nikolas Raptakis*, besuchte die Hochschule der Insel. „Ich hatte in diesen Tagen intensivsten Kontakt mit den Verantwortlichen“, so Krieck. Zwei Handlungsfelder kristallisierten sich schon da heraus: die Struktur und Organisation der Abfallwirtschaft auf der einen Seite, die technischen Möglichkeiten und Lösungen auf der anderen Seite.
Und um den Verantwortlichen auf Kreta zu zeigen, welche technischen Möglichkeiten es in Deutschland gibt, lud Krieck zum Gegenbesuch. Und die fünfköpfige Delegation von der Mittelmeerinsel hatte ein ebenso dicht gedrängtes Programm wie Krieck auf Kreta. Da standen nicht nur Besichtigungen von Einrichtungen wie der Deponie in Altensteig-Walddorf oder dem Restmüllheizkraftwerk in Böblingen an. In Nagold durften die Kreter erleben, wie so eine Müllabfuhr in Deutschland funktioniert. Und dabei scheuten sie sich auch nicht, selbst einmal Hand an Mülltonne und -fahrzeug anzulegen.
Aus den vielen Gesprächen nimmt der Chef der Abfallwirtschaft einiges mit, um an dieser Partnerschaft weiterzuarbeiten. Er weiß, dass technisch einiges auf Kreta vorhanden ist, aber es fehlt zum Beispiel etwas, was hier ganz selbstverständlich ist: „Es gibt keine verlässlichen Organisationsstrukturen“, berichtet Krieck. Es ist nicht geklärt, wie man die Erhebung von Gebühren organisiert. Nicht jeder Kreter ist ans Abfallsystem angeschlossen, Mülltonnen sind kein Standard in den kretischen Haushalten. Dazu gibt es wenig Anreize, Müll zu vermeiden.
„Die Experten aus Kreta kennen die Probleme, es ist nur die Frage, wie man es umsetzt“, so Krieck. Ein System, das dem deutschen ähnelt, umzusetzen, geht nicht mal eben so. „Das wird länger dauern als ihr denkt, so um die zehn Jahre“, gab Krieck seinen griechischen Gästen mit auf den Weg. Man wolle den Kretern helfen, die Fehler zu vermeiden, die man selbst in den vergangenen 30 Jahren auf diesem Sektor gemacht habe, sagt Krieck. Konkrete Vorschläge habe man aber noch nicht gemacht. „Sie sollen von unseren Erfahrungen profitieren und das mit nach Kreta nehmen, was sie gebrauchen können.“
Und die Griechen zeigten sich bei ihrem Besuch im Nordschwarzwald wissbegierig, hochmotiviert und engagiert, berichtet Helge Jesse von der Abfallwirtschaft. Wichtig war den Leuten aus dem Kreis Calw dabei, die griechischen Gäste nicht zu bevormunden. Das wussten die Kreter offenbar zu schätzen. „Wir haben in diesen paar Tagen so etwas wie eine partnerschaftliche Nähe gespürt“, erzählt Krieck, der weiß, dass das erst der Anfang einer etwas anderen Partnerschaft war.
Quelle: Schwarzwälder-Bote
Anmerkung von uns: Der Gouverneur von Kreta heißt Stavros Arnaoutakis, sein Bürovorsteher ist Nikolas Raptakis. Neue Freundschaften, neue Namen. Das braucht etwas Geduld (gr. Ipomoni, υπομονή)
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